Nicht unterscheiden!?

honoka

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26. März 2005
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Hallo an alle! Ich lese momentan einige Bücher über Zen und in jedem Buch steht man solle nicht unterscheiden zwischen gut und schlecht. Ich versuche mich auch möglichst daran zu halten aber oft geht es einfach nicht. Ich war heute in einem Restaurant und dort saß ein kleines 2-3 jähriges Kind zwischen seinen Eltern, die sich beide eine Fluppe nach der anderen angezündet haben. Das Kind hat zwar geweint und gehustet aber seine Eltern haben nur versucht es zu trösten und haben einfach weitergeraucht. Nach 20 Minuten konnte ich mir die Situation einfach nicht mehr ansehen. Also bin ich rübergegangen und habe den Eltern ins Gesicht gesagt, was sie doch für schlechte Menschen seien, dass sie einem kleinen wehrlosen Kind so etwas antun. Sie haben mich doof angeschaut und nur gelacht. Dann habe ich gezahlt und bin traurig nach Hause gegangen. Ich habe mich dauernd gefragt wie Menschen nur zu so etwas fähig sind. Nun ist meine Frage einfach wie man dieses "nicht Unterscheiden" und solche meiner Meinung nach eindeutig bösen Taten unter einen Hut bringen kann. Ich kann doch nicht einfach über so etwas hinwegsehen und sagen:"Das ist gut so", wenn ich sehe wie etwas eindeutig schlechtes getan wird. Wenn man erleuchtet ist, soll man angeblich von allen Unterscheidungen befreit sein und alles als gut ansehen. Danach müsste mir doch praktisch alles am Hintern vorbeigehen und ich müsste einfach alles als gut und sinnvoll ansehen. Erklärt mir bitte wie man dieses miteinander vereinbaren kann. Ich verstehe es einfach nicht. Vielen Dank schon einmal an alle dir mir helfen! :danke:
 
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Also deine mitfühlende Haltung dem Kind gegenüber und dem Mut die Eltern auf ihren Fehler hinzuwiesen finde ich ganz stark von Dir.Doch es sind nunmal ihre Fehler,die sie machen.Wir sind hier auf der Welt um zu erfahren,Fehler sind damit umungänglich.Es sind doch nicht gleich schlechte Menschen,nur weil sie etwas finde ich unbewusstes,unwissendes getan haben.Sie sind halt am erfahren und am lernen.
Ich denke ein Erleuchteter befasst sich nicht mehr mit dem Zerfall oder mit den Krankheiten eines Körpers,weil ihm bewusst ist ,das wir alle göttlich,unsterblich und voller Liebe sind.
Ich kenn mich mit Zen noch nicht aus aber versuche doch mal statt nicht zu unterscheiden einfach mal nicht zu bewerten.Weder gut noch böse in deine Situation die du durchlebst hineinzuinterpretieren.Ich denke das wird einfacher sein als nicht zu unterscheiden.Und nebenbei,wenn du neutral auf eine Situation reagierst ,gibst du dem gegenüber die Chance seine eigene Situaton anzuschauen und zu prüfen,weil du ihm den Raum dafür gibst und ihn nicht in eine Polarität hineinzwängst.

Alles Liebe für Dich :)
 
Hallo honoka

honoka schrieb:
Hallo an alle! Ich lese momentan einige Bücher über Zen und in jedem Buch steht man solle nicht unterscheiden zwischen gut und schlecht. Ich versuche mich auch möglichst daran zu halten aber oft geht es einfach nicht. Ich war heute in einem Restaurant und dort saß ein kleines 2-3 jähriges Kind zwischen seinen Eltern, die sich beide eine Fluppe nach der anderen angezündet haben. Das Kind hat zwar geweint und gehustet aber seine Eltern haben nur versucht es zu trösten und haben einfach weitergeraucht. Nach 20 Minuten konnte ich mir die Situation einfach nicht mehr ansehen. Also bin ich rübergegangen und habe den Eltern ins Gesicht gesagt, was sie doch für schlechte Menschen seien, dass sie einem kleinen wehrlosen Kind so etwas antun. Sie haben mich doof angeschaut und nur gelacht. Dann habe ich gezahlt und bin traurig nach Hause gegangen. Ich habe mich dauernd gefragt wie Menschen nur zu so etwas fähig sind. Nun ist meine Frage einfach wie man dieses "nicht Unterscheiden" und solche meiner Meinung nach eindeutig bösen Taten unter einen Hut bringen kann. Ich kann doch nicht einfach über so etwas hinwegsehen und sagen:"Das ist gut so", wenn ich sehe wie etwas eindeutig schlechtes getan wird. Wenn man erleuchtet ist, soll man angeblich von allen Unterscheidungen befreit sein und alles als gut ansehen. Danach müsste mir doch praktisch alles am Hintern vorbeigehen und ich müsste einfach alles als gut und sinnvoll ansehen. Erklärt mir bitte wie man dieses miteinander vereinbaren kann. Ich verstehe es einfach nicht. Vielen Dank schon einmal an alle dir mir helfen! :danke:

Ich muss gestehen, ich habe mit dem Zen auch so meine Probleme und ich halte überhaupt nichts davon, alles als gottgegeben hinzunehmen. Ich finde die Reaktion, die Du gezeigt hast, viel natürlicher als wenn irgend jemand versucht, die Dinge als unveränderlich oder gottgewollt hinzunehmen. Steckt dahinter nicht eher der Versuch, sich der Verantwortung zu entziehen? Scheint ja heutzutage ohnehin ein Modetrend zu sein. Darum wundert es mich gar nicht, wenn solche Überlegungen viele Anhänger findet.

Aber ich glaube nicht, dass es irgendjemandem weiterhilft, wenn er die Gedankenlosigkeit am Nebentisch nicht zur Kenntnis nimmt oder mit den Schultern zuckt und sich sagt, was soll's, wird schon seine Richtigkeit haben. Genau diese Mentalität ist ebenso auf den Strassen anzutreffen, wenn irgendjemand vor aller Augen brutal zusammengeschlagen wird. Was soll's, geht mich nichts an. Zivilcourage? Im Grunde steckt hinter solch einem Verhalten eine grosse Portion Gleichgültigkeit, Herzlosigkeit und Feigheit. Sind das nicht alles Werte, die in unserer Gesellschaft hoch gehandelt werden?

Wenn man spirituell wachsen will, dann sollte man seine Sensibilität nicht verlieren. Dann sollte man seine Fähigkeit für Mitgefühl und Nächstenliebe bewahren. Und wenn irgendwo ein Unrecht geschieht, dann sollte einem dieses nicht gleichgültig lassen, es sollte einen wütend, traurig oder betroffen machen. Es sollte etwas in uns auslösen. Es sollte irgendetwas in uns in Bewegung setzen. Nur wenn ich diese Wut am eigenen Körper spüre, dann kann ich daraus lernen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass mich solche Dinge unberührt lassen, jedenfalls in meiner momentanen Verfassung nicht.

Man sollte aber wissen, dass diese Wut, die man in dem Moment empfindet, in der man mit dieser Gleichgültigkeit oder Ungerechtigkeit konfrontiert wird, nicht nur etwas mit dem Verhalten des anderen zu tun haben, sondern auch etwas mit dem eigenen Inneren. Wenn man z.B. mit einer Ungerechtigkeit konfrontiert wird, so erinnert einen dies an die vielen Ungerechtigkeiten, die man selber erfahren hat. Vielleicht war man seiner Zeit noch ein Kind und konnte sich in der Situation nicht anders verhalten, als die Wut und die Traurigkeit, die man empfand, hinunter zu schlucken. Von daher weiss man natürlich in etwa, wie der andere sich fühlt, dem nun diese Ungerechtigkeit widerfährt.

Ein Weiser, ein Heiliger, ein Erleuchteter würde mit der Situation anders umgehen. Ich meine, er würde auch Mitleid und Unbehagen empfinden. Aber er würde dabei ruhig und gelassen bleiben, weil es ihn innerlich nicht aus den Socken haut. Er würde keine Wut empfinden, vielleicht würde er Mitleid empfinden, aber dieses Mitleid ist aber nicht von Traurigkeit gekennzeichnet, vielmehr ist sie Ausdruck seiner Liebe. Ich glaube nicht, dass er in solchen Situationen untätig wäre. Er würde die Eltern vielleicht in ein Gespräch verwickeln und würde dabei liebevoll und rücksichtsvoll die Dinge, die er sagen möchte, zur Sprache bringen, ohne dass die Eltern es als Einmischung empfinden würden. Allerdings wären sie von seiner Art und Weise so fasziniert und verwirrt, dass sie über diese Situation bestimmt noch lange nachdenken würden.

Aus diesem Grunde möchte ich meine Sensibilität nicht verlieren. Ich möchte mir die Dinge ganz genau ansehen. Ich möchte wissen, was sie in mir auslösen. Nur so weiss ich ganz genau, wie es um mich bestellt ist, was da noch an Wut und Trauer in mir steckt. Nur so kann ich an mir arbeiten und Fortschritte machen, bis ich eines Tages vielleicht ebenso ruhig und sachlich mit Situationen umgehen kann, die mir heute noch Probleme bereiten.

Alles Liebe. Gerrit
 
honoka schrieb:
Hallo an alle! Ich lese momentan einige Bücher über Zen und in jedem Buch steht man solle nicht unterscheiden zwischen gut und schlecht. Ich versuche mich auch möglichst daran zu halten aber oft geht es einfach nicht. Ich war heute in einem Restaurant und dort saß ein kleines 2-3 jähriges Kind zwischen seinen Eltern, die sich beide eine Fluppe nach der anderen angezündet haben. Das Kind hat zwar geweint und gehustet aber seine Eltern haben nur versucht es zu trösten und haben einfach weitergeraucht.

Hallo Honoka...

Es geht bei dieser nicht-bewertung nicht darum, keine Differenzierungen mehr zu machen, sondern einfach einmal zu verstehen, dass es ein "gut" oder "schlecht" in dem Sinne, wie wir es bisher verstehen, nicht gibt.

Es ist aber durchaus braucbar in Funktional/Disfunktional oder weiterführend/blockierend in Bezug auf ein Ziel oder ein Thema zu differenzieren.

Auch das geht noch letztlich viel weiter, wenn man die Hintergründe des menschlichen Daseins weiter erforscht und sich klar macht, wie wenig der Mensch heute noch über sich selbst weiß, zum Beispiel: Fähigkeiten, Fertigkeiten und Möglichkeiten komplexere Strukturen zu erfassen.

Wie DU selber sagst, wertest Du in Deinem Beispiel EMOTIONAL das Verhalten der Eltern als "schlecht".

A) weißt Du nicht, welchen Plan das kleine Mädchen in seinem Leben hat, aber scheinbar spielst Du eine Rolle in ihrem Leben.

B) was bringt Dir die Emotional automatische Wertung, wenn es ein unemotional freundlicher Hinweis an die Eltern in dieser Art auch getan hätte: Es sei sehr wahrscheinlich disfunktional/wenig föderlich, wenn die Eltern weiterrauchen würden...in der Art wie sie es betreiben, wenn das Mädchen schon deutlich aufgrund des Rauches hustet.
"Bitte achten sie doch vielleicht mehr auf Ihre Tochter und rauchen sie doch so, dass sie nicht den ganzen Rauch abbekommt, sie haben ihre Tochter doch schliesslich lieb, da bin ich sicher."

Es geht also letztlich eher darum zu verstehen, dass "Gut" und "Schlecht" als fixe Größen verstanden werden, es diese fixen Größen aber in einer Welt unendlicher Möglichkeiten so nicht geben kann.

Man sagt: "Wat den en sien Ul, is den annern sien Nachtigal" (was für einen die Eule, das ist für den anderen die Nachtigall)

Und genau darum geht es, das zu verstehen.

Und es hat eine Menge mit "automatisch/emotionalen Bewertungen" zu tun, die diese angeblich fixen Größen aktivieren.

Da sie automatisch sind, blockieren sie Erkenntnisse.

Ich hoffe behilflich gewesen zu sein...

Liebe Grüße
Qia :zauberer1
 
honoka schrieb:
Wenn man erleuchtet ist, soll man angeblich von allen Unterscheidungen befreit sein und alles als gut ansehen.

hi honoka,

wo hast du so etwas gehört ? ich halte so eine auffassung für den absoluten blödsinn. selbst ramana maharshi, der ja nun als erleuchtet galt, und über den ich viel gelesen habe, wäre in so einer situation sicherlich wütend geworden (zitat "schluss jetzt mit dem unfug !"). und selbst jesus wurde wütend.

gut & böse ist eine krankeit des verstandes (sagt das tao). vergiss gut & böse... und handle einfach... aus dir selbst heraus.

cu
 
Hallo honoka!


Ich bin kein Zen-Experte. Doch Gut und Böse nicht zu unterscheiden, denke ich, hat den Hintergrund, dass es nur zwei Pole sind.

Nimm eine Münze und lege sie vor Dich hin. Du siehst angenommen die Vorderseite. Die Rückseite ist vor Deinen Augen verborgen. Sie ist dennoch da, denn wenn sie nicht da wäre, wäre die Münze weg.

Das eine kann ohne das andere nicht existieren. Gut kann nur dann sein, wenn Böse die "Rückseite" ist.

Und wenn Du Dich nun nur auf die Vorderseite der Münze stürzt, gibst Du der Rückseite nicht die Achtung, die sie verdient, denn ohne ihr wäre "das Ganze" nicht da.

Wenn ein Feuer einen Wald zerstört, so ist das auf den ersten Blick betrachtet, negativ, schlecht. Kurze Zeit später beginnt, gerade durch diese Brandrodung, der gesündeste Wald wieder nachzuwachsen, war das Feuer nun negativ oder positiv?

Es wird viele Situationen in Deinem Leben geben, die Du in der Situation als negativ bewertet hast, später aber erkannt hast, dass genau diese Situationen etwas Postives nach sich gezogen haben.

Wenn zwei Menschen streiten, fühlen sich beide im Recht - also "gut" und der andere ist "böse". Wer ist jetzt tatsächlich negativ und wer davon positiv?

Gut und Böse sind sehr oft subjektiv, abhängig von unserer Sichtweise.

Und ich meine, dass das damit gemeint ist.

Liebe Grüße

Reinfriede
 
Reinfriede schrieb:
Gut und Böse sind sehr oft subjektiv, abhängig von unserer Sichtweise.

Und ich meine, dass das damit gemeint ist.
Das denke ich auch,honoka,die Eltern sehen das garantiert anders.Für sie bist Du negativ, wil Du Dich in ihre Angelegenheiten gemischt hast.

Aber ich finde Deine Courage sehr mutig und freue mich, dass es solche mitfühlenden Menschen gibt. :kiss4:

East of the sun
 
Hi Honoka!
Ich hab die anderen Beiträge jetzt nicht gelesen.
Was ist eine Fluppe? Ich versteh es nicht ganz.

Ich unterscheide auch ständig zwischen gut und schlecht bzw. mache Abstufungen.
Wir machen verschiedene Lernerfahrungen. Es kann sein, dass ein Kind geschlagen wird für jede Kleinigkeit. Das Kind lernt daraus und nimmt sich vor, dass es nie so wird wie ihre Eltern. So gesehen war es gut, denn das Kind ist gegen Gewalt und wird es nie ausüben in ihrem Leben. Natürlich kann auch genau das Gegenteil passieren. Es ist schwer zu erklären, was ich meine. Ich habe gelesen, es ist nichts gut oder böse. Es kommt immer darauf an wie wir es sehen. Der Verstand macht es zu gut oder zu böse. Es hat alles einen Grund was passiert und somit ist nichts wirklich schlecht, denn es sind einfach Entwicklungsprozesse.


Lg
 
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Hallo Honoka,

Als Du aufgestanden bist, zu diesen Menschen rübergingst und ihnen deine Meinung gesagt hast - genau das *ist* Zen (bzw. einfach "Natürlichkeit")
Darum geht es ja. Was aber eindeutig nicht Zen ist, ist wenn du Bücher darüber liest und Dir Vorstellungen machst, wie irgendwas zu sein hätte.



liebe Grüße
 
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