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@Romaschka: Das ist ja sehr interessant, was Du aus Deiner Kindheit in der DDR beschreibst. Mit fällt spontan der Unterschied mit der "Fahne" ein. Die Nationalfahne ist ja ein wesentliches Element eines Volkes. Das Fähnchenmalen hat Dir also gezeigt, dass Du in einer Gemeinschaft lebst und dass im Grunde jeder nur ein Fähnchen hat- sinnbildlich gesehen, ja? In einem kommunistischen System, in dem der Unterschied durch das Geld nicht so eine grosse Rolle spielt, finde ich das sehr nachvollziehbar, dass man da mehr Gleichheit empfinden kann.
So war es. Wir haben sogar 2 Fahnen gemalt - einmal die Staatsflagge mit Hammer, Sichel und Ährenkranz auf schwarz-rot-gold, und die rote Arbeiterfahne selbstverständlich auch immer dazu, welche ja weltweit als Friedensymbol und als Zusammengehörigkeitssymbol aller arbeitenden Menschen stand. Ja, ich war stolz, ein DDR-Kind zu sein.
Zum Ende der 80er ist mir das dann vergangen, als die Missstände nicht mehr übersehbar waren... Trotzdem konnte/kann ich nicht einfach umschwenken und jetzt eine andere Fahne hochhalten und bekunden, ich sei stolz auf diese, wo ich auch hier so viele Missstände sehe...
Komisch auch, dass so viele Menschen immer vom
kommunistischen System schreiben, wo es ja noch nicht mal ein echtes sozialistisches war!
Gleichheitsempfinden kam auch dadurch zustande, weil die allermeisten Menschen, egal zu welcher Schicht zugehörig, in Mehrfamilienhäusern auf engem Raum zusammen lebten. Da begegnete mir auf der Treppe der Müllfahrer oder der Maurer, nebenan wohnte ein Lehrerpaar... ganz normal. Man grüßte sich freundlich und lebte irgendwie friedlich Wand an Wand, was natürlich dadurch gefördert wurde, da man aufeinander angewiesen war aufgrund der Mangelwirtschaft.
Finanzielle Unterschiede waren nicht so groß sichtbar, weil es ja kaum was sich vom Gros`Abhebendes zu kaufen gab. Wieviel auf Bankkonten lagerte, da es nicht ausgegeben wurde aufgrund Mangelangebotes war ja dem Nachbarn nicht anzusehen. Was nicht heißt, dass Geld keine Rolle spielte!
Vielen ist sicher nicht bekannt, dass die letzten Jahre in der DDR die Akademiker weniger verdienten als die einfachen Arbeiter.
Ein Lehrer verdiente ca. 800 Mark, ein Rangierer bei der Bahn hatte 1.200 Mark netto. (Beispiel aus meiner Familie) Ok, da waren Zuschläge für Schichtdienst, Wetter und Schmutz enthalten. Aber der Studierte fühlte sich hier öfter benachteiligt, weil er für seine Ausbildung länger brauchte und meinte, eine höherwertige Arbeit zu verrichten. Aber das nur am Rande, um noch mehr Verwirrung zu stiften.
Stelle Dir mal vor, der Westen hat bis zur Fussballweltmeisterschaft jetzt neulich gebraucht, bis er wieder sein Fähnchen schwingen durfte. Und 5 Minuten später hattest Du in den Medien schon wieder den Zeigefinger und die Reporter rennen zum Vorsitzenden des Zentralrates der Juden und fragen ihn nach seiner "Meinung" zum Fähnchenschwingen. Ich finde das eine so lächerliche Medien- und Informationskultur...
Das ist wirklich traurig, und ich frage mich ernsthaft, wieso in Schulen den Kindern diese Sippenhaft (für die Nazivergangenheit Schuld zu fühlen und nun auf ewig büßen zu müssen) angetan wurde?!
Kicher. Siehste, auch (R)Os(e)(s)inen kommen in der Weltgeschichte herum.
Liebe Grüße nach Belgique!
Wie fühlst Du Dich da eigentlich so insgesamt? Heimatlich, beheimatet oder als Emigrant augrund unzumutbarer Verhältnisse im Vaterland? Konkret: Wessen Fahne schwingst Du mit gutem Gewissen?
Romaschka