Das problem der überbevölkerung besteht aus meiner sicht zweifelsohne. und zwar im sinne von zu hohem bestand an menschlicher population, als daß es das ökosystem erde oder die diversen regionalen ökosysteme "aushalten" könnten.
es gibt also keine "überflüssigen" menschen.
Es gibt derzeit aber definitiv zu viele Menschen für die gegenwärtige Produktions- und Lebensweise der Menschheit, und das unter mehreren Aspekten.
die unmittelbaren selbstregulierungsmechanismen der natur sind dabei vom menschen durch technologischen fortschritt zunehmend ausser kraft gesetzt worden.
(intensive landwirtschaft, medizintechnik, pharmazeutika etc.)
Wir versuchen v.a. in der ersten welt, die immer größere ökologische schieflage zumindest regional begrenzt mit hohgem technischen aufwand zu korrigieren oder zu stabilisieren (nationalparks, nationale und regionale umweltstandards und -verordnungen)
indes sollte spätestens seit der entdeckung des globalen treibhauseffektes und der damit verbundenen erderwärmung, der globalen klimatischen bedeutung von golfstrom, amazonas-regenwald, sibirischen waldgebieten etc. klar sein, dass es größere kräfte gibt und sich das ganze problem nur global lösen läßt.
diese klar sichtbaren umweltzerstörungen laufen trotz aller gegenmaßnahmen insgesamt global betrachtet weiterhin beschleunigt ab - dabei müßten wir sie demnächst umkehren, denn allein ein stopp der zerstörung reicht bald nicht mehr aus.
es gibt aber neben umweltzertörung, knapp werdenden natürlichen Ressourcen, klimawandel und "Platzerwägungen" ein weiteres problem, das unmittelbar mit "überbevölkerung" verknüpft ist, und das sich mit den u.a. von lazpel vorgetragenen technokratischen und technologischen Lösungen halt
nicht so ohne weiteres in den Griff bekommen läßt:
Das Problem der zunehmenden Massenverelendung und der global massiv steigenden Erwerbslosigkeit.
konkret:
bezahlte oder "bezahlbare" Erwerbsarbeit wird in der ersten Welt bereits zunehmend zum Luxusgut - obwohl wir dort insgesamt nahezu ein Stagnieren der bevölkerungszahlen erleben und sogar einen beginnenden Schrumpfungsprozess bei der erwerbsfähigen bevölkerung.
aufstrebende regionale Mächte mit Milliardenbevöljerungen wie Indien oder China werden dieses Problem entgegen ihren aktuellen euphorischen Wunschvorstellungen mit ihrer "nachholenden wirtschaftlichen Modernisierung" nicht umgehen oder lösen können.
Sie werden erleben, dass sie zwar in sachen formaler "Wirtschaftskraft" (Inlandsprodukt, Durchschnittseinkommen, exporte) wohl nach vorne kommen.
Sie werden aber hunderte Millionen menschen nie in diesen postmodernen erwerbsprozess integrieren können, die bei dieser Modernisierung zugleich aus dem vormodernen, agrarisch geprägten Erwerbsstrukturen herausgebrochen und herausgerissen werden.
In Mitteleuropa, Japan und den USA, die alle mal sowas wie Vollbeschäftigung hatten, fallen diese Millionen hingegen zunehmend aus dem postmodernen erwerbsprozeß heraus, in dem sie mal integriert waren. (das ist ein bedeutsamer unterschied!)
Die "Zauberworte" bei alldem heißen "Produktivitätssteigerung" und das "tendenzielle Sinken der Profitrate" (wie es bereits der olle Marx diagnostiziert und absolut treffend prognostiziert hatte).
Jede zu erwirtschaftende Rendite erzeugt einen Wettbewerb, jedes unternehmen, das erfolgreich geschäftsfelder entdeckt, zieht sich seine Konkurrenz damit sofort selbst heran.
Im ergebnis dessen drückt der wettbewerb die Profitraten über alle Wettbewerber betrachtet nach und nach immer weiter gegen Null.
das läßt sich historisch für so ziemlich jede Branche des produzierenden und des dienstleistenden gewerbes beobachten und belegen.
(Eine Ausnahme dabei bildet zum einen die Finanzbranche - aus ganz speziellen gründen, die hier nicht erörtert werden müssen.
Eine weitere Ausnahme bilden nur staatliche oder natürliche Monopole, die ihrerseits aber andere gesellschaftliche und gesamtwirtschaftliche "kosten" und Negativeffekte verursachen, was hier aber ebenso zu weit weg vom thema führen würde.
Diese Ausnahmen wiederlegen nicht die generell zu beobachtende tendenz, noch wirken sie ihr tatsächlich entgegen!)
Immer weniger menschen stellen also immer mehr Güter her; immer weniger Menschen mit Erwerbseinkommen stehen damit als zahlungsfähige Käufer ihrer eigenen Produkte zur Verfügung. Wie der Kanzler (Schröder) es sinngemäß so nett forderte: Ihr habt zwar kein geld, aber gebt es doch bitte mit beiden Händen aus...
Die Effekte von letzterem ließen sich u.a. durch den europäischen nationalen Wohlfahrtsstaat Bismarckscher Prägung zwar für eine Weile (Jahrzehnte) umgehen und kompensieren.
Fakt bleibt aber, dass das gnadenlose Prinzip, wonach nur das langfristig überlebt im kapitalistischen Wirtschaftskreislauf, was entsprechende kapitalverzinsung (Rendite) erwirtschaftet, nicht außer Kraft zu setzen ist, solange das System als solches besteht.
Selbst wenn wir also für alle Menschen technologisch und logistisch eine grundlegende Nahrungsversorgung sicherstellen könnten, ist damit die Frage nicht gelöst, was diese Milliarden von menschen den ganzen tag an Sinnvollem anstellen sollen, denn zur Produktion und Verteilung von Gütern und Dienstleistungen werden ja immer weniger benötigt...
Hinzu kommt die Frage, wer das alles "bezahlt" - ein paar hundert Millionen in Afrika lassen sich noch auf diese Weise am leben erhalten - für umgerechnet fast cent-beträge pro Tag. Die immer weiter verarmenden Millionen von menschen in den Industriegesellschaften, die nicht mehr "benötigt" werden im Prozess der blinden kapitalverwertung, die lassen sich aber nicht mehr so billig "ruhigstellen" und "versorgen". Es vergeht schließlich ja kein tag ohne das lautstarke Jammern von Unternehmerverbänden über Sozialleistungen und Lohnnebenkosten und ohne neue staatlicher Einnahme-Ausgabe-Schieflagen...
Als Lösung wird immer wieder ein öffentlicher Nicht-Gewinn-Sektor vorgeschlagen.
Schließlich
gibt es ja mehr als genug an Arbeit - nur an
bezahlter/bezahlbarer Arbeit gibt es immer weniger!
Indes ist ein solcher Sektor m.E. illusorisch innerhalb des kapitalistischen Wirtschaftssystems.
Er müßte über den Staat bzw. das Gemeinwesen finanziert werden - der Staat seinerseits generiert aber kein eigenes Einkommen. Er verteilt im wesentlichen lediglich um über verschiedene mehr oder minder sichtbare Mechanismen(Steuern, Abgaben, Subventionen, Sozialtransfers, Defizit-Finanzierung (Staatschulden), Inflationierung, Notenbankpolitik, ggfs. Kriegswirtschaft)
Dies sind jedoch nur temporäre Lösungen, da sie eben nur "umverteilung" sind (zwischen gesellschaftlichen gruppen, oder von künftigen einnahmen auf heutige ausgaben etc.) und keine eigene Generierung von renditen oder Profiten.
Die Metropolen der ersten Welt sind daher inzwischen in einem stadium angelangt, wo dieses system an seine objektiv vom System vorgegebenen grenzen gestoßen ist und der finanzwirtschaftlicher Kollaps keine Frage des ob, sondern nur noch des wann und wie ist. dieser kollaps ist finanzwirtschaftlich absolut unvermeidbar.
Wenn alles so weiterläuft wie bisher - und wir mal unterstellen, dass nicht der "Lösungsweg" über Großkonflikte mit Massenvernichtungswaffen gewählt wird - dann ist die logische Konsequenz dessen die zeitverzögert erfolgende "Selbstregulierung" des Ökosystems Erde z.B. über millionenfachen Hungertod (verfaulende nahrungsmittel hier - verelendete, zahlungsunfähige verhungernde dort), globale Seuchen (gegen die es zwar medikamente gäbe, die sich aber nur noch die privilegierten, z.B. die erwerbstätigen, leisten können), klimatische veränderungen (z.B. golfstrom-verlagerung und daraus resultierend europäische vereisung z.B., gegen die wohl selbst millionäre machtlos wäre - vielleicht sollten wir in weiser voraussicht doch schon mal ein warmes stücken land in afrika kaufen, solange es preiswert zu haben ist?
)
die von lazpel dagegen aufgezählten technologischen möglichkeiten sind da weitgehend irrelevant, solange ihr einsatz und ihre entwicklung letztlich von denen bestimmt und gesteuert werden, die damit geld verdienen wollen und soweit sie für miiliarden von menschen unerschwinglich und unzugänglich sind.
afrika heute ist das beste beispiel dafür: es wäre technisch so vieles machbar - aber eben nicht im rahmen des aktuellen weltwirtschaftlichen (und damit auch politischen) Systems....
liebe Grüße, Stephan
P.S. sorry für den langen beitrag.