Das Schneckenhaus
O Schnecke! Wie beneid' ich dich!
Gefällt dir's nicht an einem Ort,
Trägst du dein Haus zum andern fort,
O hätte solch ein Haus auch ich!
Hab' auch ein Haus gebaut, allein
Fest sitzt das, wo ich's hingetan,
Und ich bin ein gefangner Mann,
Trag an den Füßen Kalk und Stein.
Das Haus wär' mir schon lieb und gut,
Dürft' ich nur niemals aus ihm gehn,
Doch was ich außer ihm muss sehn,
Das bricht mir wahrlich oft den Mut.
Dann möcht' ich's setzen auf die Hand,
Möcht' sprechen: Komm mit mir, mein Haus,
Fort in die weite Welt hinaus:
Denn hier ist nicht mein Heimatland.
Möcht' setzen dich dahin, wo nur
Ein Urwald wogend dich umrauscht,
Kein Mensch dein Innres mehr belauscht,
Tief in den Busen der Natur."
Wenn sich kein Steinlein rühret dann
Und ich umsonst besprach das Haus,
Tönt's in mir: Bald ja tausch' ich's aus
Mit einem, das man tragen kann.
Justinus Kerner (1786-1862)
Hallo Possibilities , hallo an Alle hier,
ich habe hier natürlich auf Seite 1 angefangen zu lesen und
möchte spontan zu deinen Versen einen eigenen von mir ergänzen...
Ein Tropfen Tau
Früh morgens war‘s, etwa um sechs
und ich stand in unserem Garten.
Leichter Nebel lag auf der Wiese und es schien so,
als hielte er die Pflanzen noch zurück.
Legte sich über sie. Es war noch nicht soweit.
Die Sonne war noch nicht heraufgezogen.
Dann sah ich ihn - den kleinen Tropfen Tau.
Verträumt döste er auf dem Grashalm.
Ich ging in die Hocke, um ihn zu betrachten.
Ein leichtes Zittern, nahm ich bei ihm wahr.
Als würde er erwachen. Hat er mich bemerkt?
Oh, ich wollte Dich nicht wecken! Dann kam Leben
in den Tropfen.
Schillernd schüttelte er sich und streifte den Schlaf ab,
denn die ersten Sonnenstrahlen hatten ihn geweckt.
Das erste Licht spielte mit seinem kleinen Körper.
Er putzte sich scheinbar und machte sich bereit für seine Reise.
Regenbogenfarben zuckten durch ihn hindurch
und er bewegte sich auf dem kleinen Grashalm.
Der Nebel hob sich und verblasste. Schnell zog die Sonne herauf.
Es wurde merklich wärmer.
Wir sahen uns an, freundlich lächelnd.
Und dann ging er auf die Reise. Scheinbar nickte er mir kurz zu.
Dann rollte er freudig den Halm hinab und ergoss sich ins Erdreich.
Der Grashalm, nahm dankbar seinen Lohn für das nächtliche Lager.
-Bis bald, mein kleiner Freund....-