Reisegedichte 2006

Aufbruch II

„Aufbruch, Aufbruch“ ertönt der Ruf.
Der Schimmel stampft unruhig
vor dem Zelt seiner Herrin.
Das gute Tier ist Schlacht erprobt,
wie auch die Reiterin.

Kein Lob kein Tadel
leiten dieses Tier.
Es teilt nur Raum und Zeit mit Ihr
in diesen
wie schon an anderen Tagen.

Die Heere stehen.
Wer sieht die Richtung, in die sie ziehen?
Die Reihen stummer Männer gehen
was wird geschehen
wenn Stunden eines neuen Tages
der langen Nacht entfliehen?

Ein Schweigen wandert durch jeden Traum
und weckt nun jene auf,
die noch in Ketten liegen.

„Aufbruch, Aufbruch“ ertönt der Ruf.
Der Schimmel stampft unruhig
vor dem Zelt seiner Herrin.

Das Ziffernblatt ein Sternenschimmern.
Der Glockenschlag, ein Morgendämmern.
Der Uhrzeiger ein Sternenrad,
das niemals stillzustehen hat.

Der schwere Mantel verhüllt den Ton
der sich im Raum verliert und schon
gewinnt er seine neue Färbung.

Nur kurz steh'n diese Kräfte still,
an späten und an frühen Tagen.

„Aufbruch, Aufbruch“ ertönt der Ruf.
Der Schimmel stampft unruhig
vor dem Zelt seiner Herrin.

Sie wird Ihm den Sattel auflegen,
den schweren,
sacht, ganz sacht
und auch den Zaum
um mit Bedacht
nun seinen Schritt zu lenken,
dorthin,
wo man sie schon erwartet.

Und wie der Falkenflug,
der leise,
so künden erste Späher:
es schließen sich die Reihen
dicht um dicht.

Bei dem Geräusch von Erz
verstummt Ihr Herz
da sie es kennt
und weiß
was all dies nun bedeutet.


(R.S. 26/11/2006)​
 
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Aufbruch

Es ist, als würde man Koffer packen,
um endlich fort zu gehen,
es ist, als würden all die Sachen
nun in der Türe stehen.

Noch einmal ein „rund-um-Blick“,
ruft Erinnerungen wach.
Was einmal war und nicht mehr kommt
hat vieles mitgebracht.

Die Glut lässt sich nicht schüren,
sie brennt nur still sich aus.
Ein jeder lässt sich gürten,
wenn die Wärme flieht dem Haus.

Sich abzuwenden fällt nicht schwer,
der Aufbruch ist geplant.
Der letzte Ton wurde gehört,
die Räume werden kahl.

Wo Winde gehen, lässt man Sie ziehen,
erinnernd an das Herz,
wo Stürme brausen, ist es laut
dort wo sie fehlen, wird’s still.

R.S. 16.01.04/ 10.12.06
 
Ich weiß, es gilt

Nicht festzuhalten am Tag, da er vorüberzieht,
und die Nacht nicht zu fürchten, denn sie hat keinen Bestand.

Nicht festzuhalten am Freund, da er vorüberzieht,
und den Feind nicht zu fürchten, denn er hat keinen Bestand.

Nicht festzuhalten am Reichtum, da er vorüberzieht,
und den Mangel nicht zu fürchten, denn er hat keinen Bestand.

Nicht festzuhalten am Glück, da es vorüberzieht,
und das Leid nicht zu fürchten, denn es hat keinen Bestand.

Nicht festzuhalten am Leben, da es vorüberzieht,
und den Tod nicht zu fürchten, denn er hat keinen Bestand.

Die Liebe kennt kein Totenbett,
sie erhebt sich beständig neu.

Doch wäre ich

lieber ein Sterbender in einem Land von Gottes Gerechtigkeit
als ein Lebender in einer verdunkelten Welt

lieber ein Sklave in einem Land von Gottes Gerechtigkeit
als frei in einer verdunkelten Welt

lieber der Staub in einem Land von Gottes Gerechtigkeit
als das Gold in einer verdunkelten Welt

lieber ein Verurteilter in einem Land von Gottes Gerechtigkeit
als ein Freigesprochener in einer verdunkelten Welt

lieber der Schmerz in einer Welt von Gottes Gerechtigkeit
als das Glück in einer verdunkelten Welt

lieber der Mangel in einer Welt von Gottes Gerechtigkeit
als der Reichtum in einer verdunkelten Welt

lieber die Einsamkeit in einer Welt von Gottes Gerechtigkeit
als der Jubel in einer verdunkelten Welt

lieber heimatlos in einer Welt von Gottes Gerechtigkeit
als beheimatet in einer verdunkelten Welt

lieber das Letzte in einer Welt von Gottes Gerechtigkeit
als der Erste in einer verdunkelten Welt


29/12/06
 
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Das Ziel war nie gewählt und doch schon klar.
Oft schien es mir, als könnte ich das Ruder hier nicht halten,
doch wo die Sehnsucht Schritt um Schritt nun neues Land gebar,
lag es an mir die Kräfte wohl zu walten.

Nicht wie Ich will, was Wille ist, geschehe
So schweige ich, da ich Dich hören will
So spreche ich, da ich Dir dienen will,
heute, wie schon an anderen Tagen...

Ich will nicht kämpfen!
der Kämpfe focht ich hier zu viel
ich will nicht weinen!
die Tränen weinte ich stets still
ich will nicht klagen!
die Klage verblendet mir das Ziel
ich will nicht wollen!
da ich es wäre und nicht Du, der dies nun will

So viele Stunden, doch nicht länger jetzt!
Nicht länger!
Es soll nun sein, wie schon an jenem Tage
hier ist’s an mir, und so verstummt die Klage
Mit nur einer Frage
Was ist Dein Wille?
auf das sich in der Antwort offenbare,
was ich Dich fragen will.

Sprich dieses Wort, so wird mein Heil getragen,
ich weiß es wohl, erinnernd jener Tage,
wo Du mir bist, verstummt auch meine Klage,
so sei mir Wille, Wort und Ziel.

Was immer mir Dein Wort auch bringt,
ich werd’ es tragen.
Was immer es auch fordert,
ich werd’ es nicht beklagen.
Ich beug’ mich dem Wort,
da ich es stets in mir erkenne,
ob es vereint uns oder trenne,
was sich auch offenbare,
oder geschehe,
auf das es neu entstehe,
und Wirklichkeit erlangt.

Nicht länger.
Kein Klagen, kein Flehen,
kein Wollen, kein Streben.
Du kennst das Ziel,
ich kenn es nicht,
darum leite mich,
dies ist, was ich will,
nur darum bitt’ ich Dich:

Sprich dieses Wort, so wird mein Heil getragen,
wie es geschah,
an späten und an frühen Tagen,
wo Du mir bist, verstummen meine Klagen,
sei Du mir Wille, Wort und Ziel.

(R.S. 30/01/2007)
 
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