Um welches Risiko reden wir hier denn
wirklich bei Masern?
Eins zu... Tausend. Ich nehme einfach mal die "günstigste" Zahl für die Impfbefürworter.
Erstens: Die günstigste Zahl liegt weit unter 1:1000. Die früheren Daten zur SSPE-Inzidenz (sowas wie 1:10 000) gelten als überholt. Zahlen aus Deutschland legen allein für SSPE die Möglichkeit einer Inzidenz von 1:200 nahe (
Quelle). Und wir reden hier
nur von SSPE, was noch nicht einmal die häufigste Todesursache von Masern ist. Gerade für Babies ist das Risiko, an Masern zu sterben jedenfalls deutlich höher als 0.1% (was du als "günstigste Zahl" bezeichnest) - und das ignoriert immer noch, dass man an Masern nicht nur sterben kann, sondern auch verschiedene Entwicklungsstörungen und Behinderungen (Taubheit z.B.) bekommen kann, was bei der Diskussion um die Gefährlichkeit oft völlig ignoriert wird.
Worauf ich hinaus will: Vor welchem Hintergrund genau will man Eltern juristisch habhaft werden, wenn ihr Kind an Masern stirbt, weil sie es nicht impfen ließen?
Das könnte man sowohl über § 171 StGB (Verletzung der Fürsorgepflicht) oder § 229 StGB (Fahrlässige Körperverletzung) machen. Beides passiert aber in der Praxis nicht, weil wir keine Impfpflicht haben, weil die eben anscheinend politisch nicht gewollt ist. Solange das so bleibt ist das auch konsequent.
Wie ich allerdings in diesem Thread schon mal gezeigt habe, gilt eine Vernachlässigung der Schutzimpfungen als Indiz für einen Mangel elterlicher Fürsorge. In Kombination mit anderen Auffälligkeiten (z.B. äußerliche Verletzungen des Kindes, Verhaltensauffälligkeiten, Verwahrlosung, etc etc) kann es also mit als Grund herangezogen werden, wenn das Jugendamt einschreitet, um zu sehen, ob der Haushalt in dem das Kind heranwächst in Ordnung ist. Allein aber wohl nicht.
Dann bzgl. dem Artikel der Seite "impfkritik.de", in dem Masern als "
harmlose Kinderkrankheit" bezeichnet wird: Man möge bitte nicht vergessen, dass Masern weltweit die häufigste medizinisch vermeidbare Todesursache bei Kindern ist. Alle 3 Minuten stirbt auf der Welt jemand an Masern, der Großteil davon Kinder. (Zahlen von 2012) Durch das globale Impfprogramm seit 2000 sank die Anzahl an Menschen, die jährlich an Masern sterben um 80%.
FIWA schrieb:
Wenn es grassiert, ist das Risiko höher. Das ist ja irgendwie der Witz bei den Impfungen, brauchen tust sie eigentlich nicht, wenn nichts passiert. Aber wenn was passiert, kann es leben schützen und dann auch wieder, kann, muss aber nicht. Aber wenn ...... ja wenn
Das gilt ja für alle Vorsichtsmaßnahmen. Einen Gurt im Auto brauchst du auch nur im Fall eines Unfalls. Kann auch Leben schützen - muss auch nicht. Der Punkt ist aber, dass ein Mangel an Durchimpfung Masernepidemien erst recht auslöst (wohingegen ein Mangel an Sicherheitsgurten nicht unbedingt Unfälle auslöst) - was die Durchimpfung doppelt wichtig macht.
Sadira schrieb:
Nein, das finde ich nicht richtig das Kindergärten einen Impfnachweis verlangen, weil es gar nicht in ihrer Veratnwortung steht.
Wie auch FIWA schon gesagt hat: Ich finde das Gegenteil ist der Fall. Kindergärten haben auf jeden Fall die Verantwortung, für die Sicherheit der ihnen anvertrauten Kinder zu sorgen. Dass eine Masernepidemie
immer mit mangelnder Durchimpfung zusammenhängt sollte inzwischen bekannt sein. Dass bei solchen Epidemien
immer Kinder zu schaden kommen auch. (oft zum Glück nur kurzfristig, manchmal leider Gottes langfristig, selten sterben auch welche) Es gibt eine einfache Möglichkeit, diese Schäden zu vermeiden - insofern sehe ich da sehr wohl eine Verantwortung. Wenn schon nicht im Vorhinein, dann
zumindest, wenn ein konkreter Fall aufgetreten ist.
Sadira schrieb:
Ist es dann auch in ihrer Verantwortung wenn ein Kind einen Impfschaden erleidet, weil es sonst nicht aufgenommen wurde und die Eltern deshalb das Kind impfenf liessen?
Meiner Meinung nach nicht. Die Chance, an einer Impfung zu sterben oder schwere Schäden davonzutragen ist etwa ein Tausendstel der Chance, an z.B. Masern zu sterben oder schwere Schäden davonzutragen. Bei anderen Krankheiten kann das zeitweise noch schlimmer sein, z.B. bei Röteln: Wenn eine ungeimpfte Mutter während der Schwangerschaft Röteln bekommt, besteht ein 60%iges Risiko, dass ein Schaden am Embryo eintritt. Das ist sehr viel. Solange es keine Möglichkeit gibt, die Risiken zu 100% zu verhindern finde ich, sollte man sich zumindest dafür entscheiden, den objektiven sichersten Weg zu gehen. Deswegen sähe ich hier prinzipiell keine Verantwortung.
Rechtlich gesehen ist es aber so, dass schon von Staats wegen Verantwortung für Impfschäden übernommen wird, zumindest bei empfohlenen Impfungen. Hier is also eine Übernahme der Verantwortung gegeben.
Ich finde es schade, dass es notwendig ist, so etwas wie eine Impfpflicht überhaupt anzudenken bzw. zu diskutieren. Wenn sich alle Menschen tatsächlich vernünftig und ohne Vorurteile seriös informieren würden, wär eine Diskussion über eine Impfpflicht für Kinderkrankheiten völlig überflüssig.
Soviel zu meiner Stellungnahme zu den letzten paar Seiten.