JohannB
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lesen Sie dieses in Ruhe (und nicht im liegen *schmunzel*) um auch einen Nutzen davon zu haben.
Verzeihen zu lernen ist in der buddhistischen Praxis - seinen Geist reinigen - ein Weg, der nicht nur sich selbst süße Früchte zukommen läßt, verzeihen reicht oft auch tief in unser Umfeld hinein und stiftet, wenn richtig geübt, Frieden selbst an Stellen, die wir nicht vermuten und auch meist nicht sehen.
Wenn so etwas wie eine Schuld entsteht, sucht diese automatisch nach einem Ausgleich, einem Opfer, einem Gestehen. Solange eine Schuld nicht ausgeglichen ist, gibt es keinen Frieden. Dies wirkt in jedem einzelnen System und all diese Systeme sind mit einander verbunden und verknüpft. Es beginnt bei uns als einzelne Person und je nach unserem Dasein, wirken wir oft in vielen verschieden Systemen, Gesellschaften, Gruppen, Familie, Freunden und anderen Kreisen. Jedes dieser einzelnen Systeme hat jedoch eine andere Auffassung von Schuld. Eine Sippe von Wegelagerern, hat seine Regeln von Recht und Schlecht, wie auch eine Gruppe von Balletttänzerinen ihre Regeln haben die einzuhalten sind. In deiner Familie gelten andere Regeln des Benehmens und Verhaltens als in meiner. In diese Ordnungen sind wir hineingewachsen und aus diesen kommen wir, selbst wenn sie uns nicht als richtig erscheinen, nur schwer heraus. Sie dienen nun mal zum Erhalt der Gruppe und sich an die Regeln zu halten versichert uns, unsere Akzeptanz in der Gruppe. Es ist uns auch schwer möglich eine andere Regelung darüber zu ordnen und sie von heute auf morgen als Ersatz zu etablieren. Für uns selber können wir hohe Regeln setzen, für die Gruppe nicht. Ethik und Moral ist etwas, daß in einer Gesellschaft langsam aber stetig, entsprechend den Verhältnissen und dem einzelnen Engagement wächst.
In unserer Gesellschaft ist es seit langer Zeit üblich in Masstäben von Täter und Opfer zu denken. Vielleicht ist es gut, sich anzusehen, was einem zum Täter macht und wie weit man dabei wirklich von Schuld sprechen kann.
Täter in unserer Gesellschaft ist jemand, der den verbreiteten Regeln nicht entspricht, da er mit einer Tat (diese ist grundsätzlich negativ behaftet!) der Norm widersprochen hat. Das macht ihm, oft egal ob es wahr ist oder nicht, nur erzählt, gesehen, oder vermutet, je nach den gängigen Einverständnisabläufen, zum Schuldigen und verlangt nach Ausgleich. Schuld hat verschiedene Tiefen und ist nur so scharf eingrenzbar wie wir die Dinge sehen. Es handelt sich in der Regel um eine zu richtende, angemaßte Schuld, die nur selten der natürlichen Schuld entspricht. Schuld ist ein Resultat aus einer Erwartungshaltung, aus einem Glauben: So muß es sein!... Doch selten befassen wir uns tiefer mit dem was tatsächlich sein muß und tatsächlich ist. So verwenden wir einen mehr und mehr künstlichen Rahmen und behandeln alles darüber hinaus als Untat und Grund zur Schuld.
Manchen mag es hilfreich erscheinen. Vielen erscheint es als der einzige Weg, doch das Gewissen, die Natur ist hier viel subtiler und wie wir es aus Dhammaerklärungen kennen, nimmt Ursache und Wirkung, Kamma, immer ihren natürlichen Lauf.
Täter und Schuldbild, so wie wir sie normalerweise sehen, ist wenn wir es genau betrachten eine Anmassung die nur dem Erhalt und der Erwartung einer Gruppe dient. Meist hat es wenig zu tun damit, wie es wirklich ist. Dazu vielleicht eine kurze Geschichte:
Einst war da ein abgelegenes Dorf. In dem Dorf hatte jede Familie ihre Hunde. Sie wachten über jedes kleine Anwesen, verscheuchten die fremden Kühe und Hühner und folgen mit auf die Jagd. Jedes Haus hatte seine Hunde, sie liefen im Dorf ihren Grenzen entsprechend herum und für ihre Dienste wurden sie mit Essensresten versorgt. Waren sie alt, verletzt oder quälte der Hunger nach Fleisch, waren sie auch auf dem Feuer als Braten zu finden. Sie waren und sind Bestandteil des Dorfes, der Gruppe.
Eines Tages biß der eine Hund ein Kind eines Nachbarn, auch wenn diese stets geschlagen,verhermt und selten Menschen beißen. Das Kind hat ihn wohl zu viel geneckt. Es dauerte nicht lange, da Stand der Vater des Mädchens vor dem Anwesen der Familie des Hundes, mit der Axt in der Hand. Er forderte die warme Leber des Hundes, sonst würde er nicht ruhen. Der Hund war der Familie ans Herz gewachsen und nur schwer brachten sie es, nach drei Tagen umsonst beschwichtigen und überlegen, übers Herz, den Hund zum Schlächter zu bringen. Als dem Mann die Leber überreicht wurde, war im Dorf wieder Ruh.
Ist in diesem Dorf für alle beteiligten nun wirklich Ruh? Ober hat das Tilgen der Schuld - im buddhistischen würde man vielleicht sagen - nur Karma genährt? Keiner weiß wirklich, was zwischen dem Mädchen und dem Hund abgelaufen ist. Ihre kleine Schramme ist längst verheilt. Was wird sein, wenn sich die Sichtweise von Recht im Dorf einmal dreht? Wenn man seine Schuld aus dem Richten und dazu stehen, dulden und übernehmen, irgendwann erkennt? Der Beginn des Verstehens seiner eigenen Taten schmerzt an der Schwelle, bis man sie einsieht, annimmt und versteht. Erst in der Tiefe erkannt, hebt sich das Ungleichgewicht dann wirklich auf.
Wie so ein Richten und Deuten einer Schuld über Jahrtausende wirkt, und anstatt kleiner zu werden, wächst und wächst, können wir zum Beispiel an der Bestrafung Jesus sehen. Keiner weiß wie es sich wirklich zugetragen hat, daß er eines Tages auf dem Kreuz endete. Wie es sich erzählt, war er letztlich wieder am Leben und sogar frei. Doch bis heute hat das Richten daraus kein Ende genommen. Ist doch ironisch, war diese Geschichte als Beispiel des Verzeihens gemeint.
Richten erfüllt keinen erhabenen und edlen Zweck. In Wahrheit gilt es nur seine Ansicht, die Sichtweise der Gruppe zu untermauern und hilft weder Täter noch Opfer auf ihrem weiteren Weg. Und Kamma wirkt.
Buddha hat uns gezeigt, wie wir dieses Rad aus Täter und Opfer, Ursache und Wirkung zum stehen bekommen. Jeder von uns kann dies vorerst nur für sich selbst tun. Einer Tat, die wir nicht ausführen, kann keine folgende entspringen. In dem wir uns in Heilsamen üben mehren wir das Heilsame und in dem wir vom Unheilsamen Abstand nehmen, verhindern wir was daraus folgt. Die Dinge entspringen unserem Geist. Manchmal denken wir jedoch, einiges ist getrennt von uns und unserem Einfluß. Meist hängen diese Haltungen mit jenen zusammen, die wir aus unserem Umfeld übernehmen. Es sind die Haltungen die uns an unsere Gruppe binden. Wenn wir auch oft bereit sind Eigene Motivationen, wenn sie nicht passen, aufzugeben, fällt es uns beim Gruppenzwang schwer. Man nennt das vielleicht falscher Scharm. Es kann uns ja schließlich die Akzeptanz der Gruppe kosten, aus ihrem System heraus sind wir dann vielleicht plötzlich mit schuld.
Das Blatt in der Ansicht wendet sich oft bis zu dem Punkt wo Ansicht zur Einsicht wird. Bis dann hat jede Ansicht und ihr Richten daraus ihre Folgen, und die daraus entstehenden weiteren Blätter verdecken uns weiter und weiter die Sicht. Buddha lehrte uns rechte Sichtweisen zu halten und von falschen nach und nach Abstand zu nehmen.
Ein sicherer erster Schritt dem Gewirr aus den falschen Sichtweisen zu entkommen, liegt darin die Ansichten nicht mehr zu mehren, oder zumindest klar und deutlich diese als Ansicht zu deklarieren. Mit dem Einhalten nichts zu verbreiten, was nicht, oder womöglich nicht der Wahrheit entspricht, verwirkt man schon viel. Mit dieser Haltung, halten wir uns von Anfang an aus dem Entstehen und dem Gewirr aus weiteren Blättern (Ansichten) heraus. Weitere Verwirrung mit der wir etwas zu tun haben, mit all ihren möglichen Folgen, kann nicht mehr entstehen.
Jetzt tragen wir alles nur mehr in uns. Sicher ist es, solange wir noch keine reine Sichtweise haben, manchmal belastend und auch schwer. Gewohnheiten sind wir nun mal gewohnt und es bracht seine Zeit, um sich davon zu entfernen.
Es ist gut sich mit einer ungerechten Sache genau auseinander zu setzen, und zwar in erster Linie, warum sie uns ungerecht erscheint und warum sie uns in diesem Masse belastet. Wenn es sich um etwas handelt, das uns selber betrifft, fällt es uns seltsamer Weise oft nicht so schwer, wie wenn das Unrecht jemand anderen trifft.
Passiert es uns selbst, daß uns etwas unrechtes widerfährt, erkennen wir oft das Blatt und seine zwei Seiten und mit etwas Geduld und Nachsicht können wir es betrachten und beiden Seiten leichter Aufmerksamkeit schenken. Zuerst ist da nur eine Seite, unser Ego unsere Ansicht unser Stolz, atta. Solange wir unsere getrübte Sicht nicht aufgeben, haben wir ein Bild und dieses Bild schmerzt. Haß, Ärger und Groll aber auch Mitleid schmerzen uns und richten sich immer gegen uns selbst. Sie rufen nicht nach einer Expression und einer Vergeltung, daß ist die falsche Sicht, sie sind ein Zeichen, wieder in uns selbst zu sehen. Nicht nur, daß uns das zugestoßen ist, tragen wir es gewöhnlich als Unrecht weiter im Herzen. Es läßt uns leiden und in Wahrheit frißt uns dieses Ver-sehen auf. Selten sehen wir, daß es schon lange vorbei ist und sich die Welt seither schon viele Male gedreht hat. Geht es um einen Zwist, ist es vielleicht sogar so, daß wir die einzigen sind, die diesen noch immer in uns tragen, der Andere hat es vielleicht schon lange verdaut oder längst vergessen. Warum nicht loslassen?
Aber Vorsicht, verdrängen ist in keinem Fall ein guter Weg! Verdrängen löst das Blatt nicht auf. Damit legen wir das Blatt nur zur Seite und unsere Ansicht, wie genau sie auch erfolgt ist, bleibt ohne die Rückseite bestehen. Sich auf die Sichtweise des anderen einzulassen, öffnet uns einen neuen Weg und selbst wenn wir sie ganz und gar nicht verstehen und auch nicht klar sehen, haben wir dennoch einen anderen Blick auf das Blatt. Haben wir alles gut und sorgfältig betrachtet und bleibt uns die Kehrseite dennoch verschlossen, können wir, wenn wir nicht mehr nach Schuld sondern nach Lösungen suchen, einen weiteren Schritt gehen. Desto tiefer wir in das Verständnis von Ursache und Wirkung eingedrungen sind, desto leichter werden wir erkennen, daß das Unrecht, das uns widerfahren ist, bloß eine bittere Frucht unseres Tuns gewesen ist und nicht mehr wieder reift. Jede unheilsame Reaktion darauf wäre nur ein neues Vergehen, als würden wir die Kerne der sauren Frucht beginnen zu sähen. Wenn wir nun jenen betrachten, der diese, uns unrecht erscheinende Tat, ausgeführt hat, und unter dem Aspekt, daß dieser Akt wirklich unheilsam war, können wir die Situation des anderen ganz leicht mit Mitgefühl sehen. Was fürt uns mit dem Verzeihen: Wenn er es gewußt und verstanden hätte, was er tut, hätte er es nicht getan. (Vorsicht: Überheblichkeit und Verdrängen!), schon vorbei ist, steckt bei ihm wahrscheinlich noch fest und ist unter Umständen noch lange nicht vorbei.
Wenn wir Frieden in unserem eigenen Herzen machen und verzeihen, wirkt dieser Akt des Mitgefühls schon subtil und hat positive Wirkung auf den Täter. Vielleicht ist es ab diesem Punkt der Einsicht schon möglich den Täter als Opfer - zukünftiger leidtragender seiner Taten - zu sehen. Nach einer unheilsamen Tat, ab dem Moment wo es geschehen ist, können wir den Täter nunmehr als Opfer sehen und vielleicht endet das Wenden des Blattes hiermit zum letzten Mal.
Fortsetzung:
Verdrängen ist nicht Verzeihen
(eine andere Sicht...?)
(eine andere Sicht...?)
Verzeihen zu lernen ist in der buddhistischen Praxis - seinen Geist reinigen - ein Weg, der nicht nur sich selbst süße Früchte zukommen läßt, verzeihen reicht oft auch tief in unser Umfeld hinein und stiftet, wenn richtig geübt, Frieden selbst an Stellen, die wir nicht vermuten und auch meist nicht sehen.
Wenn so etwas wie eine Schuld entsteht, sucht diese automatisch nach einem Ausgleich, einem Opfer, einem Gestehen. Solange eine Schuld nicht ausgeglichen ist, gibt es keinen Frieden. Dies wirkt in jedem einzelnen System und all diese Systeme sind mit einander verbunden und verknüpft. Es beginnt bei uns als einzelne Person und je nach unserem Dasein, wirken wir oft in vielen verschieden Systemen, Gesellschaften, Gruppen, Familie, Freunden und anderen Kreisen. Jedes dieser einzelnen Systeme hat jedoch eine andere Auffassung von Schuld. Eine Sippe von Wegelagerern, hat seine Regeln von Recht und Schlecht, wie auch eine Gruppe von Balletttänzerinen ihre Regeln haben die einzuhalten sind. In deiner Familie gelten andere Regeln des Benehmens und Verhaltens als in meiner. In diese Ordnungen sind wir hineingewachsen und aus diesen kommen wir, selbst wenn sie uns nicht als richtig erscheinen, nur schwer heraus. Sie dienen nun mal zum Erhalt der Gruppe und sich an die Regeln zu halten versichert uns, unsere Akzeptanz in der Gruppe. Es ist uns auch schwer möglich eine andere Regelung darüber zu ordnen und sie von heute auf morgen als Ersatz zu etablieren. Für uns selber können wir hohe Regeln setzen, für die Gruppe nicht. Ethik und Moral ist etwas, daß in einer Gesellschaft langsam aber stetig, entsprechend den Verhältnissen und dem einzelnen Engagement wächst.
In unserer Gesellschaft ist es seit langer Zeit üblich in Masstäben von Täter und Opfer zu denken. Vielleicht ist es gut, sich anzusehen, was einem zum Täter macht und wie weit man dabei wirklich von Schuld sprechen kann.
Täter in unserer Gesellschaft ist jemand, der den verbreiteten Regeln nicht entspricht, da er mit einer Tat (diese ist grundsätzlich negativ behaftet!) der Norm widersprochen hat. Das macht ihm, oft egal ob es wahr ist oder nicht, nur erzählt, gesehen, oder vermutet, je nach den gängigen Einverständnisabläufen, zum Schuldigen und verlangt nach Ausgleich. Schuld hat verschiedene Tiefen und ist nur so scharf eingrenzbar wie wir die Dinge sehen. Es handelt sich in der Regel um eine zu richtende, angemaßte Schuld, die nur selten der natürlichen Schuld entspricht. Schuld ist ein Resultat aus einer Erwartungshaltung, aus einem Glauben: So muß es sein!... Doch selten befassen wir uns tiefer mit dem was tatsächlich sein muß und tatsächlich ist. So verwenden wir einen mehr und mehr künstlichen Rahmen und behandeln alles darüber hinaus als Untat und Grund zur Schuld.
Manchen mag es hilfreich erscheinen. Vielen erscheint es als der einzige Weg, doch das Gewissen, die Natur ist hier viel subtiler und wie wir es aus Dhammaerklärungen kennen, nimmt Ursache und Wirkung, Kamma, immer ihren natürlichen Lauf.
Täter und Schuldbild, so wie wir sie normalerweise sehen, ist wenn wir es genau betrachten eine Anmassung die nur dem Erhalt und der Erwartung einer Gruppe dient. Meist hat es wenig zu tun damit, wie es wirklich ist. Dazu vielleicht eine kurze Geschichte:
Einst war da ein abgelegenes Dorf. In dem Dorf hatte jede Familie ihre Hunde. Sie wachten über jedes kleine Anwesen, verscheuchten die fremden Kühe und Hühner und folgen mit auf die Jagd. Jedes Haus hatte seine Hunde, sie liefen im Dorf ihren Grenzen entsprechend herum und für ihre Dienste wurden sie mit Essensresten versorgt. Waren sie alt, verletzt oder quälte der Hunger nach Fleisch, waren sie auch auf dem Feuer als Braten zu finden. Sie waren und sind Bestandteil des Dorfes, der Gruppe.
Eines Tages biß der eine Hund ein Kind eines Nachbarn, auch wenn diese stets geschlagen,verhermt und selten Menschen beißen. Das Kind hat ihn wohl zu viel geneckt. Es dauerte nicht lange, da Stand der Vater des Mädchens vor dem Anwesen der Familie des Hundes, mit der Axt in der Hand. Er forderte die warme Leber des Hundes, sonst würde er nicht ruhen. Der Hund war der Familie ans Herz gewachsen und nur schwer brachten sie es, nach drei Tagen umsonst beschwichtigen und überlegen, übers Herz, den Hund zum Schlächter zu bringen. Als dem Mann die Leber überreicht wurde, war im Dorf wieder Ruh.
Ist in diesem Dorf für alle beteiligten nun wirklich Ruh? Ober hat das Tilgen der Schuld - im buddhistischen würde man vielleicht sagen - nur Karma genährt? Keiner weiß wirklich, was zwischen dem Mädchen und dem Hund abgelaufen ist. Ihre kleine Schramme ist längst verheilt. Was wird sein, wenn sich die Sichtweise von Recht im Dorf einmal dreht? Wenn man seine Schuld aus dem Richten und dazu stehen, dulden und übernehmen, irgendwann erkennt? Der Beginn des Verstehens seiner eigenen Taten schmerzt an der Schwelle, bis man sie einsieht, annimmt und versteht. Erst in der Tiefe erkannt, hebt sich das Ungleichgewicht dann wirklich auf.
Wie so ein Richten und Deuten einer Schuld über Jahrtausende wirkt, und anstatt kleiner zu werden, wächst und wächst, können wir zum Beispiel an der Bestrafung Jesus sehen. Keiner weiß wie es sich wirklich zugetragen hat, daß er eines Tages auf dem Kreuz endete. Wie es sich erzählt, war er letztlich wieder am Leben und sogar frei. Doch bis heute hat das Richten daraus kein Ende genommen. Ist doch ironisch, war diese Geschichte als Beispiel des Verzeihens gemeint.
Richten erfüllt keinen erhabenen und edlen Zweck. In Wahrheit gilt es nur seine Ansicht, die Sichtweise der Gruppe zu untermauern und hilft weder Täter noch Opfer auf ihrem weiteren Weg. Und Kamma wirkt.
Buddha hat uns gezeigt, wie wir dieses Rad aus Täter und Opfer, Ursache und Wirkung zum stehen bekommen. Jeder von uns kann dies vorerst nur für sich selbst tun. Einer Tat, die wir nicht ausführen, kann keine folgende entspringen. In dem wir uns in Heilsamen üben mehren wir das Heilsame und in dem wir vom Unheilsamen Abstand nehmen, verhindern wir was daraus folgt. Die Dinge entspringen unserem Geist. Manchmal denken wir jedoch, einiges ist getrennt von uns und unserem Einfluß. Meist hängen diese Haltungen mit jenen zusammen, die wir aus unserem Umfeld übernehmen. Es sind die Haltungen die uns an unsere Gruppe binden. Wenn wir auch oft bereit sind Eigene Motivationen, wenn sie nicht passen, aufzugeben, fällt es uns beim Gruppenzwang schwer. Man nennt das vielleicht falscher Scharm. Es kann uns ja schließlich die Akzeptanz der Gruppe kosten, aus ihrem System heraus sind wir dann vielleicht plötzlich mit schuld.
Das Blatt in der Ansicht wendet sich oft bis zu dem Punkt wo Ansicht zur Einsicht wird. Bis dann hat jede Ansicht und ihr Richten daraus ihre Folgen, und die daraus entstehenden weiteren Blätter verdecken uns weiter und weiter die Sicht. Buddha lehrte uns rechte Sichtweisen zu halten und von falschen nach und nach Abstand zu nehmen.
Ein sicherer erster Schritt dem Gewirr aus den falschen Sichtweisen zu entkommen, liegt darin die Ansichten nicht mehr zu mehren, oder zumindest klar und deutlich diese als Ansicht zu deklarieren. Mit dem Einhalten nichts zu verbreiten, was nicht, oder womöglich nicht der Wahrheit entspricht, verwirkt man schon viel. Mit dieser Haltung, halten wir uns von Anfang an aus dem Entstehen und dem Gewirr aus weiteren Blättern (Ansichten) heraus. Weitere Verwirrung mit der wir etwas zu tun haben, mit all ihren möglichen Folgen, kann nicht mehr entstehen.
Jetzt tragen wir alles nur mehr in uns. Sicher ist es, solange wir noch keine reine Sichtweise haben, manchmal belastend und auch schwer. Gewohnheiten sind wir nun mal gewohnt und es bracht seine Zeit, um sich davon zu entfernen.
Es ist gut sich mit einer ungerechten Sache genau auseinander zu setzen, und zwar in erster Linie, warum sie uns ungerecht erscheint und warum sie uns in diesem Masse belastet. Wenn es sich um etwas handelt, das uns selber betrifft, fällt es uns seltsamer Weise oft nicht so schwer, wie wenn das Unrecht jemand anderen trifft.
Passiert es uns selbst, daß uns etwas unrechtes widerfährt, erkennen wir oft das Blatt und seine zwei Seiten und mit etwas Geduld und Nachsicht können wir es betrachten und beiden Seiten leichter Aufmerksamkeit schenken. Zuerst ist da nur eine Seite, unser Ego unsere Ansicht unser Stolz, atta. Solange wir unsere getrübte Sicht nicht aufgeben, haben wir ein Bild und dieses Bild schmerzt. Haß, Ärger und Groll aber auch Mitleid schmerzen uns und richten sich immer gegen uns selbst. Sie rufen nicht nach einer Expression und einer Vergeltung, daß ist die falsche Sicht, sie sind ein Zeichen, wieder in uns selbst zu sehen. Nicht nur, daß uns das zugestoßen ist, tragen wir es gewöhnlich als Unrecht weiter im Herzen. Es läßt uns leiden und in Wahrheit frißt uns dieses Ver-sehen auf. Selten sehen wir, daß es schon lange vorbei ist und sich die Welt seither schon viele Male gedreht hat. Geht es um einen Zwist, ist es vielleicht sogar so, daß wir die einzigen sind, die diesen noch immer in uns tragen, der Andere hat es vielleicht schon lange verdaut oder längst vergessen. Warum nicht loslassen?
Aber Vorsicht, verdrängen ist in keinem Fall ein guter Weg! Verdrängen löst das Blatt nicht auf. Damit legen wir das Blatt nur zur Seite und unsere Ansicht, wie genau sie auch erfolgt ist, bleibt ohne die Rückseite bestehen. Sich auf die Sichtweise des anderen einzulassen, öffnet uns einen neuen Weg und selbst wenn wir sie ganz und gar nicht verstehen und auch nicht klar sehen, haben wir dennoch einen anderen Blick auf das Blatt. Haben wir alles gut und sorgfältig betrachtet und bleibt uns die Kehrseite dennoch verschlossen, können wir, wenn wir nicht mehr nach Schuld sondern nach Lösungen suchen, einen weiteren Schritt gehen. Desto tiefer wir in das Verständnis von Ursache und Wirkung eingedrungen sind, desto leichter werden wir erkennen, daß das Unrecht, das uns widerfahren ist, bloß eine bittere Frucht unseres Tuns gewesen ist und nicht mehr wieder reift. Jede unheilsame Reaktion darauf wäre nur ein neues Vergehen, als würden wir die Kerne der sauren Frucht beginnen zu sähen. Wenn wir nun jenen betrachten, der diese, uns unrecht erscheinende Tat, ausgeführt hat, und unter dem Aspekt, daß dieser Akt wirklich unheilsam war, können wir die Situation des anderen ganz leicht mit Mitgefühl sehen. Was fürt uns mit dem Verzeihen: Wenn er es gewußt und verstanden hätte, was er tut, hätte er es nicht getan. (Vorsicht: Überheblichkeit und Verdrängen!), schon vorbei ist, steckt bei ihm wahrscheinlich noch fest und ist unter Umständen noch lange nicht vorbei.
Wenn wir Frieden in unserem eigenen Herzen machen und verzeihen, wirkt dieser Akt des Mitgefühls schon subtil und hat positive Wirkung auf den Täter. Vielleicht ist es ab diesem Punkt der Einsicht schon möglich den Täter als Opfer - zukünftiger leidtragender seiner Taten - zu sehen. Nach einer unheilsamen Tat, ab dem Moment wo es geschehen ist, können wir den Täter nunmehr als Opfer sehen und vielleicht endet das Wenden des Blattes hiermit zum letzten Mal.
Fortsetzung: