Um wieder auf Frau Holle der Gebrüder Grimm zurückzukommen:
Als Kind fand ich es faszinierend durch einen Brunnen in eine andere Welt zu gelangen.
(Meine Grossmutter hatte, trotz Wasserleitung, noch einen, in den 70gern schon nicht mehr so üblich.)
Die Goldmarie war ein bisschen mein Vorbild. Nicht, dass ich es jetzt zuhause schlecht gehabt hätte, oder besonders fleissig gewesen wäre, aber die Tatsache dass man mit ein bisschen Einsatz glücklich werden kann, hat mir gefallen.
Ich sag jetzt "ein bisschen Einsatz", denn dem Brot aus dem Ofen zu helfen u. den Apfelbaum zu schütteln sah ich als Kind gar nicht als Arbeit sondern als Gefälligkeit, etwas das man gerne macht, wenn man gefragt wird, u. nicht wie die Pechmarie fürchen soll sich dabei schmutzig zu machen.
Betten bei Frau Holle ausschütteln hätte mir auch gefallen. Ich denk, das würde mir sogar heute noch gefallen. Ich lieeebe Schnee.
Gut beköstigt wurde Goldmarie auch bei Frau Holle u. nicht zu vergessen beim Abschied für ihren Fleiss mit Gold belohnt. Besser gehts nicht.
@ Cerambyx:
Ich hab das Märchen nie tiefenpsychologisch od. sonstwie analysiert, bin gespannt was du uns da zu erzählen weisst.
Wünsch euch allen einen schönen Tag,
Lele5
Hallo,
Frau Holle dürfte auf eine uralte Muttergöttin zurückgehen, deren Wurzeln 6000 Jahre zurückreichen - damit steht sie in guter Tradition mit Agyptischen und Griechischen und anderen großen Göttinnen. Interessant in diesem Zusammenhang ist dass sie damit schon aus dem alten Matriarchat stammt ... (vorzugsweise modellierte Frauenstatuetten sind aus dieser Zeit ergraben worden)
Hinweise darauf geben auch die in den letzten Jahrzehnten gesammelten und ihr zuzuschreibenden Märchen und Sagen, die sowohl alte matriarchale Symboliken als auch die beginnende (gewaltsame!) Umstrukturierung ins Patriarchale aufzeigt!
Man muß hierbei berücksichtigen dass die Brüder Grimm erst im 18./19. Jhdt die mündlich tradierte Erzählung (Goldmarie/Pechmarie) erfaßten und somit "einfroren" - bis dorthin war die Gestalt der Frau Holle wesentlich lebendiger und (regional) angepaßter, dadurch auch vielschichtiger.
Die Symbole der Goldmarie/Pechmarie-Erzählung:
Spindel (Lebensfaden), Brunnen (Weg in die Anderswelt), Gold (Reichtum des Lebens (!), nicht Geldwert, z.B. Fruchtbarkeit), Brot (Seßhaftigkeit, Korn als Feldfrucht), Apfelbaum (Wildfrucht), Goldmarie (Matriarchat - Magie) Pechmarie (Patriarchat - Rücksichtslosigkeit), mutterlose Goldmarie (verdrängte matriarchale Mutter), Stiefmutter der Pechmarie (patriarchal handelnde Mutter; korrigiert alte Hierarchie) ... läßt somit die Deutung zu, dass es um eine Beschreibung der Verdrängung des Matriarchats durch das Patriarchat geht; göttliche Gerechtigkeit jedoch wertet und bestraft am Ende ...
Pechmarie will ohne (mit geringstem) Aufwand dasselbe wie Goldmarie erreichen, die jedoch durch Fleiß, Arbeit und gutes Wesen ihr Ziel erreicht ... Pechmarie wird bestraft durch überschütten mit Pech ...
Erinnert irgendwie an das heute akzeptierte kaufmännische Prinzip des maximalen Gewinnstrebens bei geringstem Aufwand (Prinzip der Pechmarie); und irgendwie fallen mir auch noch die brennenden und auslaufenden Ölplattformen ein ... (Bestrafung durch Götter)
sagenhafte Grüße erstmal
cerambyx