Die Neun Tore der (Lebens)Lust
inspiriert
v. Ingeborg Bachmann aus:
Erklär mir Liebe
Ich seh den Salamander
durch jedes Feuer gehen.
Kein Schauer jagt ihn, und es schmerzt ihn nichts....
Ich seh den Salamander durch jedes Feuer gehn
Kein Schauer jagt Ihn und es schmerzt Ihn nichts
So folge ich Ihm zögernd
Und finde mich hier wieder
Am ersten Tore stehn
Das Tor ist wie ein Pferd
Das Pferd IST das Tor
Und ich steh nur wie ein Tor davor
und hör mich fragen:
Wer bist Du?
Ich bin die Kraft
die Schöpfung schafft.
Doch kannst Du nie in meine Augen sehn
Und auch niemals zu mir gehn
Doch wenn Du willst, kannst Du mich reiten,
ich leih Dir meine Kraft!
Ich bin der Himmel, den man nicht sieht.
Ich bin das Wasser, das man nicht trinkt.
Ich bin die Frucht, die man nicht ißt.
Ich bin das, was man niemals selber ist, das bin ich.
Da wandte ich mich an das zweite Tor
Und fragte:
Ist das der Vater?
Und sah,
die Mutter stand davor!
In der Gestalt des Rindes.
Ich säuge Dich zu jeder Stund!
Ich nähre Dich,
dort oben und auch hier am Grund.
Ich stütze Dich und Stütze findest Du in mir
Ich hüte Dich und diese Hut bin ich in Dir.
(Ich musste sie das gar nicht fragen.
Sie wollte es mir sogleich selber sagen.)
Nun wandte ich mich an das dritte Tor
Da erhielt ich einen Schlag,
der mich zu Boden warf
und fand mich selber liegen wie ein Narr..
(Nur Narren liegen vor einem Tor.)
Das Tor?
Was hatte es mir angetan?
Bist Du mir zornig, Torwächter? Sag an!
Niemals lass ich es, niemals will ich es!
Und will ich es lassen, so lass ich es willig.
Und will ich es fassen, so fass ich es hell.
Und will ich es streiten, so erstreit ich es schnell.
Und will ich es töten, so töt ich es reich.
Und will ich es heben, so hebe ich es, dem Gedanken gleich.
Wie der Falke, der niederstürzt,
das bin ich!
Wie der, der einen Kreis zieht oder lautlos am Himmel steht,
das bin ich!
Siehst Du mich auch nur ....vorüberziehen.
Du fasst nicht was ich bin.
Nicht im Falken, nicht im Blitz, nicht im Zorn.
In einem Gedanken oder Impuls bin ich Dir schon verloren,
denn wenn DU denn Donner hörst, bin ICH schon entflohn...
(niemals noch hab ich IN DIR verweilt)
So wende ich mich an das vierte Tor
Und wünsche Ihm sogleich Frieden
(einmal vor einem Tor zu liegen
sollte genügen)
Doch überrascht bin ich nun
von der Sanftmütigen die mich lächelnd
nur bis ins Innerste bewegt
und sehe die Schöngesichtige
wunderbar befreit nun an
Nichts hebt mich.
Nichts trägt mich.
Nichts fasst mich.
Alles hebe ich.
Alles trage ich.
Alles fasse ich.
NIEMAND kann sich MIR entziehen
Oder mir entfliehen.
Sag an mein kühner Gesell!
Was führt Dich an mein Tor?
Ich bin in Dir, sonst könntest Du mich gar nicht sehen.
Ich bin in Dir, sonst könnte ich Dich gar nicht hören.
Was kann ich für Dich tun?
Sanftmütige, ich weiß es nicht!
Ich sah den Salamander durch jedes Feuer gehn
Keine Furcht jagt Ihn und es schmerzt Ihn nichts!
Du suchst die freie Liebe?
Sie lacht so glockenhell und lässt mich stehn.
Ich wende mich an das fünfte Tor
Mut im Herzen und Ihr Lachen im Ohr
Doch erschrecke ich nun, denn dies Tor ist anders!
Es zieht mich zu sich!
Es bricht und bricht nicht!
Es stößt mich fort!
Es raubt mich aus!
Es behandelt mich grob!
Uferloses und Tiefes kommt aus Ihm heraus!
Wer bist..?
Ich kann nicht sprechen, mich nicht bewegen
Und hör es sagen:
GIB MIR!
Deinen Tribut!
Ich hab..
Aus, es ist schon in mir, es beutet mich aus!
Es schüttelt und es zieht!
Es rinnt und es gießt aus, was in mir ist
Und ich sehe, es fließt aus mir heraus...
Lass mich, ich hass Dich!
Was machst Du mit mir!
Da hör ich die Mutter sagen
Es spielt!
Lass es spielen mit Dir!
Ein rauher Gesell, ich weiß,
er bewegt Dich nur auf seine Weis,
ganz wie das Leben selbst es tut,
mein kleiner Held, fass Mut
und lass Ihn doch seine Spiele spielen!
Sieh, er hat bald genug!
Und wahrlich, das Tor spuckt mich aus!
Etwas benommen und unsicher noch,
wende ich mich an den 6. Ort,
denn ein Mensch ein Wort
(nur mein Gesicht ist noch fahl).
Und ich glaube fast,
besser wäre es gewesen,
es wäre niemals vollbracht.
Denn alles was ich bin und war,
scheint an diesem Tor zu vergehen...
Du kannst nicht davor stehen!
(Die Mutter, der Vater? Wer sprach dieses Wort?)
Was ich bin schwindet,
ist das die Art, wie man es überwindet?
Das was man ist, vergeht?
Ich bin das Tor? Bin ich das Tor?
Nichts kann ich sagen und nichts fragen..
(Steh ich noch davor?)
Doch plötzlich, es ist sonderbar,
tritt unglaubliche Klarheit daraus hervor..
So klar, dass man es nicht sprechen kann
Was es ist, was danach kam und was davor...
Geholfen hats und geholfen nicht!
Sobald ich mich beim Siebenten wiederfand,
(das 6. Tor verschwand),
verlor ich die Klarheit, wie die Welle den Strand.
Gib Ihr kein weltliches Ohr!
(das ist der Vater!)
Gib Ihr kein menschliches Gesicht!
Gib Ihr keine Sprache, (denn sie spricht nicht!),
aber wenn Du willst, dann schenk Ihr ein Gedicht!
GUTER RAT! Mein Vater ich danke Dir!
Was ist das hier?"
Ich steh vor einem TOR?
Was ist das für ein ORT?
Das hab ich noch nie gesehen!
Sprich zu mir Tor, wie konnte es geschehen?
Es spricht nicht, es singt, doch der Ton ist tief.
Es hebt nicht oder sinkt, doch der Ton ist klar!?
Wer bist Du, wer ist es, der Dich als Kraft gebar!?
Du kennst mich nicht?
Die Stimme, die Stimme, so BEKANNT(!),
als ob ich Dich grad IN MIR SELBER wiederfand!
Der TON so INNWENDIG, so VERTRAUD IN MIR DRINN!
Wer bist Du, bist Du ich,
ich versteh mich nicht, ich versteh Dich nicht!
Was ist hier der SINN?
Finde den Sinn und Du findest MICH!
Ich bin der, der im Ziel auf Dich wartet!
Ich bin der, den Du ausgesandt hast, um auf Dich zu warten!
Ich bin der, der neben Dir geht.
Ich bin der, der Deine Hand hält.
Ich bin der, der Deinen Weg bereitet.
Ich bin der, der Dich auffängt, wenn Du fällst.
Ich bin der, der Dich warnt, wenn Du in die Irre gehst.
Ich bin der, der immer über Dich wacht.
Ich bin der, der niemals ruht, doch Du,
DU hast mir all das erst beigebracht!
Und fort ist das Tor...
Und lacht..
Niemals bin ich FORT,
nur wieder von Dir selber zugemacht!
(Vergeß ich mich so? Ist DAS der SINN!)
und ich erwache
und es ist die Achte
Richtung in die ich mich selber dreh,
da ich nun vor dem 8. Tor hier steh..
Stets alt und neu, doch immer anders verwebt!
Das bin ich!
Und ich seh Ihren Glanz und will Ihn halten!
Und ich seh Ihre Schönheit und will sie verwalten!
Und ich riech Ihren Duft und will Ihn atmen!
Und ich fühl Ihren Leib und will Ihn verraten..
Warum?
Warum tue ich mir das an?
Und Dir?
Verrat es mir!
Ach komm zu mir!
Es macht mir nichts aus!
Ich will sehen, was geschieht,
wenn Du es bist, der sich in mich drängt!
(Noch nie zuvor, war ich so schnell an einem Tor.)
Das Spiel hat seinen Reiz,
doch hier zieh ich den Vorhang vor
(ihr versteht?)
Die neunte Zier verschweig ich hier,
(denn hier bin ich in Ihr, dringe tief in sie ein
doch dort, dort ist nur sie, sie in mir allein...)
(R.S. 08/03/07)