Bist auch Du PEGIDA? Menschen wie Du, aber ganz sicher nicht ich...

Die DDR war wesentlich Nazi-kritischer als Westdeutschland, viel härter was die "Entnazifizierung" betrifft. In Westdeutschland hingegen war z.B. fast das gesamte Justizwesen mit Nazis durchsetzt und das wurde auch akzeptiert, auch von den Westmächten. Man kann annehmen, dass die DDR über eine lange Zeit (Anfang bis Ende in etwa) wesentlich freier von Nazi-Ideologie war.

Der Grund warum es jetzt anders ist hat eher indirekt mit der Nazi-Zeit zu tun: Deutschland wurde geteilt und Westdeutschland wurde ökonomisch sehr geholfen (Marshallplan z.B.). Die Industrie musste zum größten Teil auch nicht wieder aufgebaut werden, denn sie hatte im Krieg erstaunlich wenig gelitten. Alles zusammen machte dann das Wirtschaftswunder möglich, ein bisschen wie Phoenix aus der Asche. Aber eben lange nicht nur aus eigener Kraft.

In der DDR lief das anders weshalb sie wirtschaftlich lange nicht so stark wurde. Aus der Perspektive vieler Bürger war der Westen dann ein bisschen wie das "gelobte Land", also im Sinne von Westdeutsche haben alles und sind frei. Dann kam das Ende der Sowjetunion und das Ende der DDR (auch v.a. wegen wirtschaftlichen Bankrott) und um die Wahl zu gewinnen hat Kohl gewaltige Versprechungen gemacht. Die Bürger der Ex-DDR mussten dann aber feststellen dass die nur teilweise eingehalten wurden bzw. das es lange nicht so einfach ist und der West-Mythos auch nicht ganz so toll ist wie viele wohl glaubten. Anders gesagt: Da spielt viel verständliche Enttäuschung eine Rolle.

Und wenn man sich jetzt anschaut wie gut oder schlecht das mit dem Wiederaufbau Ost geklappt hat: Nicht gut. Auch 30 Jahre nach dem Fall der Mauer sind die wirtschaftlichen Unterschiede sehr deutlich und es gibt auch nicht so wenige die sich die DDR zurückwünschen, denn einen Vorteil hatten sie: Obwohl sie weniger materielle Werte hatten, waren die gleicher verteilt und die Menschen wurden weniger danach bewertet. Im Westen ist das umgekehrt. Das wiederum stellt eine demütigende Hierarchie her und gesellschaftlich ist es doch immer noch so: Der Westen blickt oft sehr herablassend auf den Osten.

Resultat ist also: Im Osten Deutschlands ist der Anteil der Menschen die sich (oft zu Recht) enttäuscht, verraten, frustriert und wütend fühlen, höher. Zukunftsangst, Angst vor Altersarmut usw., ist ebenfalls höher. Und das zeigt sich dann im Wahlverhalten. Im Osten wird extremer gewählt, aber nicht nur Richtung rechts. Die Linke ist dort auch stärker als im Westen.

Und wenn man sich fragt, warum Fremdenhass dort ebenfalls höher ist: Wenn es Menschen schlecht(er) geht, sie sich sowieso schon tendenziell verraten und gedemütigt fühlen, sich wünschen das mehr Geld in die Hand genommen würde um ein mehr an Gleichheit herzustellen - in Gebieten in denen die Arbeitslosigkeit höher und die Einkommen niedriger sind - dann ertragen die deutlich schlechter, wenn jene von denen sie sich Hilfe wünschen würden auf einmal sehr hilfreich sind wenn Menschen aus anderen Ländern kommen. Das Thema sollte man nicht zu sehr objektivieren, denn es geht v.a. um die Frage: Wie wird *etwas* im Kontext der Bewertung eigener Umstände wahrgenommen? Anders gesagt: Die eigenen Lebensumstände haben sehr großen Einfluss auf die Interpretation neuer Umstände.

Unterm Strich kann man m.A.n. wirklich sagen: Das hat nichts mit den Menschen zu tun, nichts mit Bildung oder was auch immer. Im Osten gab es auch nicht einfach mehr Nazis oder Fremdenfeinde weil es da irgendwelche versteckten Nazi-Schulen gibt. Es hat v.a. mit den Verhältnissen zu tun.

Deshalb bin ich davon überzeugt, dass auch mit diesem Thema (also Pegida und AfD etc.) sehr destruktiv umgegangen wird, denn auch das wird benutzt um oberflächlich und herablassend auf den Osten zu zeigen während der Kontext voll unterschlagen wird. Das hilft nicht, sondern verstärkt das Problem. Die AfD könnte gar nicht dankbarer sein für die Wahlkampfhilfe die da oft geleistet wird.
Ich bekomme regelmäßig die Krise wenn ich Vorurteile über das Leben in der DDR lese. Wenn man nicht da war kann man es nicht wissen, aber dann sollte man sich auch nicht so besserwisserisch hinstellen. Du hast es ganz gut getroffen. Wir wurden marxistisch-leninistisch erzogen, zumindest hat man das versucht. Die Nazis waren der Todfeind und unsere Lieder, Kinderbücher, Filme waren voll von Kriegsgrauen, KZ Berichten und Judenverfolgung. Schon als kleines Kind haben wir Lieder gesungen vom kleinen Trompeter usw. Für mich war klar: so etwas darf nie wieder geschehen.
Im Prinzip konnte man in der DDR gut leben solange man angepasst und genügsam war. Aber es gab zwei große Fehler : man durfte nur ins sozialistische Ausland reisen (Ungarn, Bulgarien, Polen, Tschechien und Russland waren unsere Urlaubsländer) und man wurde mundtot gemacht. Man hatte zu denken was man denken durfte und zu sagen was man sagen durfte. Genau diese Art Unterdrückung ist es welche genau das Gegenteil hervor brachte.
Was glaubt ihr eigentlich wer kurz nach der Wende her kam? Hochstapler, Leute die das große Geld witterten und auch Nazis die Frischfleisch schnupperten.
Es war für mich und auch andere keine gute Zeit. Mittlerweile ist die Wende solange her und bei der Jugend ist es auch egal ob Jemand aus Leipzig oder Hamburg kommt. Das ist meine Hoffnung. Soviel anders sind wir nämlich gar nicht mehr.
Und bei PEGIDA wird bayrisch , hessisch und sonstwas gesprochen.
 
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Nun, ich denke mir, dass in der DDR wenig "Fremde" überhaupt waren, reisen ging ja nicht.

Es gab Gastarbeiter, wie ich gelesen habe, die eine Aussenseiterrolle hatte, auch nicht bleiben durften (schlimm für die Liebesbeziehungen, die es teilweise auch gab und die Kinder, die daraus entstanden).

Gastarbeiter in Westdeutschland hatten in aller Regel ja auch eine Außenseiter-Rolle und das ist oft bis in die Gegenwart spürbar. In der Ex-DDR war das aber wohl seltener. Ich weiß darüber ehrlich gesagt nicht viel.

Grundlegend wäre es m.A.n. nicht schlecht ganz grundlegend über die Frage nachzudenken, wie natürlich oder unnatürlich "Fremden-Angst" ist, was sie verstärkt und was sie abschwächt usw. Denn ich bin davon überzeugt: Das ist eine natürliche Angst. Es ist sogar eine rationale Angst. Das heißt aber nicht, dass sie Bestand haben muss. Denn Fremd kann ja zu bekannt werden.

Es gibt dabei zwei wesentliche Aspekte:

1) Qualität: Wie fremd, im Sinne von „anders“, etwas ist (kultureller Hintergrund)

2) Quantität: Anzahl

Vor allem 2015 war deshalb so überfordernd für viele, weil sehr viele Menschen aus Kulturkreisen kamen die den meisten von uns fremd sind.


Dazu kommen dann objektive Probleme, etwa:

1) Je fremder/anders der kulturelle Hintergrund, desto schwerer Integration

2) Je mehr desto schwerer


Die Kombination aus 1 und 2 erhöht die Schwierigkeit extrem. Russland-Deutsche sind ja auch in hoher Anzahl nach Deutschland eingewandert. Aber kulturell sind sie uns ähnlicher und die meisten haben sich sehr schnell integriert, sehr oft auch ihr eigenes kleines Wirtschaftswunder geschafft. Menschen aus dem islamischen Raum haben es wesentlich schwerer und je höher der Anteil Fremder in z.B. einer Stadt oder Schule usw., desto schlechter funktioniert dann Integration. Daraus folgen dann sehr viele Probleme und das ist ja auch sichtbar.

Ein gesellschaftliches Problem ist dann was ich zu erklären versuchte: Dieser ideologisch-verklemmte Umgang damit ist destruktiv. Würde einfach offener darüber gesprochen, ohne das Menschen gleich die Sorge vor der Nazi-Keule haben müssten, würden psychologische Barrieren viel besser abgebaut. Wenn aber ein Klima erzeugt wird das ganz objektive Probleme nicht offen angesprochen werden können ohne eine solche Befürchtung zu haben, stärkt das den rechten Rand.
 
Gastarbeiter in Westdeutschland hatten in aller Regel ja auch eine Außenseiter-Rolle und das ist oft bis in die Gegenwart spürbar. In der Ex-DDR war das aber wohl seltener. Ich weiß darüber ehrlich gesagt nicht viel................
https://www.welt.de/kultur/history/...te-fremdenfeindliche-Angriffe-in-der-DDR.html

https://www.welt.de/geschichte/arti...ab-es-Neonazis-Sie-lynchten-Gastarbeiter.html

Es macht mir nicht, ich will das nicht werten - nur zu sagen, es hätte Fremdenfeindlichkeit oder Nazidenke in der DDR nicht gegeben, halte ich einfach für unwahr.
 
https://www.welt.de/kultur/history/...te-fremdenfeindliche-Angriffe-in-der-DDR.html

https://www.welt.de/geschichte/arti...ab-es-Neonazis-Sie-lynchten-Gastarbeiter.html

Es macht mir nicht, ich will das nicht werten - nur zu sagen, es hätte Fremdenfeindlichkeit oder Nazidenke in der DDR nicht gegeben, halte ich einfach für unwahr.

Ich habe das nirgends behauptet das es Nazidenke und Fremdenfeindlichkeit nicht auch in der DDR gab. Über Nazis sagte ich, dass sie nach dem 2. Weltkrieg zuerst mal wesentlich konsequenter verfolgt wurden, während das in Westdeutschland eben nicht besonders konsequent gemacht wurde. Und betreffend Ausländer weiß ich wenig über die DDR, aber meine Vermutung war/ist das es v.a. wesentlich weniger dort gab.
 
Und was wolltest Du mit einem Satz wie "West Deutschland hat bis weit in die 70er gebracht um die Nazis aus Kopf und Herz zu vertreiben. Mann kann einfach nicht erwarten das "Ost"Deutschland einen vergleichbaren schweren Wandeln mit einem Fingerschnippen erledigt." sagen?

Wahrscheinlich sowas wie....West Deutschland hat bis weit in die 70er gebracht um die Nazis aus Kopf und Herz zu vertreiben. Mann kann einfach nicht erwarten das "Ost"Deutschland einen vergleichbaren schweren Wandeln mit einem Fingerschnippen erledigt.

Es geht im Kern nicht um Nazis, sondern um den soziologischen und kulturellen Wandel eines ganzen Volkes, der einfach als Selbstverständlichkeit und zum Teil unnötig angesehen wurde.
Hätten wir uns zum Beispiel mit NordKorea vereinigt, würde sich niemand über die Unterschiede wundern und auch vieles nicht immer als individuelles Versagen der "NeuDeutschen" ansehen.
Einfach weil wir wissen, dass es lange Zeit braucht, bis Kulturelle und Traditionelle Eigenheiten sich "rauswachsen" Im Westen hat auch lange gedauert, bis über die Nazi Altlasten geredet wurde, 68er Revolution, etc pp. Von je weiter weg ein Eingebürgerter kommt, umso nachsichtiger und hilfsbereiter sind wir.

Bei der DDR wurde halt einfach so getan, als ob es nur den Einriss einer Mauer bedurft und alle sind Deutsche "wie wir". Und das ist halt einfach falsch. Es war ein eigenständiges Volk und es gab, bedingt durch fast ein halbes Jahrhundert Diktatur, unterschiedlich Kultur, Tradition und Politikverständnis. Es ging einzig alleine darum das ein Wandel einfach Zeit braucht.

Das ganze Nazi-Gerede interessiert mich nicht. Wer oder warum es Ost-Deutsche gibt, die dazu tendieren rechts zu sein, führt zu nix und löst das Problem nicht
 
aber meine Vermutung war/ist das es v.a. wesentlich weniger dort gab.

ja weil sie garnicht erst hin durften.........oder wenn als Student , aber dann wieder gehen mussten.

ansonsten sind auch dort wenig nazibrüder verfolgt worden,
zumndest waren im Sed-führung einige dieser menschen vertreten.


einerseits nazi sein wegschieben, andererseits eigene Einwohner abschiessen, bespitzeln , verkaufen und einsperren wenn sie nicht genehm waren,
 
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