Selbstverwirklichung und die Notwendigkeit der Unterscheidung

Andererseits scheint mir niemand hier etwas Sinnvolles in der Verwirklichung eines Ego im allgemeinsprachlichen, eher negativ konnotierten Sinne zu sehen.
Du sprichst von Dir selbst.
Ich habe geschrieben, dass es im Leben eines Menschen zuerst um Ego-Meisterschaft geht.
Was sollte daran "negativ" sein?
Ich empfinde es als sinnvoll Ego-Meisterin zu sein.
Das beinhaltet einerseits das Ego ausgelebt zu haben, diese Leben erfahren zu haben, satt zu sein, egosatt ... und dabei auch zu erfahren, was wem nützt, was die Kollateralschäden waren/sind ...
Also blieben erstens das Ego im Sinne des sich selbst bewussten Selbst, das sich als konsistent wahrnimmt mit all seinen Gedanken, Erinnerungen usw. Dessen Verwirklichung wären dann individuell zu betrachten und würde meiner Ansicht nach ein Leben nach den eigenen Werten bedeuten.
Das Ego ist der Kapitän des Schiffes "Körper" ... es hat den Körper zu bewahren und an das Ziel zu bringen, den die Reederei ihn beauftragt hat, zu erreichen ...

Das Ego ist ein Teil, nicht das Ganze.
Ego ist kein Ganzes. Es ist ein Aspekt unseres Seins.
Alle Aspekte unseres Seins sind wichtig und richtig.
Alle Aspekte/Facetten unseres Seins können fehlinterpretiert und falsch ausgeführt werden.
Fehler dienen dem Lernen.
Lernen dient dem Leben.
Das Leben dient dem Sein.

Niemand lebt hier nach eigenen Werten. Alle leben nach von der Gesellschaft vorgeschriebenen Werten. Isso. 🤷‍♀️

DAS ist ja das Problem mit dem Ego. Es ist einerseits überangepasst und andererseits rebellisch.
Die Rebellion entsteht aus der erzwungenen Überanpassung. Das Ego hat sich an die eigene Seele anzupassen und nicht an gesellschaftliche Vorgaben. DAS ist das Problem.

Die Gesellschaft erzwingt eine seelenlose Konsistenz und das Ego wird dort hineingezwungen.
Das Ego sollte aber konsistent den Seelenwillen verwirklichen und dafür ist das Ego da: Deinen Seelenwillen durchzubringen, ganz egoistisch.

Weiter geht dann die zweite Bedeutung, nach der dieses als konsistent wahrgenommenes Selbst bloß eine Illusion ist, da es gar keine klar umrissenen Grenzen zur "Außenwelt" hat und nur als Teil eines größeren Ganzen zu verstehen ist. Das ist dann eine metaphysische/religiöse/mystische Sichtweise.
Das Wort Illusion hat keine konsistente Bedeutung.
Illusion wird üblicherweise aus dem Buddhismus übernommen und fehlinterpretiert.
Ohne es in Deinen Worten klar auszudrücken ist das Wort Illusion ein leeres Kofferwort für nix.

Mein Vorschlag wäre, sofern nicht jemand das ganz anders sieht, diese beiden (zusammengefassten) Positionen gegeneinander zu stellen. Was haltet ihr davon? (ich glaube ansonsten haut jeder nur eine neue Sichtweise oder Definition raus)

Gegeneinanderstellen ist gestern.
Alle Sichtweisen zu vereinen, weil alle Sichtweisen einen Teil der Wahrheit sehen, das gefällt mir.
Mir liegt auch daran, das auszusieben, was an den Sichtweisen unklar ist, nebelig ...
 
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Was das Ego betrifft, hast du mich missverstanden. Diese Bedeutung des Egos wollte ich nicht negieren. Vielmehr die allgemeinsprachliche, wo Ego wie zuvor einige geschrieben hatten, ja eher negativ wie ausschließlich auf sich selbst bezogen genutzt wird.
Mit gegeneinander stellen wollte ich auch keinesfalls ausschließen, dass es dabei zu einer Synthese kommt. Ganz im Gegenteil. Ich dachte nur, es wäre sinnvoll, sich auf die beiden Aspekte zu beschränken, anstatt Selbstverwirklichung nur als ganz plakativ dieses midlifecrisis ich erfinde mich jetzt neu weil ich frustriert bin zu bequatschen.
Was die Illusion betrifft, hast du Recht, dass ich es hier sehr vereinfacht dargestellt hab.
Was du mit Seelenwillen bescheibst, würde ich leben nach den eigenen Werten nennen. Dafür muss man natürlich erst einmal herausfinden, was die "eigenen" Werte sind, also die, die dem eigenen Wesen entsprechen. Ich glaube, um alle Sichtweisen zu vereinen, muss man auch eine gemeinsame Sprache finden. Den Ansatz find ich aber super. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass es oft sogar hilft, Dinge erst gegeneinander zu stellen, um dann zu merken dass sie sich vereinen lassen. Aber ist natürlich nur mein Ansatz.
 
Sogar die Seele ist noch egoorientiert.
In der Evolution heisst Selbstverwirklichung daß alle sich durchsetzen sollen um an ihr Seelenziel zu kommen. Alles basiert eben auf Evolution und ihren Inhalten.
Und wenn jeder sich durchsetzen will und soll dann haben wir eben Wettbewerb und Konkurieren. Siehe Sport und Leistung.
Selbstverwirklichung ist auch eine sportliche Egoleistung.
 
Sogar die Seele ist noch egoorientiert.
Quatsch!
Das Ego ist – wenn überhaupt – an der Seele ausgerichtet (orientiert).
Alles basiert eben auf Evolution
Für Dich vermutlich ein Axiom. Für mich nur die halbe Wahrheit.
Und wenn jeder sich durchsetzen will und soll dann haben wir eben Wettbewerb und Konkurieren.
Wieder so ein Kurz-Schluss. Nö.
Putin denkt so, ja. Aber nicht jeder ist Putin.
Wenn es wahr wäre, was Du schreibst, dürfte es niemals nie nicht eine Mutter Theresa geben noch jemals gegeben haben.
Selbstverwirklichung ist auch eine sportliche Egoleistung.
Wenn Du die Sätze vorher nicht geschrieben hättest, hätte jemand vermuten können, dass Du recht hast.
Wenn das Ego all seine Egotrips hinter sich hat, satt in seinem So-Sein sitzt, dann kann das Ego der Seele dienen. Die Seele ist der Chefkoordinator des Seins als individueller Mensch auf diesem Planeten, die Seele hat einen Plan und alle Mittel diesen Plan zu erreichen – notfalls gegen das ihr zur Seite gestellte Ego.
Wenn das Ego der Seele dient, dann ist Selbst=Seelenverwirklichung, für das Ego eine sportliche Leistung.
Wenn das Ego der Seele nicht dient, dann ist die Selbst=Seelenverwirklichung für die Seele eine sportliche Leistung.
 
Was bedeutet denn für dich Egoismus? Ist es egoistisch, sich für etwas aufzuopfern, weil man daran glaubt oder weil die Handlung dem entspricht, wie man sich selbst sehen möchte bzw von anderen gesehen werden möchte?
 
Wie ist denn dein aktueller Stand bezgl. Ego und Seele Verhältnis ? Kannst du schon ohne Egoismus das Leben so leben daß die Seele das ok findet ?
Mein Ego soll ja ganz egoistisch leben, was meine Seele will.
Das Ego will den Seelenwillen. Das ist das Ziel.
Ich bin auf dem Weg und am Anfang, am Beginn.
Ich bin schon froh, dass ich das kapiere. Aber: ich habs. Für mich. Verstanden.
Jetzt kommt die Umsetzung und ich hab noch genügend Trampelpfade der alten destruktiven Gedanken in meinen Synapsen. Isso. :whistle::confused::cool::eek:o_O:rolleyes::ROFLMAO::love::p:whistle:
 
Ist es egoistisch, sich für etwas aufzuopfern
Immer, ja, im alten Sinne Egoismus des Egos fürs Ego.
Die Seele will Einsatz (vom Ego), aber keine Aufopferung.
Die Seele will Opfer (vom Ego), aber keine Aufopferung.
Keine Aufopferung für egal was: mich, andere, anderes ...
Keine Aufopferung für irgendeine Maske ...
...
 
Seit meinem ersten eröffnenden Beitrag ist ja eine wirklich interessante Diskussion entstanden, wo noch einige weitere Aspekte von Selbstverwirklichung hinzugefügt wurden.

Hallo Rita,
ist es richtig sich nicht mit dem Körper zu identifizieren um zum wahren Selbst zu gelangen ?
Wie kann man zu seinem wahren Selbst gelangen ohne sich zu identifizieren ?
Bezüglich „die individuelle Seele, die sich mit dem Körper identifiziert“, ist es interessant, sich die wörtliche Bedeutung von „sich mit etwas identifizieren“ genauer anzusehen. Das Wort kommt von lat. „idem“ = derselbe und „facere“ = machen, d.h. wörtlich bedeutet „identifizieren“ so viel wie „gleichsetzen“. Sich nicht mit dem Körper zu identifizieren heißt dann also, dass sich das Selbst / die Seele nicht mit dem Körper gleichsetzt. Die Seele / Das Selbst wird in der Bhagavad Gita als unsterblich und nicht materiell beschrieben, der Körper ist sterblich und materiell. So wird hier deutlich, dass es sich um zwei unterschiedliche Dimensionen handelt, die offensichtlich auch unterschiedlichen Gegebenheiten unterliegen. Das heißt meines Erachtens nun aber nicht, dass man deshalb den Körper vernachlässigt oder sogar schädigt, sondern dass die Verbindung zwischen Seele / Selbst und Körper mit dem Bewusstsein für deren unterschiedliche Dimension erst auf gesunde Weise aufgebaut werden kann, so dass der Körper am rechten Platz ist und gleichzeitig aber auch die Seele bzw. das Selbst die ihr angemessene Bedeutung und Wirkungssphäre erhält.



Die Frage nach dem „Ego“ und wie man mit diesem sinnvollerweise umgehen müsste, ist verschiedentlich in der Diskussion angeklungen. Es ist sehr aufschlussreich, sich hierzu die extremen Pole zu vergegenwärtigen: auf der einen Seite gibt es den Egoismus / die Egozentrik und auf der anderen Seite den Altruismus. Nimmt man beide Begriffe im Extrem, so heißt Egozentrik, dass jemand nur noch das Eigene und das eigene Wohlergehen sieht und auch durchsetzt und keine Wahrnehmung mehr für andere aufbringt. Und Altruismus führt in seiner extremen Ausprägung dazu, dass man sich selbst völlig aufgibt, seinen eigenen Willen ganz zurückstellt und nur noch für andere da ist. Der Egozentriker wird getrieben von seinem Willen, der Altruist wird willenlos getrieben von den Forderungen von außen. Beide Extremformen haben etwas gemeinsam: in beiden Fällen fehlt ein – ich bezeichne es einmal als – „gesundes Ego“ bzw. ein gesundes Ich, das abwägen kann zwischen dem, was für das Umfeld nötig ist und dem, was für einen selbst nötig ist und daraus auf konstruktive und verbindende Weise tätig werden kann.



Es gibt Situationen, wo es notwendig ist, zu sagen „Nein, das mache ich jetzt nicht. Da bin ich Egoist.“ und wieder andere Situationen, wo genau das falsch ist und es im Gegenteil notwendig ist, für eine Sache oder für einen anderen Menschen bei sich selbst etwas zurückzulassen oder auf etwas zu verzichten. Das Ich, das nicht Regeln befolgt, was man zu tun hat, sondern das sich die Situationen genau anschaut, sich damit beschäftigt, wie ein für alle aufbauender und jeden in seinen Talenten und Fähigkeiten anregender Umgang erfolgen kann, und das in diesem Sinne auf entwicklungsförderliche Weise im Leben steht. So würde ich sagen, dass „jiva“ (gesundes Ego / Ich / individuelles Selbst) sich auf den Weg zur Verwirklichung von „atman“ (höchstes Selbst) begibt.
 
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