Sexspiele mit Kindern
Eine Aussteigerin aus der Wankmiller-Sekte hat inzwischen als Erste den Gang an die Öffentlichkeit gewagt. Der Missbrauch an ihren zwei Töchtern hat Elke Schmidt den Mut zum Handeln gegeben. Sie erstattete Anzeige gegen Alfred L., der vergangene Woche vom Amtsgericht Kempten zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden ist. Der vorbestrafte Franke, der als Koch bei der Sekte tätig war, hatte Mädchen zwischen fünf und 14 Jahren zu Sexspielen aufgefordert.
Weil er geständig war, kam er mit einem relativ milden Urteil davon. Die Bevölkerung ist entsetzt. "Wie kann man dem einschlägig vorbestraften Mann nur zweieinhalb Jahre geben? Alfred L. ist ein Wiederholungstäter", empört sich eine Füssener Bürgerin, "wenn es mein Kind wäre, wüsste ich, was ich mit ihm machen würde ..."
Die Wankmiller-Sekte war wegen vermuteter Sex-Orgien schon öfter in die Schlagzeilen geraten, auch Kindesmissbrauch und Drogenkonsum wurden ihr vorgeworfen. Dieses Mal hofften die Gegner von Wankmiller, der Sekte einen Schlag zu versetzen. Doch das Gericht schloss einen Zusammenhang mit dem Füssener "Sex-Guru" Wolfgang Wankmiller aus. Alfred L. sagte aus, nicht der Sekte anzugehören, und das Gericht glaubte ihm. "Er ist Mitglied der Sekte", verrät hingegen Schmidt, die mitbekommen hat, dass sich der Päderast nicht nur an ihre Kinder herangemacht hat. Schlittenbauer liegen inzwischen Beweise aus internen Kreisen der Sekte vor, die bestätigen, dass Alfred L. Mitglied des Clans war.
Die Mütter der anderen Mädchen, zwei Rechtsanwältinnen aus Füssen und Mitglieder der Sekte, verzichteten jedoch auf eine Anzeige. Bedenklich finden es Wankmiller-Gegner wie Schlittenbauer, der sich seit einem Jahr um Aussteiger kümmert und den Verein "Sektenausstieg Allgäu" gegründet hat, dass das Umfeld der Sekte bei dem Prozess nicht berücksichtigt worden ist. "Das hätte sich jederzeit an jedem Ort abspielen können", sagt der Vorsitzende Richter Gerhard Dambeck dazu.
Die Staatsanwaltschaft in Kempten hat das Umfeld der Sekte im Prozess gegen Alfred L. nicht untersucht, "weil es für die Strafverfolgung keine Rolle gespielt hat", berichtet der Leitende Oberstaatsanwalt Günther Meltendorf. "Nach unserem Erkenntnisstand hat keiner von der Sekte etwas mitbekommen", antwortet er auf die Frage, ob nach Mitwissern der Kindesmisshandlung gesucht werde, die sich unterlassener Hilfeleistung schuldig gemacht haben könnten. Auch den Enthüllungen des Aussteigers Euclides Granados auf SATÔ1 will die Staatsanwaltschaft nicht nachgehen. Granados hatte in dem Fernsehsender behauptet, dass Wankmiller ein Krimineller und bei den Sex-Orgien in Anwesenheit von Kindern dabei gewesen sei. Außerdem sprach er über die brutalen Erziehungsmaßnahmen der Sekte. "Wir werden diesen Mann noch vernehmen", erklärt Meltendorf.
Eine große Enttäuschung für die Zeugin, die es gewagt hat auszusagen. Sie hatte erwartet, dass der Dunstkreis des Täters von der Staatsanwaltschaft unter die Lupe genommen wird. Jetzt lebt sie in großer Angst. Ihre Töchter werden in der Schule subtil von Mitschülern, deren Eltern zur Sekte gehören, bespuckt, eingeschüchtert und auf Gefahren als Folge des Ausstiegs der Mutter aufmerksam gemacht. "Was glaubst, was passieren könnte, wenn du den Bus verpasst?", wurde eine Tochter in der Schule gefragt. Seitdem holt Schmidt ihre Kinder selber ab.