Sind wir unserem Schicksall, Hellsehern und Tarot-Karten ausgeliefert?

Sind wir unserem Schicksall, Hellsehern und Tarot-Karten ausgeliefert?
Da sind drei Fragen in eine hineingepackt, und es ist unmöglich, das in einer zusammenfassenden Antwort zu behandeln.

Schicksal: Im Prinzip sehe ich das auch so wie Christoph (wir schöpfen ja auch zum Teil aus gleichen Quellen), im Detail sehe ich es vielleicht anders. Aber erst mal zum Wort Schicksal, ich schätze da sehr, was Thorwald Detlevsen da in "Schicksal und Chance" zusammengetragen hat: Der Wortteil "Sal" stammt vom lateinischen "Salus" ab, was soviel wie "Heil, Wohlergehen, Gesundheit" bedeutet. Und "Heil" wiederum hat mit dem englischen "whole" die Wurzel gemeinsam, es geht ums Ganze: Gesund, in Ordnung sind wir dann, wenn wir harmonisch ganzheitlich eingebettet sind. Das Schick-Sal ist in dem Sinn also das geschickte Heil...

Nun fühlt es sich selten auf Anhieb so an. Das mag zum Teil daran liegen, dass wir nur dann von Schicksal sprechen, wenn es um Extreme geht, wenn etwas als Widerstand in unser Leben einbricht oder wenn sich etwas besonders Schönes ereignet, eine große Liebe zum Beispiel. Schicksal geschieht aber immer, auch im Alltag. Und es sind viel eher die Schmetterlingsflügel der kleinen Schritte, die uns irgendwann den großen Tornado des Schicksals bringen.

Ein Bild für die Ordnungen des Schicksals liefert uns die Astrologie. Ich betrachte die höchst individuelle Anordnung der archetypischen Elemente eines Geburtshoroskops gern als „astrogenetischen Code“ – wenn unser genetischer Code die Rahmenbedingungen für unser dreidimensionales Werden prägt, so beschreibt das Horoskop zusätzlich noch unsere Einbettung in Zeitqualität, in die vierte Dimension. Und vieles, was sich in anderen Schau-Bildern, zum Beispiel in den wissenden Feldern von Aufstellungen, zeigt, bildet sich auch in Horoskopen ab (wobei zum Geburtshoroskop dann noch weitere astrologische Verfahren hinzukommen, die weitere Schichten von Zeitqualität erschließen).

Es sieht also auf den ersten Blick so aus, als wäre alles „vor-geschrieben“, als wäre es wirklich ein unentrinnbares Schicksal. Beim genaueren Hinsehen aber – und das gebietet meines Erachtens der Respekt – können wir erkennen, dass es eine unendlich große Bandbreite an Möglichkeiten gibt, dieses Vor-Geschriebene zu leben. Noch einmal eine Anlehnung an Detlevsen: Wenn der archetypische Konflikt „Energie gegen Widerstand“ vorgeschrieben erscheint, kann das der entscheidende Handkantenschlag sein, der den Karatekämpfer zum Weltmeister macht, oder aber ein Unfall mit Auto gegen Brückenpfeiler.

Wie wir mit dieser großen Bandbreite unseres Handlungsvermögens umgehen, ist auch dadurch beeinflusst, in welcher Weise wir in die Ordnungen der uns umgebenden systemischen Zwiebelschichten eingebettet sind. Andersrum gesagt: Es spielt auch eine Rolle, wie unsere Vorfahren und andere, für uns maßgebliche (im Wortsinn: ein Maß gebend) Personen ihre Bandbreiten gelebt haben.

Diese Verbindungen zeigen sich eindrucksvoll in den wissenden Feldern von systemischen Aufstellungen, und ich erlebe dort immer wieder, wie „Wunder geschehen“ – nämlich dann, wenn „es“ Menschen wie Scheuklappen von den Augen fällt und Einsicht – ganz direkt durch Hinschauen auf das, was sich zeigt – eine neue Ein-Ordnung erlaubt.

Vielleicht ist das unser freier Wille: Annehmen, was ist. Wenn uns das „Schicksal“ Sturm ins Gesicht bläst, dann sind wir vermutlich auf einem Kurs, auf dem uns der Gegenwind etwas zu sagen hätte, wo er „geschicktes Heil“ bedeuten kann, wenn wir ihn als solches nehmen und nicht als lästiges, zu bekämpfendes Hindernis. Wenn eine gute Brise unsere Segel füllt und uns vorantreibt, fällt es freilich leichter, das Schicksal zu nehmen. Leben und mit dem „freien Willen“ umgehen hat viel mit solcher Kursbestimmung zu tun, meine ich. Und noch nie ist ein Seemann an sein Ziel gelangt, wenn er als Ausgangspunkt seiner Navigation statt des Punktes, an dem er sich tatsächlich befand, den Punkt wählte, an dem er gern gewesen wäre...

Ausgeliefert dem Schicksal? Das ist gleichbedeutend mit der Frage, ob wir uns selbst ausgeliefert sind. Meine Frage wäre eher, wie es mir gelingen kann, meine Freundschaft mit meinem Schicksal zu vertiefen.

Ausgeliefert den Karten? Freilich – wenn ich den Karten Macht über mich gebe.

Es gibt solche und solche Karten, und ich spreche hier über den Tarot; über andere Karten weiß ich noch weniger. Mit Karten zu arbeiten hat überhaupt nur dann einen Sinn, wenn wir als Voraussetzung akzeptieren, dass es keinen Zufall gibt. Das Ziehen einer Karte hat zunächst einmal den gleichen Aussagewert wie irgendetwas Anderes, das mir „zufällig“ gerade begegnet oder passiert – die Karten haben nur den Vorteil, dass sie in einer uralten Tradition „sprechend“ geworden sind, dass sie, wie auch die Astrologie, Zeitqualität strukturieren und sie in Bilder übersetzen – Bilder einer an sich nicht abbildbaren Wirklichkeitsebene. Bilder, wie sich auch die Träume archetypischer Bilder bedienen, die unser Unbewusstes malt, um unser Bewusstsein zu erreichen.

Im Tarot bilden sich die in Jahrtausenden wurzelnden archetypischen systemischen Bezüge ab, wie sie auch die Grundlage der Kabbala bilden. Die 22 Karten der Großen Arkana entsprechen den 22 Verbindungswegen zwischen den 10 Sefirot... über jede Stunde, jeden Tag unseres Lebens lässt sich auch dieser Raster uralten Wissens legen, und mit dem Ziehen und Legen der Karten erhalten wir einen Impuls, einen Akzent, eine Richtung, eine Wegweisung. Der Flügelschlag eines Schmetterlings... es ist nicht der gleiche Tag und es werden nicht die gleichen Folgen sein, die dieser Tag zeitigt, ob ich nun mit Wissen und Wollen am Morgen eine Tageskarte aus dem Tarot gezogen habe oder nicht.

Ich könnte auch „Bücher stechen“ und „blindlings“ eine Stelle aus der Bibel, aus dem Koran, aus dem Tao Te-King, aus ... aufschlagen. Ich kann, wie es religiöse Traditionen vorschlagen, den Tag durch Gebete strukturieren. Wie auch immer, es gibt meinem Tag etwas Besonderes. Es mag Schick-Sal sein, gesandtes Heil.

Etwas ganz anderes ist die Hellseherei aus Karten (oder auch das Erstellen von Prognosen aus Horoskopen): Selbst wenn manche Verfahren möglicherweise aus der Extrapolation der gegebenen Ordnung einen Einblick in die Strukturen künftiger Zeitqualität erlauben mögen, so bedeutet das noch keineswegs, dass sich dabei auch konkretes Geschehen abzeichnet.

Die Beschreibung künftiger Zeitqualität allein ist ja keine Kunst. Prognose ist die Vorhersage des Eintreffens bestimmter Ereignisse. Und auch das scheint oft keine Kunst zu sein: Auch in Aufstellungen zeigt sich im wissenden Feld häufig eine Dynamik, die zur Prognosen verleiten könnte – wenn wir wissen, wie sich jemand bisher verhalten hat, können wir mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit annehmen, dass er sich unter bestimmten Gegebenheiten so und so verhalten wird. Und dann erleben wir in der Aufstellung, wie ein kleiner Augenblick, wirklich vielleicht nur ein Zwinkern, alles anders werden lässt. Und wir können nicht einmal sagen, ob nun wirklich alles anders ist. Wir können es nur dem überlassen, der hinschaut. Und auch dem, der angeschaut wird.

Die Kunst, das zu lesen, oder Teile davon zu lesen, was an einem Menschen ist, respektiere ich sehr. Und das in Demut zu spiegeln und einzuladen, dass der andere in diesen Spiegel blicken und sich „mit anderen Augen“ sehen möge, vielleicht Einsicht gewinnen möge – schön, wo das gelingt. Das betrachte ich nicht als Hellseherei.

Hellsehen hat für mich den Charakter des Einsperrens. Es hat mit dem „magischen“ Akt des Benennens zu tun. Wenn ich einem Kommenden erst einmal einen Namen gegeben habe, ist es schon Wirklichkeit geworden, wirkt es schon. Dann trage ich es in mir als Begriff, und es wird meine Hoffnungen oder Ängste prägen. Abhängig? Das hängt davon ab, wo es bei mir einklinkt. Wenn ich es gern glauben möchte, wird es mich jenseits aller Vernunft bewegen (Ähnliches gelingt ja den staatliche legalisierten Abzockern der Lotteriegesellschaften wöchentlich mit dem allergrößten Erfolg). Wenn es meine Ängste verstärkt, wird es meine Abwehrmechanismen herausfordern und vielleicht das Schick-Sal dazu bewegen, nun mit noch größerer Wucht das durchbrechen zu wollen, was ich gegen es errichtet habe... und wenn ich ihm keine Bedeutung gebe, kann ich es mir auch gleich sparen.

Wenn mich Menschen nach Prognosen fragen, lade ich sie gern ein zu beschreiben, wie denn ihren kühnsten Erwartungen gemäß ein Wunder beschaffen sein könnte, das ihrem Leben eine gute Wendung gäbe. Daran mag sich ein Gespräch knüpfen, welche kleinen Schritte uns auf dem langen Weg zu diesem Wunder ein wenig weiterbringen können.

Alles Liebe, Jake
 
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Hallo Zusammen!

Ich würde niemals zu einem Hellseher gehen u. mir meine Zukunft vorraussagen lassen. Die Aufgaben die ich zu lösen habe werden sowieso auf mich zukommen.Wüßte ich was alles auf mich zukommt,würde ich verschieden Sachen vielleicht anders machen,aber sicher nicht immer besser.Oder ich würde mich meinem Schicksal ergeben u. sagen nun den, das ist mir vorrausgesagt so soll es sein.
Jeder reagiert auf solche Vorraussagen anders.Vielen Leuten dienen sie vielleicht zur Orientierung,mich würden sie verunsichern u. auch hemmen.
Aber ob oder ob nicht muß jeder selbst entscheiden.

Alles Liebe
mairin
 
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