"Wir haben von alledem nichts gewusst!"

Totalitäre Regime entstehen nicht über Nacht, die Nazis sind keine Alieninvasion, die urplötzlich auftauchte, sondern sie kamen und kommen aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft.
 
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farnblüte;4485165 schrieb:
Totalitäre Regime entstehen nicht über Nacht, die Nazis sind keine Alieninvasion, die urplötzlich auftauchte, sondern sie kamen und kommen aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft.

Richtig, sie sind nicht über Nacht vom Himmel gefallen.



Ich habe leider keine Superhelden unter meinen Altvorderen, die so schlau waren, wie Menschen, die diese Zeit nicht miterlebt haben in der Gegenwart und in altbewährter Gutmenschenmanier kurzerhand alles soviel besser gewusst und gemacht hätten, wie die Deppen seinerzeit.
 
farnblüte;4485165 schrieb:
Totalitäre Regime entstehen nicht über Nacht, die Nazis sind keine Alieninvasion, die urplötzlich auftauchte, sondern sie kamen und kommen aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft.

Ja, die Wege der Diktatur sind schleichend. Erst erfreut sich der ehemalige Arbeitslose über einen neuen Job, der ihm versprochen und der dann auch tatsächlich erschaffen wurde. Dann vielleicht ganz allgemein an der Aufbruchstimmung. Das Knistern des Neuanfangs, welcher überall zu spüren war (O-Ton Hitler: "Die Räder müssen laufen!!") Ja, und die Räder liefen wieder. Heraus aus der Stagnation, aus der Arbeitslosigkeit von 6 Millionen Menschen.
Produktionen starteten wie aus dem Nichts heraus. Den Menschen wurde - nach dem verlorenen 1-ten WK - wieder so etwas wie Selbstbewusstsein in die Seele geblasen ("Wir sind wieder wer").

Tja, und dann merkt man eines Tages, dass da Menschen dranglasiert werden, Unrecht geschieht, etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist. Aber es ist zu spät. Die Räder rollen bereits. Außerdem wurde inzwischen auch noch eine riesige Kriegsmaschinerie zum Laufen gebracht, mit dem Ziel "es den anderen zu zeigen". Und so wird der Einzelne, der einerseits ganz sicher begeistert war, dazuzugehören, mitgerissen in diesen Strudel und das schlechte Gewissen verdrängt, weil er halt ein Teilchen des großen Ganzen ist. Plötzlich steckt man mitten drin in der Diktatur.

Die Frage ist: was hätte getan werden können? Zettel verteilen, wie die Geschwister Scholl? In den Untergrund gehen und von dort aus gar Bomben hochgehen lassen? Gegen die eigenen Leute? Wohl kaum.......Dann auswandern und Deutschland hinter sich lassen? Auch das hätte kaum ein Deutscher, der damals fast nur Deutsch als Sprache beherrschte, nicht so ohne weiteres getan.....Wenn selbst dranglasierte deutsche Juden eine Auswanderung erst im letzten Moment als Ausweg anerkannten, viele aber sich sogar in dieser misslichen Lage keine Alternative in einem anderen Land vorstellen konnten, ja, wie sollten die nicht-jüdischen Deutschen dies dann ins Auge fassen?

Man könnte noch unendlich viele Frage stellen, warum und weshalb es zu diese Katastrophe kommen konnte und wird viele Antworten finden. Letztendlich war es eine Verkettung schrecklicher Umstände, die dann zum Selbstläufer wurde.

Lg
Urajup
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn du wirklich Israeli bist solltest du an einer Auseinandersetzung mit dem Thema interessiert sein, die einem zukuenftigen Frieden zutraeglich ist. Und das ist es nunmal nicht das nur als "Taetergeneration" abzuhaken.

Man muss die Strukturen damals betrachten und sehen wie unheimlich gefaehrlich sowas wie Machtmissbrauch ist. Man muss sehen welche Verbrechen auch heute noch durch aehnliche Strukturen passieren. Man muss das analysieren. Nur so kann man es verhindern.

Das Unfassbare ist doch eigentlich: Es ist nicht mal 100 Jahre her. Es waren Menschen wie wir. Es war in Weimar ein System aehnlich wie heutige Systeme. Es war eben keine homogene Gruppe von Boesewichten die mittlerweile ausgestorben ist.
Das muss man sehen und da ansaetzen. Nur so kann man zum Beispiel sehen wo sich heutige Gefahren auftun.



woraus schliesst du, dass ich israeli bin? ich bin jude (=ich habe eine jüdische muter gehabt) und ich habe die shoah überlebt, das ist alles...und nach wie vor:israel ist ein kapitel für sich - und hier nicht unsere thema!


shimon
 
Ich finde es schade dass du eine ganze Generation als Taetergeneration bezeichnet - aber beleidigend und aggressiv wirst wenn man versucht dir deutlich zu machen, dass das kurz gedacht ist.

So erhaelt man keinen Frieden auf der Welt :( So veraendert man nichts.

Es ist fatal die Generation die im Dritten Reich lebte als homogene Gruppe darzustellen die "Taeter" waren. Damit laesst man außer Acht dass sowas wieder passieren kann, weil das Potenzial dafuer nunmal nicht nur in der Generation X gewesen ist, sondern in der Menschheit insgesamt.




natürlich kann sowas auch wieder passieren - weil alles getan wird die shoah zu relativieren, zu leugnen und die anfänge nur mit glacce-handschuhen zu begegneg. das ist alltag und konsens in deutschland, möglicherwise auch europaweit.

was die tätergeneration betrifft:alle haben unterschiedlich mitgemacht, entweder als täter (sa, ss deutsche arme, deutsche polizei u.s.w.) oder als nutzniesser der shoah. nur wenige hatten die zuvilcourage juden zu retten, als soldaten juden zu schonen u. s. w. ich bin der üeberzeugung, dass dierser potenzial vorhanden ist und deswegen rede ich darüber!


shimon
 
Eins vorweg...
Die Verbrechen, welche im 2 WK geschehen sind - sind unbeschreiblich grausam gewesen!!! Das will ich auch nicht relativieren oder ähnliches!

Ich habe, so wie sehr viele Andere auch, damals noch nicht gelebt.
Deswegen sehe ich auch nicht ein - warum ich Schadenswiedergutmachung in Form von Geld leisten soll.
Das heißt aber nicht, dass ich das was geschehen ist leugne, ich kann es aber auch nicht eingestehen - weil ich eben nicht dabei war.

Shimon, Du bist 1938 geboren - wie Du ja auch geschrieben hast. Das heißt, als der Krieg vorbei war 1945 warst Du 7 Jahre alt.
Und Du meinst, dass Du in diesen ersten 7 Jahren Deines Lebens genau bemerkt hast - was jeder wusste und was nicht? Und Du meinst, als 7 Jahre altes Kind urteilen zu können über das Verhalten der Menschen?

Ich stelle hiermit nicht in Frage, dass Du schreckliches erlebt hast!

Aber ich stelle in Frage, dass ein 7 jähriges Kind abschätzen kann warum und wieso "Otto Normalverbraucher" damals einfach den Mund gehalten hat.
Nur weil jemand nichts sagte, sagt nichts darüber aus wie er/sie dachte.
Welche Möglichkeit gab es den?
Den unterschwelligen Widerstand vgl. "Weiße Rose" und den "Öffentlichen" beides endete mit dem Tod der Widerständler und Sippenhaft für die Familie.

Und wenn es heute wieder so kommen würde, würden sich die Menschen wieder gleich verhalten, den "Es ist sich jeder selbst der Nächste".
Und bevor es jemand zulässt, dass seine Verwandten gefoltert oder erschossen werden, beugt er sich dem Gruppenzwang.
Völlig egal was der Mensch wirklich denkt. Bevor er riskiert, dass seinen Liebsten was unsägliches passiert verrät er seine Ideale und seine wirklichen Gedanken.

Ob das Gut oder Schlecht ist sei dahin gestellt.
Jedenfalls sind WIR ALLE heute tief im Inneren nicht besser oder gescheiter als vor 70 Jahren. Wir glauben es nur, weil wir eben schon länger nicht in so einer Notlage waren.




es geht mir nicht draum, was ich zwischen 6-7 lebensjahr elebt habe.... es geht darum, was ich heute über die SHOAH weiss! ich rede auch im namen meiner angehörigen, die heute nicht mehr da sind und nicht reden können. ich meine, dass mein überleben eine verpflichtug ist zu reden!
versuche nicht alles schönzureden, oder möchtest du auch zu die generation gehören, die uns bis heute nicht "verziehen wollenn, was sie uns angetan haben"?



shimon
 
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Deutsche und osteuropäische junge Männer, die nicht in den Krieg ziehen wollten, wurden an Ort und Stelle erschossen. Vor ihren Müttern, vor ihren Brüdern und Schwestern.
Frauen wurden in einem Viehwagon, nach Russland zwangsverschleppt. Ihre langen Zöpfe wurden abgeschnitten, sie wurden am ganzen Körper rasiert, mussten schwerste Arbeit in Kohlengruben verrichten und wurden reihenweise vergewaltigt.

Heilung, erzielt man auf keiner von beiden Seiten, wenn ständig darüber diskutiert, gestritten und ermahnt wird. Manchmal muss man gänzlich vergessen und nach vorne blicken. Für einen neuen, besseren Start. Für die Liebe. Für das Leben. Für das Hier, Jetzt und Heute. Für jeden einzelnen Menschen. Und vor allem für den Frieden.
 
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