Auslassungen des Commission Report
Bei aller berechtigten Kritik gab es innerhalb der 80-köpfigen Mannschaft der 9/11 Commission dennoch hervorragende Ermittler, wie zum Beispiel Michael Jacobson oder Dana Leseman, die wegen ihrer Hartnäckigkeit gefeuert wurde (Behinderte Ermittlungen). Und auch im zehnköpfigen Leitungsgremium der Commission gab es engagierte Aufklärer, wie den renommierten Anwalt Richard Ben-Veniste.
Der Vorsitz selbst, den nach Henry Kissingers Rückzug Thomas Kean und Lee Hamilton übernahmen, war hingegen vor allem an einem politischen Konsens interessiert. Und der Executive Director Philip Zelikow hat teilweise die Ermittlungen seiner Mitarbeiter behindert, dabei heimlich zum Weißen Haus Kontakt gehalten und wesentliche Zusammenhänge vertuscht. Schlüsselthemen wie 'COG' (der Notfallplan für 'Continuity of Government'), 'Able Danger', 'WTC 7' oder das am 11. September stattfindende Militärmanöver 'Vigilant Guardian' wurden von der Kommission erst gar nicht untersucht.
Das ist die zweite große Kritik vieler Rechercheure. Denn 'COG' beispielsweise ist der Schlüssel zur verdeckten Ausnutzung der Anschläge durch die Regierung. 'Able Danger' wiederum ist der Schlüssel zur Unterwanderung von Al-Qaida durch die CIA vor 9/11. 'WTC 7' ist der Schlüssel zum Verständnis des Zusammenbruchs der Türme. 'Vigilant Guardian' schließlich ist der Schlüssel zum Versagen der Luftabwehr, und zum Verständnis der Funktionsweise der Anschläge insgesamt. Alle vier Punkte sind bis heute im Wesentlichen unaufgeklärt. Entscheidende Details bleiben geheim.
Der Versuch, die Integrität der eigenen Arbeit durch Distanzierung vom Commission Report zu bewahren, greift aber auch grundsätzlich zu kurz. Denn praktisch jeder Experte der sich im Mainstream zu 9/11 äußert - auch der renommierte Autor Lawrence Wright oder Jean-Charles Brisard, die im ZDF-Film von Florian Huber interviewt wurden - bezieht sich direkt oder indirekt auf die amtliche Darstellung des Commission Report zur Planung der Anschläge. Dieser tatsächliche Kern der 9/11-Story, das sei noch einmal betont, basiert aber auf den berichteten Aussagen von Abu Subaida, Ramzi Binalshibh und Khalid Sheikh Mohammed, Männern die in Geheimgefängnissen gefoltert wurden und zu denen reguläre Ermittler nie Zugang hatten.
Schweigen und Zensur
Jeder, der sich aber vernünftigerweise auch davon distanziert, kann somit erkennen, dass die offizielle Story einem Kartenhaus gleicht, das längst zusammengebrochen ist. 9/11 ist im Kern ein unaufgeklärtes Verbrechen. Was weiterhin niemand laut sagen will. Das Schweigen dazu ist tatsächlich allgegenwärtig - und ohrenbetäubend.
Die Konferenz in Bremen war ein neuer Versuch, hier auf akademischer Ebene voranzugehen. Doch die Debatte dazu steht offenbar auch nach 12 Jahren immer noch ganz am Anfang. Dabei wird man ohne eine Aufklärung gerade auch der juristischen Umstände von 9/11 kaum rational über die heutige Rolle der Geheimdienste diskutieren können.
Sinnbild für all die Widersprüche und Vertuschungen bleibt der Prozess gegen die 9/11-Verdächtigen in Guantánamo, zu dem der "Spiegel" kürzlich fragte: "Wie transparent und demokratisch ist ein Verfahren, das nur ausgewählte Zuschauer verfolgen dürfen, umgeben von Soldaten?" Bereits Anfang des Jahres hatte die "Washington Post" berichtet, dass eine "unsichtbare Hand" nach Belieben Ton und Bild der Übertragung aus dem hermetisch abgeschotteten Gerichtssaal abschaltet - worauf nicht einmal der Vorsitzende Richter Einfluss hatte, geschweige denn, dass er davon wusste.
Man fragt sich unwillkürlich, vor welchen Enthüllungen die Zensoren wohl solche Angst haben.