Hallo Inti,
Danke, dass Du hier Deine Gedanken geschrieben hast. Ich weiß nicht, inwieweit das noch aktuell ist, aber ich möchte Dir gerne noch antworten.
Zitat Namo:
Ohne dieses wache Bewußtsein, gibt es nur Handlung aus dem Denken und Denken ist immer alt.
Diesen Schluss, dass Denken "alt" ist kann ich nicht nachvollziehen. Denken ist für mich ein Prozess im wachen Bewusstsein und daher mit diesem entstanden.
Gut. Wenn es für Dich das ist, dann ist das Deine Sichtweise. Mein Verständnis ist, dass das wache Bewusst_sein wach ist dem gegenüber, was es wahr_nimmt. Dieses ist ein Nehmen, ein Entgegen_nehmen. In dieser Phase gibt es kein
Beurteilen, kein Vergleichen, kein => Tun, kein => Handeln. Es ist nur <= Wahr_nehmen. Es ist
unmittelbares Wahrnehmen im Jetzt (das immer Jetzt ist).
In meinem Verständins wird dann diese unmittelbare Wahrnehmung im Gedächtnis 'einfroren', physisch in Neuronen, die miteinander verknüpft werden. Dieses ist
danach immer wieder aufrufbar und vergleichbar mit anderen Dingen im Gedächtnis.
Eine große bewußte Wahrnehmung kann unmittelbar (alles) wahrnehmen, aber das Denken kann das nicht.
Das Denken ist hilfreich im Alltag, um zu Leben, um Enten zu jagen oder Holz für den Winter zu speichern, weil das Alte, das Wiederkehrende das Bestimmende des Lebens ist. Aber wenn man dem Unbekannten begegnet ist das Denken machtlos.
Keine Wahrnehmung kann durch das Denken ersetzt werden, aber trotzdem versuchen es viele Menschen, weil sie damit im
Leben Erfolg hatten. Es ist aber nicht möglich, das Unbekannte mit dem Bekannten zu verstehen.
Denken ist nie neu. Niemand kann etwas denken, das neu ist; es ist immer nur die Wahrnehmung die neu ist. Denken ist eine Maschine. Es wird mit Prämissen oder Bildern aus dem Gedächtnis gefüttert und verglichen mit der Wahrnehmung. Das Ergebnis dieser Operation ist ein Produkt des Denkens. Die Operation selbst ist das Denken.
Zitat Namo:
Ein Handelnder, der nur seinem Denken folgt, kann nicht erkennen; er projiziert nur sein Denken (Glauben) in den anderen
Denken und Glauben sind für mich nicht identisch. Denken ist für mich ein Prozess des Durchleuchtens, Ordnens und Vergleichens von Inhalten, Zuständen etc. Der Glauben und auch das Wissen sind etwas fester, sie sind für mich keine fliessenden Prozesse wie das Denken, sondern sie bestehen aus Inhalten und diese sind Grundlage für Weltbilder.
Wenn Du das siehst, ist das doch OK. Aber ich würde argumentieren, dass das Ordnen oder vergleichen von toten Inhalten ebenso ein Projizieren von Weltbildern ist, wie das projizieren von Inhalten aus dem Glauben.
Zitat Namo:
er projiziert nur sein Denken (Glauben) in den anderen - als ein 'Wir' Bewusstsein und sieht nur das, was der andere handelt mit seinen 'Wir'-Augen.
Ich bin mir (wir sind uns Pluralis majestatix) nicht ganz sicher, was du mit dieser "Wir-Geschichte" genau meinst. Hat das was mit Glaubensgemeinschaften (Religion, Parteien, Vereine etc.) zu tun, in denen ich meine Eigenständigkeit (ich) aufgebe für die Gruppe (wir) - Gemeinsam sind WIR stark?
Es ist ganz einfach. Der Trugschluss ist, dass ein Denken, das von einem 'Wir' ausgeht, in einem sog. 'richtigen Handeln' eine 'Lösung' etc. sieht. Es wird hier dazu auch noch angenommen, dass ein gemeinsames 'richtiges Handeln' dann die Lösung schechthin sei.
Aber ein Handeln aus einem Denken kann
nicht gleichzeitig wahrnehmen. Und Wahrnehmen ist als gemeinsamens Wahrnehmen unmöglich, weil jedes Wahrnehmen ein individueller Prozess ist. Wenn er das nicht wäre, dann würde es ausreichen, dass Du einen Sonnenuntergang wahrnimmst, und beanspruchst, 'wir' haben einen Sonnenuntergang gesehen. Niemand kann sagen, 'Wir erkennen jetzt gemeinsam die Wahrheit des Buddha'. Niemand kann sagen, 'wir wissen nicht wovon Du sprichst'. Denn der, der das sagt, kann nicht wissen, was ein anderer weiß [Thread] über das, wovon ein Sprecher spricht. Es ist ein höchst individueller Prozess, der von dem individuellen Bewustsein abhängt.
Zitat Namo:
Aber es ist ein Trugschluss. Denn wie man erkennnen konnte, ist nur das Wissen von Bedeutung, das durch eigene Erkenntnis gewonnen wurde und nicht durch einen anderen.
Hier treffen (wir) ich und du wieder zusammen. Diese Aussage kann ich voll unterstützen.
Ja, weil jeder von uns es einzeln erkannt hat.
Zitat Namo:
Niemand kann das wissen, das an ein anderer weiss; er kann es nur selbst erkennen und wissen
Genau, was der andere weiß kann ich ihm nur glauben.
Oder es selbst erkennen und wissen.
Zitat Namo:
In der Diskussion über das Wissen ist es deswegen sinnlos, das 'Wir' zu beanspruchen; es ist gleich einer Verachtung des 'Ich' und sein eigenes erkanntes Wissen.
Das würde ich hier nicht so fundamentalistisch sehen. Bei einer Aussage kommt es doch in erster Linie auf den Inhalt und dessen Bedeutung an und nicht so sehr ob ich betimmte (verbotene) Wörter benutzt habe oder nicht.
Nun, hier geht es exakt um den fundamentalen Unterschied zwischen der Notwendigkeit des individuellen Verstehens für die innere (eigene) spirituelle Ordnung
und dem Verstehen der gemeinsamen Äußeren Ordnung (z.B. Natur). In der Natur ist es kein Problem, wenn man sagt, 'Wir' nennen das einen 'Baum'. Aber es ist sehr wohl problematisch, z.B. zu sagen, 'Wir erkennen in uns eine Schuld'.
Mit der aufmerksamen Unterscheidung der inneren und äusseren Ordnung, denke ich, ist es notwendig sehr genau auf die Worte zu achten, weil sie das einzige sind, das dem anderen einen Eindruck über seine Sichtweise ermöglicht.
Zitat Namo:
Erst wenn er das wir vergisst und das Ich und das zu Erkennende weiß, dann kann er auch das verstehen, was der andere erkannt hat und weiss.
Oder: Erst wenn das Wir sich in liebevoller Umarmung durch das Ich auflöst, können wir uns in Harmonie weiterentwickeln.
Oder: Erst wenn das 'Wir' sich auflöst in ein sich selbst die Liebe wahrnehmendes 'Ich',
ist es.
LG
Namo