Ich bin 45 und habe noch immer keine konkrete Ahnung... immer, wenn ich meine, mit meinem Weg in Berührung gekommen zu sein und denke, diesen künftig weiterzugehen, passiert irgendwann etwas, das mich wieder ganz woanders hinschubst. Offenbar sind diese Stationen, an denen ich das Gefühl habe, daß sie mit meiner Berufung zu tun haben, doch nur Stationen auf dem Weg, um bestimmte Lektionen zu lernen und Erfahrungen zu machen.
Als Kind war ich eine musikbegeisterte Leseratte, die gern malte. Ich wollte Sängerin werden. Als Jugendliche dachte ich auch mal daran, Kunst, Sprachen oder Psychologie zu studieren - aber es zog mich in die Punk- und Drogenszene. Gelesen hab ich auch zu der Zeit sehr viel, und meine Musikbegeisterung hab ich am liebsten auf der Tanzfläche ausgelebt. Mit 20 geriet ich aber dann total auf die schiefe Bahn, kam in Kreise, in die ich nie wirklich wollte, und das Gefühl, irgendeine Berufung zu haben, war in weite Ferne gerückt. Drogen, Abtreibung, Depressionen... totale Lebensfrustration bis hin zu Selbstmordgedanken (sowas kannte ich vorher nicht!). Dann die Beschäftigung mit Astrologie, bald darauf auch mit Hexentum und den Karten... und parallel dazu tauchte eine neue Liebe auf - die in eine Ehe mündete und für mich ein neues Leben bedeutete.
Hatte ich aber gedacht, die Astrologie und die Karten seien mein Weg, so zog es mich nun auf einmal in die Politik. Es war wie "von oben gesteuert", ich habe mich angetrieben gefühlt, mich total zu engagieren... so stark wie nie zuvor glaubte ich, meinen Weg gefunden zu haben. Aber gerade als ich mir ziemlich sicher war, daß die Politik mein Weg sei, verloren wir eine Wahl, und es zog mich wieder mehr zum Esoterischen hin - wenn auch zu Leuten, die politisch auf einer ähnlichen Wellenlänge waren, aber es zog mich vom rein Politischen wieder weg. Die Ehe ging auseinander, ich mußte mir überlegen, was ich denn nun beruflich machen wollte - und ich wollte etwas mit Büchern machen. Nach einiger Zeit ergab sich tatsächlich etwas in der Richtung - erst als "Mädchen für alles" bei einem kleinen Verlag, der mir weltanschaulich nahe stand, und später in Form einer richtigen Buchhändlerausbildung. Da war ich überzeugt, daß mein Weg mit der Verbreitung von Schriften zu tun hat, und dachte daran, selbst einen Versandbuchhandel zu machen, wollte gern selbständig sein... was sich dann aber nach meinem Umzug in die Gegend hier zerschlug. Die Liebe rückte mehr in den Vordergrund, beruflich entwickelte es sich für mich eher unbefriedigend: erst Gelegenheitsjobs, dann ein auch nicht sonderlich aufregender und nicht so toll bezahlter Job in einem Abrechnungszentrum. Dann vor vier Jahren wieder das Jobthema im Vordergrund und endlich der Sprung in die Selbständigkeit - aber offenbar im falschen Job, im Außendienst, unter einem unerträglichen Erfolgs- und Existenzdruck. Wollte mir nebenher noch etwas mit der Beratung durch Karten und Astrologie aufbauen, aber dafür blieb mir keine Zeit und Energie. Dann wieder ein Jahr befristeter Teilzeitjob bei der Abrechnungsfirma, nebenher aber noch selbständig geblieben als Telefonistin für ehemalige AD-Kollegen, dann ein Jahr arbeitsuchend und seit einem Jahr wieder komplett selbständig, nebenher auch wieder Lebensberatung... seit Anfang des Jahres auf selbständiger Basis für eine Firma tätig, in der das Arbeitsklima super ist und das Gehalt stimmt - aber der Job an sich ist auch nicht das, was ich ewig machen möchte (sehr großer seelischer Druck, zwar nette Kollegen, aber unfreundliche potentielle Kunden, viel Abfuhren), und ich denke, auch das ist noch lange nicht meine Berufung. Beim Kartenlegen zweifle ich aber auch... jedenfalls, was die Arbeit auf der Line betrifft. Ich habe einfach nicht die Energie, Leute "am Fließband" zu beraten, und der Zeitdruck stört mich ungemein.
Ich glaube, beruflich bin ich mal wieder weit von dem, was meine eigentliche Berufung ist, entfernt. Lediglich der Sprung in die Selbständigkeit fühlt sich für mich wie ein Schritt in die richtige Richtung an. Ansonsten habe ich momentan eher auf der privaten Ebene das Gefühl, auf dem richtigen Weg zu sein: seit ein paar Jahren zieht "es" mich in ganz bestimmten Künstlerkreise - zu Leuten, die musikalisch oder auch anders künstlerisch tätig sind, und die mir weltanschaulich nahestehen. Ich glaube, daß auch diese Kontakte etwas mit meinem Weg zu tun haben, denn dauernd schließen sich da irgendwelche Kreise: ein mir noch aus der politischen Phase bekannter älterer Autor hat seine Bücher früher in einem Verlag veröffentlicht, dessen Chef wiederum ein alter Freund von jemandem ist, den ich in vor zwei Jahren kennengelernt habe, und dieser Jemand hat wiederum mal in einem Verlag gearbeitet, bei dem auch ich mich zu der Zeit mal beworben habe... oder, was total verrückt ist: 1998 auf einer Sonnwendfeier mache ich Bekanntschaft mit einem älteren Herren, mit dem ich in ein Gespräch über Spiritismus komme - und der sich als Vater einer Jugendbekanntschaft von mir herausstellt. Und kürzlich habe ich von jemandem, der mir wiederum aus Künstlerkreisen bekannt ist, erfahren, daß er und andere aus meinem Umfeld diese Jugendbekanntschaft ebenfalls kennen (wir reden hier von jemandem, den ich damals als 15jährige Schülerin in einem Lokal kennengelernt hatte!) Tsss... da entdeckt man Verbindungen zwischen Leuten, von denen man es nie für möglich gehalten hätte.
Ich denke deshalb, daß diese Kreise einfach etwas mit meinem Weg zu tun haben MÜSSEN - auch wenn mir das Ziel immer noch nicht ganz klar ist.
Rein intuitiv habe ich das Gefühl, daß dabei Kunst, Publizistik, Weltanschauung und auch das Spirituelle eine Rolle spielen. Mal tritt der eine Aspekt deutlicher hervor, mal ein anderer - aber alle sind Anteile dessen, was meine Berufung ist.
Mal werde ich durch das Berufliche an meine Berufung herangeführt, dann wieder durch private Kontakte - ich würde mir wünschen, daß diese Fäden irgendwann einmal zusammenlaufen und mir der Weg bzw. das Ziel klarer wird. Aber wahrscheinlich wird immer nur ein Stück unseres Weges beleuchtet - wir können uns in der Gegenwart umschauen, und wir können zurückschauen, wobei uns einiges im nachhinein klar wird - aber die Zukunft, das was kommt, liegt in den Nebeln verborgen.