Woran glaubt ihr alles?

Original geschrieben von Kvatar
Nachdenken (...) eine Form von konzentrierter Erkenntnissuche ist überigens die Meditation

... zwei Dinge, die sich gegenseitig diametral ausschliessen wie Feuer und Wasser. ;)
Kvatar, dann hast du andere Erfahrungen gemacht als ich. Oder ich bezeichne etwas als einen meditativen Zustand, den du nicht so bezeichnen würdest.
Ich habe zwei Beine. Also laufe ich.
Ich habe zwei Arme. Also packe und greife ich.
Ich habe ein Gehirn mit Denkfähigkeit in meinem Schädel. Also denke ich!
Die Natur hat mir das alles mitgegeben. Also benutze ich es!

Viele Grüße,Gisbert
 
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Du hast recht: es dürfte v.a. ein Definitionsproblem sein.


Quelle: The Path of the peaceful warrior, Dan Millman

Die WC-Tür flog auf, und mit einem markerschütterndem Schrei kam Socrates herausgesprungen, ein blitzendes Schwert hoch über dem Kopf schwingend. Bevor ich ausweichen konnte, fuhr die Klinge - lautlos die Luft durchtrennend - herab und blieb wenige Zentimenter über meinem Scheitel hängen. Ich schielte nach oben, ich sah das drohende Schwert, ich sah Socrates an. Er grinste.
"O Mann, was für ein Auftritt! Hätte mir fast in die Hose gemacht vor Schreck" japste ich.
Die Klinge hob sich langsam. Wie sie dort oben über meinem Kopf schwebte, schien es, als ob alles Licht im Raum sich an der Schneide sammelte. Das gleißende Licht blendete mich, ich musste meine Augen schliessen. Diesmal beschloss ich, auch den Mund zu halten.
Aber Socrates kniete sich nur vor mich hin, legte behutsam das Schwert zwischen uns, schloß die Augen, tat einen tiefen Atemzug und saß vollkommen regungslos da. Ich beobachtete ihn eine Weile. Ob dieser 'schlafende Tieger' erwachen und sich auf mich stürzen würde, wenn ich mich bewegte? Es vergingen zehn Minuten, dann zwanzig. Vielleicht wollte er, dass ich auch meditierte? Ich schloß die Augen und blieb eine halbe Stunde sitzen. Als ich wieder die Augen aufmachte, saß er immer noch da, wie ein Buddha. Ich wurde unruhig, und schließlich stand ich leise auf, um einen Schluck Wasser zu trinken. Ich füllte am Wasserhahn meinen Becher, als ich eine leichte Berührung an der Schulter spürte. Wasser plätscherte mir auf die Schuhe, so sehr zitterte meine Hand.
"Socrates, du sollst dich nicht immer so heimlich anschleichen. Kannst du nicht wenigstens einen Ton von dir geben?"
Er lächelte und sprach:" Schweigen ist die Kunst des Kriegers - und die Meditation ist sein Schwert. Es ist die Waffe, mit der man die Illusion zerschlagen kann. Aber du mußt wissen: wie nützlich dieses Schwert ist hängt von dem Schwertkämpfer ab.
Du hast noch nicht gelernt dieses Schwert zu führen, und darum kann es in deiner Hand ein trügerisches oder gefährliches oder sogar nutzloses Werkzeug sein.
Die Meditation mag dir am Anfang helfen, etwas ruhiger zu werden. Der helle Glanz des Schwertes verführt viele Meditierende zu neuen Illusionen, bis sie es doch wieder wegwerfen, um nach anderen 'inneren Alternativen' zu suchen.
Der Krieger hingegen benutzt das Schwert mit Geschick und tiefem Wissen. Er nutzt es, um seine Grübeleien und müßigen Gedanken in Fetzen zu hauen und seine um ihre Leere zu offenbaren."

In diesem Moment kam ein alter VW-Bus in die Tankstelle gerattert, weiß lackiert, einen bunten Regenbogenauf die Seiten gemalt. Sechs Leute saßen darin, die man auf den ersten Blick kaum unterscheiden konnte. Erst als wir hinausgingen erkannte ich, daß es vier Männer und zwei Frauen waren, alle von Kopf bis Fuß gleich blau gekleidet. Es waren Mitgleider einer der vielen spirituellen Gruppen, die hier in der Bay Area wie Plize aus dem Boden schossen. Diese Leute hier waren so selbstgerecht, dass sie vermieden, uns zur Kenntnis zu nehmen - als ob unsere Weltlichkeit sie anstecken könnte!
Socrates ließ sich die Chance nicht entgehen. Augenblicklich verwandelte er sich in einen humpelnden, lispelnden Kretin. Er war der perfekte Quasimodro.
"Ha, Jack!" ranzte er den Fahrer an, einen Mann mit dem längsten Bart, den ich je gesehen hatte. "Wollt ihr Benzin oder was?"
"Ja, Benzin bitte", sagte der Mann. Seine Stimme war glatt wie Salatöl.
Socrates warf den beiden Frauen im Fond lüsterne Blicke zu. Er steckte den Kopf durch das Fenster und flüsterte laut: "He, ihr zwei Süßen, was macht ihr denn immer so - meditieren?" Es hörte sich an, als meinte er eine bestimmte sexuelle Variante.
"Jawohl, wir meditieren", sagte der bärtige Fahrer, und seine Stimme triefte vor kosmischer Erhabenheit. "Bitte, Mister, wollen Sie jetzt unseren Wagen auftanken?"

Durch ein Handzeichen gab mir Socrates zu verstehen, ich solle den Zapfhahn bedienen, während er selbst bei dem Mann am Steuer alle Register zog. "He, weißte, Mann, wie du aussiehst in deinem blauen Kittel? Wie 'n Mädchen. Versteh' mich nicht falsch, es steht dir echt gut. Und warum rasierst du dich eigentlich nicht? Was mußt'n verstecken hinter diesem Urwald?"
Ich krümmte mich hinter dem Wagen vor Lachen, während Soc vorne von bissigem Spott zu plumper Gemeinheit überwechselte. "He", machte er eine der beiden Frauen an, "der Kerl da - ist das dein Freund? Und ihr beide", zu dem Mann auf dem Beifahrersitz gewandt, "treibt ihr's denn manchmal, oder spart ihr's euch auf, wie ich in der Zeitung gelesen habe?"
Das war zuviel. Bis Socrates ihnen endlich das Wechselgeld abgezählt hatte, mit quälender Langsamkeit, immer wieder von vorne anfangend, erstickte ich beinahe vor Lachen, und die armen Leute im VW-Bus bebten vor Wut. Der Fahrer grabschte nach dem Wechelgeld, gab Gas und donnerte mit höchst unheiligem Tempo aus der Tankstelle. Socrates schire ihnen hinterher: "Meditation tut euch gut ! Übt schön fleissig weiter...!"


Viele Grüße,
KTG
 
Original geschrieben von Kvatar
Du hast recht: es dürfte v.a. ein Definitionsproblem sein.
"Der Krieger hingegen benutzt sein Schwert mit Geschick und tiefem Wissen!"
Na, das meine ich doch auch, dass auch der Krieger der Weisheit tiefes Wissen braucht - und nicht (nur) eine wohltuende Leere im Kopf...:winken5:

PS.: Wir sollten uns auch als Krieger verstehen. Und zwar als Krieger einer Armee. Der "Feind" ist nicht, einer aufgrund anderer Erfahrungen anders denkt, sondern das Unwissen ist unser "Feind". Wir können möglicher weise unsere Teilwissen zu einem Mosaikbild zusammentun... (Siehe dein Elefantenbeispiel in einem anderen Tread.)

Viele Grüße von Gisbert
 
Hi Gisbert,


der Krieger benutzt Wissen und Meditation als Weg oder Werkzeug zum weisen Tun und Beenden von Schmerz, Leid und Verzweiflung. Er achtet das Wissen, ist sich aber auch dessen Begrenztheit bewusst. Sein oberstes Prinzip ist Glücklichsein: "Der Narr meint, glücklich zu sein wenn seine Wünsche erfüllt sind. Der Krieger ist glücklich - ohne Grund! Darum ist Glücklichsein die oberste Disziplin - höher als alle anderen Dinge, die ich Dich jemals lehrte. "


Der Weise hortet die Weisheit nicht in seinem Kopf. In der Erleuchtung (Einsicht) bekommt er Zugang zur Weisheit, er braucht sie sich nicht erarbeiten. Intellekt und Weisheit sind nicht dasselbe:


Der Krieger hingegen benutzt das Schwert mit Geschick und tiefem Wissen. Er nutzt es, um seine Grübeleien und müßigen Gedanken in Fetzen zu hauen und ihre Leere zu offenbaren.

Ein etwas anderer Schwerpunkt - das Wissen steht nicht im Vordergrund, sondern die Tat, die sich daraus ergibt. So ist der Weg des Kriegers vor allem ein tätiger Weg.


Schönen Abend,
Kvatar
 
Original geschrieben von Kvatar
(...) der Krieger benutzt Wissen und Meditation als Weg oder Werkzeug zum weisen Tun und Beenden von Schmerz, Leid und Verzweiflung. Er achtet das Wissen, ist sich aber auch dessen Begrenztheit bewusst. Sein oberstes Prinzip ist Glücklichsein: "Der Narr meint, glücklich zu sein wenn seine Wünsche erfüllt sind. Der Krieger ist glücklich - ohne Grund! Darum ist Glücklichsein die oberste Disziplin - höher als alle anderen Dinge, die ich Dich jemals lehrte. "
Sehe ich ebenso.
Der Weise hortet die Weisheit nicht in seinem Kopf. In der Erleuchtung (Einsicht) bekommt er Zugang zur Weisheit, er braucht sie sich nicht erarbeiten. Intellekt und Weisheit sind nicht dasselbe:
Sehe ich ebenso.
Der Krieger hingegen benutzt das Schwert mit Geschick und tiefem Wissen. Er nutzt es, um seine Grübeleien und müßigen Gedanken in Fetzen zu hauen und ihre Leere zu offenbaren.
Grübeln ist nicht die ökonomischste Form der Erkenntnisgewinnung...
Ein etwas anderer Schwerpunkt - das Wissen steht nicht im Vordergrund, sondern die Tat, die sich daraus ergibt.
Sehe ich ebenso.

Bis denn,
Gisbert:winken5:
 
Wenn man sich hier auf etwas verlassen kann, dann ist
es die kriegerische Sprunghaftigkeit des Themenwechsels
von Dir. Wie wäre es denn, wenn Du aus der kriegerischen
männlichen Vergangenheit in eine liebevolle weibliche
Zukunft blickst?
Gruss von Alwin
 
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Wenn man sich hier auf etwas verlassen kann, dann ist
es die kriegerische Sprunghaftigkeit des Themenwechsels
von Dir. Wie wäre es denn, wenn Du aus der kriegerischen
männlichen Vergangenheit in eine liebevolle weibliche
Zukunft blickst?
Gruss von Alwin

Das Wort zum magischen Zeitsprung. ;):cool:
 
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