schwere Behinderung - systemisch betrachtet

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lieber pluto!
zuerst dachte ich mir -kann ich dir schreiben, wo ich doch ein gesundes kind habe???
dann sind mir deine vielen WARUM fragen aufgefallen und ich dachte, ich schreibe dir doch!
versuche doch einmal die WARUM fragen durch WOZU fragen zu ersetzen! wozu ist das alles gut? wozu hat es dich getrieben? usw. usw.
außerdem wie wird in deiner familie mit menschen umgegangen die ANDERS sind? bei einer behinderung wirkt eine ablehnung natürlich stärker als bei einem "schwarzen schaf" aber schau mal in die richtung genauer!
bei aufstellungen wirst du ja sicher einmal probiert haben wie es ist, wenn du sie abschiebst und wie wenn sie bei dir ist - oder? gab es einen unterschied????
was wäre ein ergebnis das dich ruhiger und glücklicher mit der situation machen würde???
ich hoffe ich konnte dir neue anregungen geben? ;-)
lg claudia
 
bei aufstellungen wirst du ja sicher einmal probiert haben wie es ist, wenn du sie abschiebst und wie wenn sie bei dir ist
hallo claudia!

die sprache ist selbst schon so etwas wie eine aufstellung - worte repräsentieren unbewusste haltungen. wie kommt es, dass du "abschieben" als alternative wählst? steckt da nicht eine gehörige portion an moralischer wertung drin? ich denke, es ist eine sehr persönliche und vielschichtige entscheidung, mit einem menschen mit behinderung zu leben oder ihn in der obhut eines umfelds anzuvertrauen, das dafür geeignet ist. "abschieben" würdigt in meinen augen weder diese entscheidung noch die arbeit von institutionen, die für menschen mit behinderung geschaffen wurden. aber bitte nicht als kritik an deinem beitrag verstehen, sondern einfach als hinweis auf fallen der sprache (in die ich ja selber auch immer wieder reintappe).

liebe pluto!

du hast von scham als einem familienthema bei euch geschrieben, und da bekam ich sofort den impuls: eine viel größere verletzung des schamgefühls als eine behinderung kann es kaum geben. da wird völlig ungeniert in die öffentliche sichtbarkeit getragen... vielleicht hängt dieser impuls aber auch mit einer persönlichen erfahrung zusammen: als mein vater an krebs erkrankte, war es ein ganz wichtiges anliegen meiner mutter, dass ja niemand davon erfahren sollte, denn das wäre ja eine schande. und als bei ihr etwas später selbst ein karzinom zu wuchern begann, ging es fast nur noch darum, was sie denn getan hätte, um "sowas" zu verdienen. sie schämte sich zu tode, wörtlich.

scham sehe ich als funktion, dinge zu verbergen, die beunruhigen könnten. früher mal vorwiegend im sexuellen bereich, und da moralisch begründet: durch achtung des schamgefühls wollte man "den anderen nicht beunruhigen", aber primär wohl auch die eigene triebigkeit dämpfen. hinter den heruntergelassenen vorhängen sah's eh oft genug anders aus; ich erlebte vor kurzem erst eine aufstellung, in der die biografie einer magd eine rolle spielte, die in einer äußerlich sehr honorigen umgebung zum gegenstand fortgesetzten kollektiven missbrauchs geworden war, ganz schamlos von seiten der missbrauchenden und mit erheblichen systemischen wirkungen. solche scham ist übrigens - exkurs ins astrologische - auch ein zutiefst plutonisches thema, der versuch, dem machtvollen trieb durch verdrängung und moralisierende kanalisierung etwas entgegenzusetzen.

die frage ist dann für mich (als von ähnlichem nicht direkt betroffener mit der gleichen scheu, die auch claudia formuliert hat), wie ich mit einem solchen "familienthema" umgehe, wenn es in meinem leben so unausweichlich verkörpert wurde. wieder beschämt reagieren? mein eindruck ist, dass ihr einen weg geht, der an einen lichteren horizont führt. die lösung von scham ist ja nicht schamlosigkeit (das wäre nur kompensation), sondern sich dem auszusetzen und zu stellen, was die scham auslöst. wobei lösung nicht naiv gedacht werden kann als "mit dem richtigen dreh wird alles wieder gut". steve de shazer arbeitete mal mit einem mann, der seinen rechten arm verloren hatte, und hatte größte hemmungen, diesem mann die "wunderfrage" zu stellen, ein wesentliches element der "Solution Focussed Short Time Therapy". schließlich nötigte das forscherteam hinter dem einwegspiegel ihn dazu, es doch zu tun. und es war keine rede davon, dass der einarmige sich etwa seinen zweiten arm zurückgewünscht hätte, wie es de shazer befürchtet hatte. lösungen beginnen dort, wo "genommen wird, was ist". scham ist das gegenteil davon.

alles liebe,
jake
 
Liebe Pluto,

Hut ab vor dir!
Ich denke, die ganzen gute Ratschläge dienen einem Zweck: Vergiß dich selbst nicht dabei!

Weißt du, was dein Kind aufnehmen kann? Hören, sehen, spüren?

Alles Liebe und viel Kraft
Indigomädchen
 
Hallo Claudia,

bei aufstellungen wirst du ja sicher einmal probiert haben wie es ist, wenn du sie abschiebst und wie wenn sie bei dir ist - oder? gab es einen unterschied????

Das weiß ich aus Erfahrung. Dazu brauche ich keine Aufstellung mehr. Und für meinen Mann kann ich keine Aufstellung machen. Mir kommt es so vor, dass er sich der Meinung seiner Mutter anschließt, dass sie im Heim am besten aufgehoben sei. Durch Ereignisse in seinem Leben hat er sich einen Gefühlspanzer aufgebaut. Es kommt nichts mehr bei ihm an, außer es geht extrem heftig zu. Es kommt aber auch nichts heraus - so weiß ich nicht, wie es ihm gerade geht. Und wie ich damit umgehen soll, schon gar nicht.


@ Jake,

die lösung von scham ist ja nicht schamlosigkeit (das wäre nur kompensation), sondern sich dem auszusetzen und zu stellen, was die scham auslöst. wobei lösung nicht naiv gedacht werden kann als "mit dem richtigen dreh wird alles wieder gut".

An diesem Punkt bin ich mittlerweile angelangt: mich dem zu stellen, was die Scham auslöst. Wie weiter oben erwähnt, blicke ich dabei zu sehr auf meinen Mann, in der Hoffnung, er möge mich unterstützen, verstehen (weil es ihm genauso ergeht) oder begleiten. Dieser Weg ist ein Holzweg, und hier weiß ich nicht mehr weiter. Mein Blick ist nur noch auf ihn gerichtet (als ob es nichts anderes gäbe :schnl: ).

Mir ist aufgefallen, dass ich das "sich stellen müssen" eine Chance ist. (die ich nie gehabt hätte, wäre sie irgendwo betreut oder untergebracht). Aber so richtig weiter komme ich damit auch nicht.

"Den richtigen Dreh" - den gibt es leider nicht, jedenfalls nicht im äußeren. Der müsste sich in meinem Fühlen und Denken abspielen.

Liebe Grüße pluto
 
hallo pluto!
vielleicht ist es hilfreich wenn du seinen gefühlspanzer als das siehst, was es für ihn bedeutet - einen schutz!!! schützt du dich nicht auch in irgendeiner art und weise? (und wer tut das nicht?) nur weil er sich anders schützt als du, heißt es doch nicht das er nichts an sich heranläßt????
was antwortet er denn auf die frage, wie du damit umgehen sollst?
lg claudia

lieber jake!
das wort "abschieben" hat pluto in der anfrage selber geschrieben. ich habe es nur aufgegriffen - ich bin mir durchaus bewußt was wörter anrichten können!!!! und fühle mich nicht angegriffen ;-)
lg claudia
 
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Hallo Pluto,

mir fällt dazu noch eine Therapieform ein, die ein wenig den "Therapie-Teufelskreis" durchbrechen kann: Metamorphose - pränatale Therapie. Die ist so einfach, dass du sie selbst anwenden kannst. Es gibt, soweit ich weiß, nur 3 Bücher darüber. Ich selbst habe diese Ausbildung gemacht. Wenn es dich interessiert, melde dich bitte per PN.

Alles Liebe
Indigomädchen
 
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