Danke, für dein Antwort, Tucholsky
Also, so ich es verstehe, viele Menschen können ein Ton hören, aber können nicht in Sprache und Bilder umsetzen, oder jeder hört und sieht nur dass, was er sehen und hören Möchte?
Ist das wahr?
Hallo Liselotte,
es gibt ein verstandesgemäßes Verstehen, das versucht das Vorgetragene mit dem Gelernten in einen Zusammenhang zu bringen. Das ist das Normale.
Aber alles das, was man verstehen will, was nicht im Gelernten gespeichert ist, kann man unmöglich mit dem Verstand verstehen. Um es zu verstehen, muss man dem Neuen zuhören und es im jetzt im eigenen Selbst wahrnehmen und der Verstand muss schweigen, denn er kennt das Neue nicht; er kennt nur das Alte, das Gelernte.
Das eigene Selbst kann umso eher die Ebenen des Bewussten wahrnehmen, je stiller der (konditionierte) Verstand ist. Deswegen versuchen viele Menschen mit sog. spirituellen Techniken den Verstand zu beruhigen oder auszutricksen. Das kann auch funktionieren, aber es gibt ein Problem dabei, wenn das Bewusstsein das der anderen Ebenen nicht fassen kann. Hier empfehlen Meister immer einen Meister, der sich dem Schüler annimmt. Aber auch das kann ein Problem sein, wenn der Meister kein Meister ist, sondern ein Stümper, denn dann gehen beide in die Irre.
Im Eigentlichen geht es immer um die Gottesrealisation, das Gottesbewusstsein. Ein Meister, wie es z.B. Shams-i Tabrizi war, kann einem Schüler helfen das Gottesbewusstsein zu realisieren, aber er ist nicht unbedingt dazu notwendig, wie es z.B. der Buddha realisierte.
Da das Gottesbewusstsein nicht mit Worten beschrieben werden kann, weil es dazu keine Worte gibt, haben die Seelen, die dieses Gottesbewusstsein realisiert haben das Problem es in eine Sprache oder in eine Form zu bringen, und natürlich ist das immer nur eine unvollkommene Beschreibung der Gotteserfahrung.
Alles dies hat nichts mit dem Verstand zu tun und deswegen auch nicht mit dem, was man möchte und das man als Verstandesillusion selbst creiert.
Solche Verstandesillusionen kann man erkennen, z.B. bei sehr gläubigen Katholiken, denen die Mutter Maria erscheint, aber nicht Mohammed, oder z.B. bei Hindus, denen Vishnu erscheint, aber nicht Jesus. All diese Verstandescreationen sind selbst erzeugt.
Der spirituelle Bereich liegt jenseits des Verstandes und ist nicht von dieser Welt. Wenn man das Innere betreten will, dann muss man den schlauen, kritischen, skeptischen Verstand 'entsorgen'.
Aber Kommunikation in dieser Welt ist immer Verstandeskommunikation und die ist immer beladen mit Zweck/Nutzen-Denken und sozialer Moral. Das Unbekannte wird gern diskriminiert, wohl weil jene dunklen Gestalten, die sich der Welt bemächtigen sich vor der Öffentlichkeit verbergen. Und umgekehrt wird gerne jeder, der über das Unbekannte spricht als Scharlatan oder Betrüger bezeichnet, weil das Unbekannte nicht bewiesen werden kann (!), wobei die Verantwortlichen sich dabei gerne anonymisieren.
Es gibt viele Berichte und Beschreibungen von Seelen, welche von der inneren Welt berichten, und obwohl es unbeschreiblich ist, haben sie es versucht.
Farid ud-Din cAttar schrieb in seiner Parabel 'Mantiq al-tair', 'Die Logik der Vögel':
"Als letztes kommt das Tal der Entbehrung und des Todes, welches fast unmöglich ist zu beschreiben. Das Wesen des Tales ist Vergessenheit, Stummheit und das 'von Sinnen sein'; die tausend Schatten welche Dich umgeben verschwinden in einem einzigen Strahl der Sonne am Himmel.
Wenn sich der unermessliche Ozean empor hebt, verliert die Form seiner Oberfläche ihre Gestalt; und diese Form ist nichts anderes, als die gegenwärtige Welt und die kommende Welt.
Wer auch immer erklärt, dass er nicht existiert, erlangt einen großen Wert.
Der Tropfen, der Teil dieses großen Ozeans wurde, verbleibt dort für immer und in Frieden.
In dieser stillen See erfährt der Mensch als erstes Demütigung und Vernichtung; aber wenn er auftaucht aus diesem Zustand, wird er es verstehen als Kreation und viele Geheimnisse werden ihm offenbar werden."
Das worum es geht ist die Rückkehr und das Beenden des Wiedergeborenwerden.
Der Buddha sagte: "'Nicht diese Lehre führt zur Abkehr, zur Wendung, zur Auflösung, zur Aufhebung, zur Durchschauung, zur Erwachung, zur Erlöschung, sondern nur zur Einkehr in das Reich der Grenze möglicher Wahrnehmung.' Und ich, fand diese Lehre ungenügend, ihr Mönche, und unbefriedigt von ihr zog ich fort. ' .. Dort sah ich einen entzückenden Fleck Erde: einen heiteren Waldesgrund, einen hell strömenden Fluss, zum Baden geeignet, erfreulich, und rings umher Wiesen und Felder. Da kam mir, ihr Mönche, der Gedanke: 'Entzückend, wahrlich, ist dieser Fleck Erde! Heiter ist der Waldesgrund, der Fluss strömt hell dahin, zum Baden geeignet, erfreulich, und rings umher liegen Wiesen und Felder. Das genügt wohl einem Askese begehrenden edlen Sohne zur Askese.' Und ich setzte mich nun, ihr Mönche, dort nieder: 'Das genügt zur Askese.' "Und der ich, ihr Mönche, selber der Geburt unterworfen, das Elend dieses Naturgesetzes merkend, die geburtlose unvergleichliche Sicherheit, .. Die klare Gewissheit ging mir nun auf:
'Für ewig bin erlöst ich, das ist das letzte Leben, und nicht mehr gibt es Wiedersein.' "Da kam mir, ihr Mönche, der Gedanke: 'Entdeckt hab' ich diese tiefe Satzung, die schwer zu gewahren, schwer zu erkunden ist, die stille, erlesene, unbekrittelbare, feine, Weisen erfindliche. 'Erschlossen sind zur Ewigkeit die Tore: Wer Ohren hat zu hören komm' und höre. Den Anstoß ahnend wahrt' ich unberedsam. Das köstlich Edle vor den Menschen, Brahma.' "Allüberwinder, Allerkenner bin ich, von allen Dingen ewig abgeschieden, verlassend alles, lebenswahngeläutert, durch mich allein belehrt, wen kann ich nennen? "Kein Lehrer hat mich aufgeklärt, kein Wesen gibt es, das mir gleicht, die Welt mit ihren Göttern hat nicht Einen Ebenbürtigen."
Der einzige Grund, warum die Menschen, wie Jesus oder der Buddha oder Kabir, oder Rumi, oder Attar darüber etwas gesagt haben - wissend, das viele es nicht verstehen und sie diskreditiert würden - ist die Liebe zu den Seelen, die alle ein Teil von Gott sind, aber nicht nachhause finden. Leider haben das viele nicht verstanden und schon gar nicht in den Religionen oder den zahlreichen Organisationen, in denen der Personenkult über der Wahrheit steht.
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