Wege der Poesie

Herzsterben

Nur scheinbar scheint das Herz zu sterben,
auch wenn es manchmal so erscheint.
Liegt es dir noch so sehr in Scherben,
es lebt, selbst wenn es dir jetzt weint.

Es stirbt dir nicht. Geht nicht zugrunde.
Hängt es in Fetzen auch herab.
Mit jedem Schlage, schließt die Wunde,
bildet an ihr sich eine Naht.

Mag es auch jetzt im Körper schreien.
Dir bluten, wo du so verletzt.
Doch kommen sicher wieder Maien,
wo du das Leben wieder schätzt.

Vielleicht hast du dann überwunden,
was einst für dich so fürchterlich.
Und hast erkannt, nach vielen Stunden,
dass selbst im Schmerz kein Herz zerbricht.

H.G.W.
 
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Allerheiligen

Schwarze Hügel. Glatte Stelen.
Kälte die zum Himmel steigt
und den Hauch der toten Seelen,
nebelgleich wie Schatten treibt.

Zwischen Gräbern Menschen stehen,
flinke Hände die am Werk.
Nur der Schrei der Nebelkrähen,
allenthalb die Ruhe stört.

Manche Träne sich noch findet,
mag sie falsch sein oder nicht.
Jenen, die das Erdreich bindet,
ist’s egal aus ihrer Sicht.

Ihnen ist der Schmerz genommen
und Enttäuschung längst schon fremd.
Was den Lebenden gesponnen,
keinen mehr im Jenseits kränkt.

Nur wer diesseits muss sich plagen,
dessen Weg ist ungewiss.
Einzig sicher lässt sich sagen,
dass das Ziel das Gleiche ist.

H.G.W.
 
Schein und Wirklichkeit

Lass uns dein Farbenspiel erseh’n,
o Herbst, der du dich eingestellt.
Mach alle Wege, die zu geh’n,
ja alle Welt so wunderschön,
wie es dem Sommer sonst gefällt.

Gibt deiner Sonne milder Kraft,
Gebot zu schmeicheln allem Sein.
Damit selbst letzte Blume schafft,
zu leben, eh‘ sie hingerafft,
stellt sich der Morgenfrost erst ein.

Und zeige deines Himmels Blau,
in strahlender Unendlichkeit.
Gewähr‘ es nur, du weißt genau,
dass aller Aufwand, alle Schau,
Chimäre ist für kurze Zeit.

Denn hinter deiner Freundlichkeit,
schon längst der Tod verborgen liegt.
Wie grausam ist doch, dass das Leid,
wie auch die Schönheit dir geweiht,
doch letztlich stets die Trauer siegt.

H.G.W.
 
Leise Ahnung

Noch gibt es sie die Wärme. Noch.
Die Hand, die stets so sanft zu mir.
Allein, es schleichen Zweifel doch,
schon immer mehr in mein Gespür .

Zu vieles zeigt sich schon was stört,
auch wenn die Zeichen noch ganz sacht.
Was einfach nicht ins Bild gehört,
das ich von dir mir stets gemacht.

Das mir, der ich dir so vertraut,
erst langsam ins Bewusstsein dringt,
da ich ja nur darauf geschaut,
ob deine Liebe Glück mir bringt.

Ein Glück, das von mir so erhofft,
doch wie sich zeigt, sich nicht erfüllt,
da wohl dein Herz schon anders pocht,
wo deine Sehnsucht nie gestillt.

So fühle ich, auch wenn du lachst,
den kühlen Hauch des Abschieds schon.
Du gehst, das ist wohl ausgemacht,
längst machst du leise dich davon.


H.G.W.
 
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