Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe in eine Familie zu inkarnieren, in der ich mir wie ein Fremdkörper vorkomme...
Zwar habe ich zu allen ein entspanntes Verhältnis, aber so richtig was miteinander anfangen konnten wir noch nie, von den Interessen her. Mein Stiefvater war ein sehr sportlicher Mensch, meine Mutter ist sehr handwerklich begabt, und ich schon als Kind eine musikbegeisterte, malende, traumtänzelnde Leseratte. Gelesen wurde in unserer Familie nie viel, für solche Dinge wie Kunst und Literatur hatte man wenig Sinn und wohl auch oft einfach keine Zeit.
Manchmal frage ich mich, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich mir eine Künstlerfamilie für diese Inkarnation ausgesucht hätte... vielleicht hätte ich dann tatsächlich Gesangs- und/oder Tanzstunden genommen oder hätte meine Mal-und Zeichenambitionen ausgebaut, hätte frühzeitig eine künstlerische Laufbahn eingeschlagen und müßte mich nicht heute noch fragen, wohin mein Weg denn eigentlich gehen soll und was meine wahre Berufung ist?
Aber irgendeine Bewandtnis muß es ja haben, daß ich ausgerechnet in eine Familie inkarniert bin, die mit derlei Ambitionen so gar nichts anfangen kann...
Lustigerweise fällt mir in der Nachbetrachtung auf, daß ich aber trotz meines so "unmusischen" familiären Hintergrundes schon immer Menschen angezogen habe, die indirekt oder auch direkt mit einem musisch/künstlerischen Umfeld in Verbindung standen. So waren die Eltern einer Schulfreundin Turniertänzer (ich bewunderte immer die Tanzkleider der Mutter, wenn ich dort war
), oder der Vater einer späteren Freundin Musiker beim Theater. Zwei meiner Liebschaften aus späterer Teeniezeit waren Musiker, einer Maler und Lebenskünstler und ein weiterer neben seinem "bürgerlichen" Beruf Fotograf mit einem sehr professionellen Studio... dann von 20 bis 28 der "Abstieg in die Unterwelt", eine Phase in der ich teilweise den Kontakt zu meiner Familie ganz abgebrochen hatte (weil ich ihnen mein damaliges Elend nicht zumuten wollte), Ende 20 der Wiederaufstieg und Einstieg ins politische Leben - in dem dann schnell wieder Kontakte zu Leuten aufkamen, die in der Öffentlichkeit standen, als politische Akteure oder Publizisten, und heute wiederum zieht es mich erneut in Künstlerkreise (die diesmal auch eine weltanschauliche Prägung haben)... eine Odyssee des Lebens, die so mit dem, was in meiner Familie bisher vorgekommen ist, überhaupt nicht konform ist.
Ich weiß gar nicht, worüber ich mich mit meiner Verwandtschaft unterhalten soll, auch wenn ich mich freue, sie 1-2x im Jahr wiederzusehen (z. B. weihnachten..) . Aber wenn ich länger dort bin, geht mir der Gesprächsstoff aus, da meine Interessen so verschieden sind von den Ihren, als käme ich von einem anderen Stern.