oder das hier:
Wir haben in uns sehr viele Informationen gespeichert, die wir durch die "Beauftragung" auf den Stellvertreter übertragen. Da er nichts von den genaueren Umständen weiß, kann sein Verstand nicht verfälschen und die vermittelte Information unverzerrt wiedergeben.
Wenn man einen Widerspruch zu sehen glaubt, kann das auch daran liegen, dass man es nicht oder falsch versteht.
"Informationen" sind nicht die Ereignisse und Personen - sozusagen die "objektive Wahrheit" - selbst. Sie können auch unvollständig etc. sein.
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Danke - das genau ist es, was ich zu verdeutlichen versuche :
Wenn ich zB. jemand mit "meinem Vater" beauftrage - dann steht dort nicht der Vater, wie er objektiv war. Sondern die Verkörperung der Informationen, die in mir (auch unbewusst und deswegen dem Verstand nicht zugänglich) zu meinem Vater gespeichert sind.
Insoferne ist das Bild des "aufgestellten Vaters" wesentlich umfassender, als mein bewusstes und verstandlich formuliertes Vaterbild. Aber er ist noch nicht das 1:1 Abbild des realen Vaters. Daraus ergibt sich ja das Phänomen, dass es unterschiedliche Bilder geben kann, wenn verschiedene Menschen (auch Geschwister) dieselbe Person (zB. Eltern) aufstellen.
Man kann das vielleicht so ausdrücken : Ich stelle den in-mir-wirkenden-Vater auf (meine in mir wirkenden Informationen von ihm) - und nicht den Vater, wie er ist.
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Auch : es ist nicht sinnvoll, einzelne Sätze aus dem Zusammenhang zu reißen. Ganz wichtig ist mir der Text zum Schluß, den ich gerne hier schreibe (um u.a. den mir wichtigen Unterschied zwischen "Wirklichkeit" und "Wahrheit" deutlich zu machen) :
Alles ist anders ...
Als es dem Rabbi Souza erlaubt wurde, nach seinem Tod noch einmal kurz zurückzukommen und zu seinen Schülern zu reden, da sprach er zu ihnen : "Es ist alles ganz anders !" Und nachdem Thomas von Aquin (der grosse Gelehrte des Mittelalters) von Gott berührt worden war, da sagte er : "Alles mein Geschriebenes ist leeres Stroh." Und er schrieb kein einziges weiteres Wort.
Über seelische Erfahrungen zu sprechen ist immer eine Gratwanderung zwischen Treue zur eigenen Erfahrung und Anmaßung.
Wenn wir ernst nehmen, dass die materielle Welt (mit ihren vielfältigen Erscheinungen und Lebewesen) Spiegel, Abbild und Verdichtung der Seelischen Welt ist, dann gleicht die Öffnung für die Seelische Wirklichkeit einer Entdeckungsreise zu einem neuen Kontinent. Wenn wir ernst nehmen, dass die seelische Wirklichkeit die materielle Wirklichkeit formt, bekommen wir eine Ahnung, wie gross unsere Gestaltungsmöglichkeit unseres Lebens ist - und damit auch unsere Selbstverantwortung. Unser seelisches Leben schafft und gestaltet unser alltägliches Leben.
Jedes Leid hat seine Geschichte und jede Lösung braucht ihre Geschichte. In der Aufstellungsarbeit geht es in aller Bescheidenheit darum, die Geschichten zu finden, die befreien. Wirklichkeit ist das, was wirkt. Wenn die Lösung des Konfliktes aus einem Vorleben wirkt und wenn die Lösung von einer Besetzung wirkt - dann sind sie wirklich.
Wie könnten wir glauben, dass wir (in der Begrenztheit unserer Sinne und unserer Wahrnehmung) in der Lage wären, die Seelische Welt umfassend zu erkennen und zu verstehen ? Was uns möglich ist, ist eine Ahnung - wie der uns vom Wind zugewehte Klang einer fernen Melodie. Und das ist schon sehr viel.
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