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Der Raubtierkapitalismus des Neoliberalismus - Teil 3
Eve of destruction - Man kann ja sowieso nichts machen
Eine typische und wohl fast unvermeidliche Reaktion auf die Erkenntnis des Zustands der Welt ist einerseits Hilflosigkeit: Man kann ja eh nichts machen! und andererseits der Wunsch nach Verdrängung: es ist alles so schlimm, das wird mir zu viel, ich will das alles gar nicht so genau wissen. Die persönliche Ebene ist vielleicht die wichtigste der Ebenen, auf der ein Wandel beginnt. Diese Ebene sei hier nur angedeutet: Am Aktienmarkt in New York erzeugt die schlechte Nachricht sinkender Arbeitslosenzahlen dramatische Einbrüche bei den Aktienkursen. Massenentlassungen bei Großkonzernen lassen dagegen die Aktienkurse des entsprechenden Unternehmens in die Höhe schnellen.
Dies sollte allen zu denken geben, die sich vom Trend der Zeit, in Aktienspekulation eine interessante und gewinnbringende Möglichkeit der Geldanlage zu sehen sie tragen, ob sie es wollen oder nicht, zu den oben dargestellten Entwicklungen bei. Eine einfache und doch recht folgenreiche Konsequenz, die der Einzelne aus den beschriebenen Entwicklungen ziehen könnte ist, die Entscheidung für eine Geldanlage, nicht ausschließlich nach Renditegesichtspunkten zu treffen.
Es gibt in den letzten Jahren unzählige Beispiele dafür, wie kritischer Konsum selbst große Konzerne zur Änderung ihrer Geschäftspolitik bewegen kann und die Macht der Verbraucher wird neben der politischen Macht von Initiativen und Basisbewegungen und dem Druck, den sie ausüben können entscheidend dazu beitragen, ob es in den nächsten Jahren gelingen wird, europaweit oder gar weltweit soziale Regeln für das globalisierte Kapital durchzusetzen.
Alternativen denken
Seit den 90er Jahren wird europaweit von der Krise des Sozialstaates gesprochen. Der Wohlfahrtsstaat sei ineffizient, bürokratisch, in dieser Form nicht mehr finanzierbar, ersticke die Eigeninitiative der Bürger und lade zur Anspruchsinflation ein, so der Tenor der Kritik an traditioneller sozialstaatlicher Fürsorge und Sozialarbeit. Diese Kritik wird politisch vom konservativen bis ins sozialdemokratische und grün-alternative Lager hinein formuliert, sie greift über Einzelstaaten hinaus und zielt auf das gesamte europäische Sozialsystem. Unter globalisierungskritischer Perspektive erweist sich diese Kritik zumindest zum Teil m.E. als nützliche Ideologie.
Es findet derzeit ein Formwandel des Staates und staatlicher Politik unter der politischen Ägide des Neoliberalismus statt. Die wichtigste Kategorie des neoliberalen Projekts ist der Wettbewerb. Dem neoliberalen Modell entspricht ein Wettbewerbsstaat, in dem alle staatliche Politik, insbesondere Wirtschafts- und Sozialpolitik, sich an der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Staates für Industrie- und Finanzkapital orientieren. Nach innen besteht der Wettbewerb um Standortvorteile z.B. zwischen Regionen, Bundesländern und Kommunen. Damit korrespondiert das Modell des strafenden Staates:
Das wachsende Elend wird kriminalisiert
Unsichere, unterbezahlte Arbeitsverhältnisse werden zur Regel
Der Strafvollzug wird privatisiert und die Kosten dafür den Betroffenen in Rechnung gestellt
Der sozialstaatliche-keynesianische Gesellschaftsvertrag wird aufgekündigt
Zwangsarbeit und die Akzeptanz von Elendslöhnen wird zur Bürgerpflicht
Der Staat entwickelt sich zum Disziplinar- und Überwachungsinstrument
Die "neoliberale Invasion" droht, jedes andere Denken zu ersticken oder als altmodische Ideologie lächerlich zu machen. Es bedarf deshalb drittens dringend anderer Stimmen und anderer Denkmodelle, um diesen Block des neoliberalen Denkens aufzuweichen und Alternativen aufzuzeigen. Dabei geht es nicht um eine Kritik an ökonomischem Denken an sich, sondern um die Einbeziehung bereits existierender anderer ökonomischer Ansätze: Außer dem herrschenden neoliberalen Modell, das den skizzierten Entwicklungen die wissenschaftliche Weihe gab, existieren andere, alternative Modelle. Besonders fruchtbar scheinen mir z.B. das Modell der "Wirtschaft für den Menschen" des britischen Nobelpreisträgers für Wirtschaftswissenschaften, Armatya Sen, das an Keynes anknüpfende ökonomische Denken von Joan Robinson oder die Ideen der De-Globalization von Walden Bello zu sein.
Gleichzeitig müssten mikroökonomische Modelle für den Sozialsektor (weiter)entwickelt werden, welche die Ergebnisse des Wirtschaftens nicht an der Profitmaximierung oder an rein numerischen Größen messen, sondern an ihrem Beitrag zu Bedürfnisbefriedigung und menschlicher Entwicklung. Über soziale Gerechtigkeit sollte stärker nachgedacht werden. Dabei könnte es sinnvoll sein, an gesellschaftskritische bzw. emanzipatorische Theorietraditionen der 70er und 80er Jahre anzuknüpfen. Traditionelle Konzepte sind zu erweitern bzw. zu ergänzen und die Diskussion über die soziale Gerechtigkeit sollte mit einbezogen werden.
Die Ausbildung, besonders an den Universitäten und Hochschulen, sollte nicht nur die Aufgabe haben, betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Konzepte zu vermitteln, sondern Studierende auch zu kritischer Reflexion ermuntern und befähigen. In der Ausbildung sollten deshalb Fragen der politischen Ökonomie (wieder) stärker thematisiert und der Schwerpunkt der Auseinandersetzungen nicht einseitig betriebswirtschaftlich gelegt werden.
Die Schatten der Globalisierung
Eve of destruction - Man kann ja sowieso nichts machen
Eine typische und wohl fast unvermeidliche Reaktion auf die Erkenntnis des Zustands der Welt ist einerseits Hilflosigkeit: Man kann ja eh nichts machen! und andererseits der Wunsch nach Verdrängung: es ist alles so schlimm, das wird mir zu viel, ich will das alles gar nicht so genau wissen. Die persönliche Ebene ist vielleicht die wichtigste der Ebenen, auf der ein Wandel beginnt. Diese Ebene sei hier nur angedeutet: Am Aktienmarkt in New York erzeugt die schlechte Nachricht sinkender Arbeitslosenzahlen dramatische Einbrüche bei den Aktienkursen. Massenentlassungen bei Großkonzernen lassen dagegen die Aktienkurse des entsprechenden Unternehmens in die Höhe schnellen.
Dies sollte allen zu denken geben, die sich vom Trend der Zeit, in Aktienspekulation eine interessante und gewinnbringende Möglichkeit der Geldanlage zu sehen sie tragen, ob sie es wollen oder nicht, zu den oben dargestellten Entwicklungen bei. Eine einfache und doch recht folgenreiche Konsequenz, die der Einzelne aus den beschriebenen Entwicklungen ziehen könnte ist, die Entscheidung für eine Geldanlage, nicht ausschließlich nach Renditegesichtspunkten zu treffen.
Es gibt in den letzten Jahren unzählige Beispiele dafür, wie kritischer Konsum selbst große Konzerne zur Änderung ihrer Geschäftspolitik bewegen kann und die Macht der Verbraucher wird neben der politischen Macht von Initiativen und Basisbewegungen und dem Druck, den sie ausüben können entscheidend dazu beitragen, ob es in den nächsten Jahren gelingen wird, europaweit oder gar weltweit soziale Regeln für das globalisierte Kapital durchzusetzen.
Alternativen denken
Seit den 90er Jahren wird europaweit von der Krise des Sozialstaates gesprochen. Der Wohlfahrtsstaat sei ineffizient, bürokratisch, in dieser Form nicht mehr finanzierbar, ersticke die Eigeninitiative der Bürger und lade zur Anspruchsinflation ein, so der Tenor der Kritik an traditioneller sozialstaatlicher Fürsorge und Sozialarbeit. Diese Kritik wird politisch vom konservativen bis ins sozialdemokratische und grün-alternative Lager hinein formuliert, sie greift über Einzelstaaten hinaus und zielt auf das gesamte europäische Sozialsystem. Unter globalisierungskritischer Perspektive erweist sich diese Kritik zumindest zum Teil m.E. als nützliche Ideologie.
Es findet derzeit ein Formwandel des Staates und staatlicher Politik unter der politischen Ägide des Neoliberalismus statt. Die wichtigste Kategorie des neoliberalen Projekts ist der Wettbewerb. Dem neoliberalen Modell entspricht ein Wettbewerbsstaat, in dem alle staatliche Politik, insbesondere Wirtschafts- und Sozialpolitik, sich an der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Staates für Industrie- und Finanzkapital orientieren. Nach innen besteht der Wettbewerb um Standortvorteile z.B. zwischen Regionen, Bundesländern und Kommunen. Damit korrespondiert das Modell des strafenden Staates:
Das wachsende Elend wird kriminalisiert
Unsichere, unterbezahlte Arbeitsverhältnisse werden zur Regel
Der Strafvollzug wird privatisiert und die Kosten dafür den Betroffenen in Rechnung gestellt
Der sozialstaatliche-keynesianische Gesellschaftsvertrag wird aufgekündigt
Zwangsarbeit und die Akzeptanz von Elendslöhnen wird zur Bürgerpflicht
Der Staat entwickelt sich zum Disziplinar- und Überwachungsinstrument
Die "neoliberale Invasion" droht, jedes andere Denken zu ersticken oder als altmodische Ideologie lächerlich zu machen. Es bedarf deshalb drittens dringend anderer Stimmen und anderer Denkmodelle, um diesen Block des neoliberalen Denkens aufzuweichen und Alternativen aufzuzeigen. Dabei geht es nicht um eine Kritik an ökonomischem Denken an sich, sondern um die Einbeziehung bereits existierender anderer ökonomischer Ansätze: Außer dem herrschenden neoliberalen Modell, das den skizzierten Entwicklungen die wissenschaftliche Weihe gab, existieren andere, alternative Modelle. Besonders fruchtbar scheinen mir z.B. das Modell der "Wirtschaft für den Menschen" des britischen Nobelpreisträgers für Wirtschaftswissenschaften, Armatya Sen, das an Keynes anknüpfende ökonomische Denken von Joan Robinson oder die Ideen der De-Globalization von Walden Bello zu sein.
Gleichzeitig müssten mikroökonomische Modelle für den Sozialsektor (weiter)entwickelt werden, welche die Ergebnisse des Wirtschaftens nicht an der Profitmaximierung oder an rein numerischen Größen messen, sondern an ihrem Beitrag zu Bedürfnisbefriedigung und menschlicher Entwicklung. Über soziale Gerechtigkeit sollte stärker nachgedacht werden. Dabei könnte es sinnvoll sein, an gesellschaftskritische bzw. emanzipatorische Theorietraditionen der 70er und 80er Jahre anzuknüpfen. Traditionelle Konzepte sind zu erweitern bzw. zu ergänzen und die Diskussion über die soziale Gerechtigkeit sollte mit einbezogen werden.
Die Ausbildung, besonders an den Universitäten und Hochschulen, sollte nicht nur die Aufgabe haben, betriebswirtschaftliche Kenntnisse und Konzepte zu vermitteln, sondern Studierende auch zu kritischer Reflexion ermuntern und befähigen. In der Ausbildung sollten deshalb Fragen der politischen Ökonomie (wieder) stärker thematisiert und der Schwerpunkt der Auseinandersetzungen nicht einseitig betriebswirtschaftlich gelegt werden.
Die Schatten der Globalisierung