Was für eine Bürde hat der arme Typ zu tragen? Wer will diese Last tragen und wozu? Wer kann einen Anteil daran übernehmen, Dich zu heilen?

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Hierzu fielen mir folgende Gedanken ein: die Liebe wird geteilt, für niemanden stellt es ein Problem dar. Doch das Leid muß stets alleine überwunden werden, da sind sie dann meist alle weg und wollen damit nicht länger etwas zu tun haben. Woran liegt das? Wenn ich das Leid alleine tragen soll, die Last alleine schleppen muß, warum dann nicht auch die Liebe? Warum darf ich die Liebe teilen, sie förmlich aus mir herausschütten, das Leid aber nicht? Warum ist es okay, wenn ich in Flammen aufgehe für jemanden, für die Welt, für mich, aber nicht, wenn ich mit Felsbrocken daher komme?
Ich weiß nicht, ob ich dafür einen passenden Vergleich finde. Doch, vielleicht diesen, den müßtest Du als "Katze" - ähm, "Kater" - eigentlich nachvollziehen können.
Da ist ein Raum, in dem ein Mensch sitzt. Und es befindet sich ein Kätzchen dort. Wie Katzen manchmal so sind, können sie sehr scheu sein. Der Mensch möchte gerne, daß das Kätzchen zu ihm kommt. Die Katze möchte es auch, nur ist sie mißtrauisch, sie weiß die Situation nicht so recht einzuschätzen. Sie hat ein Problem. Der Mensch aber auch. Er will die Katze, die Katze hat Angst.
Jetzt könnte er folgendes tun, er könnte der Katze eine Falle stellen, sie in die Ecke drängen, einen Sack über sie stülpen und einfangen. Dann könnte er sie festhalten und mit Gewalt versuchen, ihr Fell zu berühren. Was wird die Katze wohl tun? Sie wird Panik bekommen, sie wird ihre Krallen ausfahren und alles dafür tun, um sich aus diesem Zwang zu befreien. hat sie dies geschafft, wird sie schnell das Weite suchen und diesen Ort in Zukunft meiden wie die Pest.
Es könnte aber auch anders laufen. Der Mensch bleibt dort, in diesem Raum und überläßt es der Katze, näher zu kommen. Er kann sie locken, kann sich mit Dingen beschäftigen, die die Katze neugierig machen. Es ist dann ganz allein an der Katze, ob sie es schafft, ihre Scheu und Angst zu überwinden. Und da der mensch nicht gleich zupackt, wenn sie nur einmal in seine Nähe kommt, wenn er sie nicht gleich zwanghaft bedrängt, wird sie lernen, daß sie vertauen kann. das ihr nichts geschieht. Es wird vielleicht ein wenig dauern, sie wird vielleicht noch zaghaft zwischen Abstand und Nähe herum schleichen, doch irgendwann wird sie schnurrend auf den Schoß des Menschen springen.
Aus meiner Sicht habe ich erstes erlebt. Und ich war eine sehr scheue Katze. Eine Katze, die in jungen Jahren keine netten Dinge mit den Menschen erlebt hat. Und deswegen eben sehr mißtrauisch. Und je mehr man mich packte und drängte, um so weiter bin ich geflüchtet. Doch Katze und Mensch haben einiges gelernt. Der Mensch hat gelernt, nicht so fordernd zu sein, die Krallen nicht so sehr auf sich persönlich zu beziehen. Die Katze hat gelernt, daß der Mensch es nicht böse gemeint hat. Und sie hat gelernt, daß er nicht weggelaufen ist. Er blieb. Er blieb einfach dort. Das hat sie stutzig gemacht, denn dies vollbrachte bisher niemand. Also versuchte sie auch zu bleiben, nicht wegzurennen. Und wenn, dann doch nicht ganz so weit, nicht ganz so lange. Sie lernte, daß weglaufen nichts bringt. Und sie versuchte auch, DA zu bleiben.
Doch es endete dann eben doch tragisch. Da die Sehnsucht zu groß war, da sie dann doch zu sehr gepackt wurde, überrollt. Da sie den Sturm der Gefühle nicht stand halten konnte. Sie hat die Krallen wieder ausgefahren und der Mensch hat aufgegeben.
Ich würde also schon sagen, daß dieser Mensch einen sehr großen Anteil an meiner heilung übernommen hat. So wie ich auch an seiner, wenn auch auf eine andere Art. Aber vermutlich hat er wohl eben diese gebraucht, sonst - ja, wie war das noch? - hätten wir uns ja nicht angezogen.
Gut, bis hierhin wurde ich getragen, weiter ging es dann nicht. Und darum muß ich jetzt alleine weiter machen. Obgleich es jetzt andere Leute gibt, die mich ein wenig tragen. Oder besser gesagt vielleicht auffangen oder einfach nur festhalten. Wie eine Mutter es tut, wenn ihr Kind die ersten Schritte macht. Laufen lernen muß das Kind irgendwie alleine, ja. Aber die helfenden Hände muß es dazu doch nicht verweigern, oder? Aber richtig, irgendwann muß es auch ohne diese Hände laufen können.
Jetzt könnte ich noch weiter machen. Der Mensch, der sitzen geblieben wäre, der der Katze Zeit gelassen hätte - das wäre ein Mensch gewesen der liebt. Denn ihm wäre es nicht darum gegangen, daß die Katze ihm etwas erfüllen soll. Er wäre nicht ungeduldig geworden, weil er JETZT etwas erfüllt haben möchte. Er hätte gewartet und sich während dessen meinetwegen an sich selbst erfreut. Er wäre auch nicht dort geblieben, weil es seinem Ego schmeichelt, diese Katze zu "heilen", nein er hätte es einfach getan, aus Liebe. Und weil er eben grad dort saß. Oder vielleicht auch, weil er erkannte, wo die Probleme der Katze liegen. Weil er selbst all dies einst erlebt hatte, weil er seinen eigenen Weg in der Katze sah. Oder weil diese Katze nun mal eben seinen Weg kreuzte und er sich damit beschäftigt, was ihm das Leben schenkt, und nicht damit, was ihm das Leben stattdessen lieber schenken sollte. - Verstehst Du was ich meine?
Nun ist es aber so, daß es selten Menschen (oder Katzen

) gibt, die sich selbstverwirklicht haben. Die es geschafft haben, sich selbst zu genügen, sich selbst zu lieben, alles gleichermaßen zu lieben. D.h. die meisten entwickeln sich erst, entdecken sich erst, schälen sich aus ihren Hüllen der Ängste und Verhaftungen. Und während diesen Prozessen lernen sie voneinander, leiden sie wegen sich und den anderen, lieben sie und verlieben sich. Wie soll es sonst funktionieren? Von nichts kommt nichts. Es muß Impulse geben, es muß das Leid geben - bis zu einem bestimmten Punkt. Bis man es eben nicht mehr braucht. Und ich denke nicht, daß es Menschen gibt, die ohne Ängste geboren werden, oder die keine Ängste entwickelten, die nicht durch ihre eigene innere Hölle mußten, bis sie endlich begriffen haben.
Scheinbar ist es auch so, daß wir immer erst durch einen anderen erfahren, was Liebe ist. Dann können wir uns darin üben, uns selbst zu lieben.
Ja. Du sagst einfach nur: Raus! Oder Du verkriechst Dich Dein Schneckenhäuschen und Mauerst die Öffnung zu hihi.
So tat ich es einst. So tue ich es jetzt aber nicht mehr. Ich sage vielleicht "raus", wenn es mir echt zu viel wird, wenn da soviel Gefühl (?) ankommt, daß es mich umwirft. So viel eigene innere Angst. Aber mittlerweile komme ich wieder rausgekrochen. Das war eine der positiven Dinge, die ich mitnehmen konnte und die ich jetzt anwenden kann.
Klar wird Nähe gewollt. Aber das muss nicht fordernd sein. Es kann ja ein Wollen sein. Und schauen, was der andere macht und wenn er so gar nicht will, dann kann man ja schauen, wie man damit umgeht. Ohne anzufangen es zu fordern.
Dazu darf man der Nähe dann aber nicht verhaftet sein. Sonst wird man regelrecht durchdrehen. So, wie der sexualtrieb zuschlägt, wenn er zu mächtig wird. Ich denke wenn man diesem noch unterworfen ist, kann man auch nicht bedingungslos lieben. Liebt man überhaupt bedingungslos, wenn man Nähe braucht? Ich stelle es mir eher so vor, daß man in Eigenextase lebt, ohne das ein anderer überhaupt etwas erfüllen muß. Nicht mal die Liebe. Auch keine körperliche Nähe. Denn solange dies der Fall ist, handelt es sich doch noch um Abhängigkeiten. Die fangen schon da an, daß man nur mit Menschen das Bett teilt, die man äußerlich attraktiv findet. Wirkliche Liebe schaut dahinter, denke ich. Es gibt dann keine Unterschiede mehr zwischen Bettler und Millionär und Nachbar und Nachbars Hund.
Nicht ganz. Selbst wenn ich wollen würde: ich KANN nicht. Ich würde die Forderungen ja erfüllen wollen - zumindest, wenn es "normale" Forderungen sind. Aber es geht nicht. Weiß nicht, wie ich es Dir erklären soll. Wollen und Können sind zwei unterschiedliche Dinge. Es geht weniger darum, daß ich nicht wollen will. Ich möchte, aber es geht nicht.
Siehst Du auch was ich sehe?
Nein, hier sehe ich nicht.