Verbittert und giftig im Alter

G

Garima

Guest
Liebe Freunde!

Ich möchte Euch heute fragen, ob Ihr das auch kennt. Denn es passiert mir nun zum zweitenmal in meinem Leben:

Meine Mutter ist vor fast 18 Jahren gestorben. Bis kurz vor ihrem Krebs-Tod (mit 70 J.) schien sie geistig absolut normal und helle, so wie früher. Trotzdem passierten in den letzten Jahren vor ihrem Tod mehrfach Situationen, wo ich mich fragte, ob nun sie oder ich durchgeknallt sei. Zum Beispiel lud ich sie zu ihrem eigenen Geburtstag zu mir nach Hause ein (wohnten beide in München, in versch.Stadtteilen). Als es klingelte, drückte ich auf den Türöffner, wir wohnten im 2. Stock. Aber niemand kam hoch. Wir warteten bei geöffneter Wohnungstür. Dann dachten wir, dass es wohl nur ein Werbungsausträger war. Später rief ich bei meiner Mutter an, um zu erfragen, was los sei, warum sie nicht zur vereinbarten Zeit komme. Sie antwortete bissig, dass sie nach Hause gegangen sei, weil ich sie ja nicht hereingelassen habe. Dazu muss gesagt werden, dass unten bei der Haustüre, während ich oben auf den Öffner gedrückt habe, kein Summen zu hören war, weil da was kaputt war. Wenn allerdings gegen die Türe drückte, ging sie auf. Offenbar ging die Türe nicht sofort auf, weil sie im falschen Moment oder zu kurz dagegen gedrückt hatte. Nochmal klingeln kam wohl nicht infrage. :-(

Ich hatte meiner Mutter zuvor nie den Eindruck vermittelt, dass ich sie nicht haben möchte und wir waren in der Zeit zuvor gut miteinander ausgekommen. Sicher gab es zwischen uns auch mal Reibereien, aber dass ich sie an ihrem eigenen Geburtstag einlade und dann nicht in die Wohnung lasse, diese Vorstellung finde ich einfach nur krank. Bis sie starb, passierten noch mehrere ähnliche Vorfälle.

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Nun habe ich seit vier Jahren eine Schwiegermutter. Ich bin die zweite Frau ihres Sohnes und es ist auch meine zweite Ehe. Also habe ich mich recht bemüht, um bei ihr Familienanschluss zu bekommen. Sie ist ziemlich einsam. Ganz offenbar, so sagt es jedenfalls mein Mann, hat sie schon immer mit ihren Schwiegertöchtern so ihre Probleme gehabt, weil sie unheimlich herrschsüchtig ist.

Im vergangenen Herbst nun musste ich ganz dringend in die Kur, sonst wäre ich wohl reif für die Psychiatrie gewesen. Denn mein Mann ist im Sommer notoperiert worden und fast gestorben. Ich hatte deshalb durch die Krankheit meines Mannes irre Überanstrengung, psychisch und körperlich. Meine Schwiegermutter wollte um jeden Preis verhindern, dass ich in die Kur fahre, weil sie offenbar der Meinung ist, ich müsse ihren Sohn pflegen, bis ich tot umfalle. Nachdem sie mir am Telefon mit den haarsträubendsten Argumenten versucht hatte, die Kur auszureden ("Deine Probleme kannst du nur zu Hause lösen!", "fahr' doch im Frühling, wenn es wieder wärmer ist", "Kuren bringen grundsätzlich nie etwas"), habe ich mich einige Monate lang nicht mehr bei ihr gemeldet. Ich hab's einfach nicht gepackt, hab' mich derart lieblos behandelt und in meinen Bedürfnissen missachtet gefühlt.

Nachdem mein Mann nun mehrfach meinte, dass sie so einsam sei (er besucht sie öfter) und dass sie oft davon redet, nun leider keine Schwiegertochter mehr zu haben, habe ich mich breitschlagen lassen und sie wieder angerufen. Es waren drei Monate vergangen. Ich frage freundlich, wie es ihr geht. Sie schimpft nur und sagt, dass sie sich damit abgefunden habe, alleine zu sein und beendet nach einer peinlichen Gesprächspause das Gespräch. Es war deutlich und klar, dass sie mit mir nichts mehr zu tun haben möchte. Über ihren Sohn hat sie auch geschimpft, weil er sich geschlagene vier Tage nicht bei ihr gemeldet hat.

Nicht, dass es mir nun etwas ausmacht, keinen Kontakt mehr zu ihr zu haben, denn es war häufig spannungsgeladen mit dieser dominanten und fordernden Schwiegermutter.

Aber ich frage mich nun langsam, ob sie (und damals auch meine eigene Mutter) vielleicht doch irgendwo im Gehirn nicht mehr alles normal haben. Kann es denn sein, dass die Verkalkung oder etwas Ähnliches so anfallsweise zuschlägt und man ansonsten noch jahrelang ganz normal wirken kann?

Ich weiß, dass man alten Leuten gegenüber nachsichtig sein sollte. Aber ich finde, wenn man schikaniert und lieblos behandelt wird, sollte diese Nachsichtigkeit auch Grenzen haben. Ich bin ja auch nur ein Mensch.:confused:
 
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Hallo Chanda,

Ich sehe aufs erste keinen Zusammenhang zwischen dem Verhalten Deiner Mutter und dem Deiner Schwiegermutter.

Bei dem 70. Geburtstag verstehe ich Deine Mutter und finde Deine Reaktion eigenartig. Wenn sie am 70, Geburtstag bei Dir läutet und KEINE Reaktion kommt, das wird aufs erste einfach eine große Enttäuschung sein. Auch finde ich es seltsam, für jemandem an seinem Geburtstag einfach nur den Türöffner zu betätigen - und keinen Schritt entgegenzugehen. (Naja - und dass jemand mit 70 Jahren nicht alle technischen Raffinessen eines Türöffners intus hat, mein Gott ... .) Du nahmst an, dass es Deine Mutter sei - und bist nicht mal runtergegangen, als sie nicht kam ??? (Sie hätte ja einen Schwächeanfall haben können oder ausgerutscht gewesen sein.) Ihr dann noch vorzuwerfen, dass sie kein zweites Mal geläutet hätte und sie anschließend "bissig" gewesen wäre finde ich kurios. Und dass Du ihr das sogar noch nach ihrem Tod nachträgst ...

Zur Schwiegermutter : ja - oft verstärken sich unangenehme Eigenschaften im Alter. Und natürlich kann es durch Abbau der Gehirnfunktionen zu Persönlichkeitsveränderungen kommen.

Nochmals - die Härte, mit der Du die misslungene Geburtstagsfeier für Deine Mutter schilderst (ohne den geringsten Gedanken : was Du anders hättest machen können), die tut weh.

Gawyrd
 
Hallo,

wenn es dich ein wenig tröstet: Du bist nicht alleine!

Ich frage mich auch oft, wie um Himmels Willen manche Menschen soooo hartherzig sein können. Ich habe noch keine Antwort gefunden. Sie leben offenbar in einer Parallelwelt oder so.
 
Naja, Gawyrd,

ich weiß nicht, was Du Dir in Deiner Fantasie jetzt zusammenreimst!
Ich wohnte im 2. Stockwerk, hatte ein Kleinkind zu bändigen und das Geburtstagsessen auf dem Herd. Außerdem gab es keine Gegensprechanlage. Da meine Mutter nicht das erste Mal bei mir zu Besuch war, hatte ich keine Veranlassung dazu, sie im Erdgeschoss abzuholen. Das war ein Mietshaus, also ich kenne keine Leute, die in einem Mietshaus die Treppen ganz nach unten steigen, wenn die Gäste klingeln. Jedenfalls dann nicht, wenn die Gäste sich bereits im Haus auskennen.

Was die Parallele zwischen der Mutter und der Schwiegermutter angeht, ist die Reaktion meiner Mutter danach am Telefon: Sie war fünfhundertprozentig davon überzeugt, dass ich sie nicht hereinlassen wollte! Ich habe lange mit ihr darüber diskutiert, sie war nicht davon abzubringen, mir Gemeinheit zu unterstellen.
Das nenne ich negativstes Denken. Ich hatte sie eingeladen, es war ihr Geburtstag. Das Enkelkind hat sich so auf die Oma gefreut. Und sie denkt, ich will sie nicht reinlassen. Anstatt einfach nochmal zu klingeln, wenn der Türöffner beim erstenmal nicht so klappt. Ich hatte übrigens mein ganzes Leben lang ein hervorragendes und herzliches Verhältnis zu meiner Mutter!
 
Hallo Handwerkprofis,

das ist es ja, in welcher Welt leben diese Leute? Wenn ich nun genau wüsste, der andere tickt nicht ganz richtig, dann würde ich sagen, okay, ich bin immer darauf vorbereitet, der tickt eben nicht richtig. Aber das Schwierige ist, dass es anscheinend schleichende Krankheiten im Geiste gibt, die nur ganz gelegentlich auftreten.

Gottseidank habe ich noch einen Vater, der mit 86 Jahren im Kopf topfit ist, der klingt wie ein junger Mensch und denkt auch so. Und er kommt nicht auf die Idee, anderen Leuten auf Schritt und Tritt das Negativste zu unterstellen.
 
Wenn sie am 70, Geburtstag bei Dir läutet und KEINE Reaktion kommt, das wird aufs erste einfach eine große Enttäuschung sein.
Naja, aber wenn ich mir vorstelle, ich bin die Eingeladene, es ist ausgemacht, daß ich zu einer bestimmten Zeit komme - und aufs Anläuten gibts keine Reaktion, dann hab ich jetzt schon noch ein paar andere Ideen, drauf zu reagieren.

Ich weiß ja nun nicht, wie ich so mit 70 sein werde, aber ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, daß ich denke "oh die haben mich nicht gehört" (vor allem wenn ich als Oma weiß, es sind Kinder im Haus) oder "vielleicht hab ich nicht richtig auf den Knopf gedrückt" - in beiden Fällen würd ich nocheinmal anläuten, auch mit 70, hoffe ich :). Wenn ich denn tatsächlich vorher immer gut ausgekommen bin mit meinem Kind, dann ist verbittert nach Haus gehen und sich gar nimmer melden schon eher eine Extremreaktion, oder? Ich mein, umgekehrt ist auch gefahren - es hätte ja auch oben in der Wohnung was passiert sein können, das ist in solchen Fällen eigentlich immer mein zweiter Gedanke (eben wiegesagt vor allem wenn ich weiß, da sind Kinder). Damals waren ja die Handys auch noch nicht so gang und gäbe - heut ruf ich den Betreffenden, vor dessen Tür ich steh, ganz einfach an und sag hey halloooo ich steh vor deiner Tür wo bistn :)!

Umgekehrt würd ich, wenn ich Muttern erwarte zum Geburtstag, vielleicht schon mal kurz irgendwo bei einem Fenster rausschauen, wenn sie nicht raufkommt. Hab ich jedenfalls damals bei Oma und Opa immer so gemacht, als wir im 5. Stock wohnten.
 
Hallo Handwerkprofis,

Du, das dürfte einfach Veranlagung sein. Der hat kaum je Sport gemacht, der hat geraucht und nicht übermäßig gesund gegessen.

Als er 70 Jahre alt war, stand er zum erstenmal auf Skiern und hat das noch gelernt. Und jetzt mit 86 hat er sich zum erstenmal im Internet in einem Forum angemeldet!

Man kann sowas natürlich nicht von allen alten Leuten verlangen. Der eine ist so und der andere ist anders oder nicht so fit.
 
Hihi,

mein Vater war ähnlich, leider starb er mit 85 an gebrochenem Herzen - seine letzte Freundin ist kurz vor ihm verstorben.
 
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Hallo Kinnarih,

also, meine kleine Tochter hatte damals schon seit einer halben Stunde am Fenster gesessen und gewartet, die Oma im Anmarsch zu sehen. Sie hatte sie aber nicht sehen können, weil die Oma offenbar in einem nahegelegenen Park auf einer Bank gesessen hatte, bevor sie zum Haus kam.

Ich hatte natürlich auch aus dem Fenster gesehen, als niemand hochkam. Aber da war sie anscheinend schon um die Hausecke verschwunden, ist anscheinend prompt gegangen, als die Türe nicht sofort aufging. Mein Gott, es war halt so eine etwas hektische Situation: Ich wollte schnell das Kaffeewasser anschalten, sie trank so gerne Kaffee, rannte in der Küche hin und her. Ich kam doch überhaupt nicht auf die Idee, dass sie jetzt nicht raufkommen würde.

Ich meine, ich kann natürlich auch verstehen, wenn jemand, der sich schon länger mit seiner Tochter nicht versteht, misstrauisch ist und sich schnell abgewiesen fühlt. Wir hatten zuvor auch schon mal einen längeren Krach, wo danach viele Monate lang Funkstille war. Aber zu der Zeit, wo die Situation, die hier beschrieben wird, spielte, war alles in bester Ordnung zwischen uns.

Meine Mutter hatte früher einmal, in Kriegszeiten, traumatische Dinge erlebt, die sie lebenslänglich ängstlich und misstrauisch machten. Der Punkt ist nur: Zwischen ihr und mir war immer Vertrauen, wir hatten zuvor noch am Telefon gescherzt und gelacht. In so einem Zusammenhang zu denken "die lässt mich jetzt nicht rein", das finde ich halt sehr, sehr merkwürdig. Noch merkwürdiger, dass sie beim Diskutieren danach, sogar noch ein Jahr später, nie mehr davon abgelassen hat, es so zu sehen, dass ich sie nicht reinlassen wollte.

Und weil sie eben ansonsten im Gespräch ganz normal war, dachte ich halt, dass sie vielleicht zeitweilig "Aussetzer" im Kopf hatte, die sie die Realität nicht normal haben wahrnehmen lassen.
 
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