Problem(e)

LoneWolf

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Wien
Der Mensch braucht ein Problem. Mindestens eines. Wenn der Mensch kein Problem hat, leidet er an einem Erfüllungsmangel. Reich dagegen ist der Mensch, der keinen Mangel an Problemen leidet, denn das Problem hält den Menschen in Betrieb. Es gibt schwere Probleme und leichte Probleme, Probleme die man sich nicht bewusst aussucht und Probleme, die man vorausberechnet. Hausbau, Planung, Finanzierung, Kredite, Arbeitsaufwand, Jobverlust, Verlust der Zahlungsfähigkeit. Das ist ein künstlich generiertes Problem, weil man es sich ja bewusst ausgesucht und vorausberechnet hat. Ebenso kauft man sich ein Problem, wenn man sich ein Auto anschafft.

Probleme mit der Gesundheit fallen in eine andere Problem-Kategorie. Unvergleichlich schwerer zu berechnen, je nach Schwere der Krankheit, nicht selten tötlich im Ausgang. Ein Mensch, der sich ernsthafte Probleme mit der Gesundheit wünscht muss wohl pervers sein. Kein Mensch, der halbwegs richtig tickt, würde so etwas tun. Doch das Leben ist oft Gnadenlos, wenn es ein Problem für einen Mensch aussucht. Das sich ein Mensch nicht so gern mit Problemen auseinandersetzt, die ihm das Leben auferlegt bzw. die er unbewusst selber erschaffen hat, das ist verständlich. Viel lieber beschäftigt sich der Mensch mit Problemen, die er selbst generiert und berechnet hat.

Das Problem ist das Vorgelegte, das, was einem zur Lösung vorgelegt wurde. Das sagt aber noch nichts aus über die Schwere und Lösbarkeit und auch nichts darüber, wer einem das Problem vorgelegt hat. Das Leben, der Nachbar oder der Betroffene selbst. Das ist auch oft nicht so eindeutig erkennbar. So kommt es, dass man sich oft mit Problemen auseinandersetzt, die gar nicht für einen bestimmt sind und die eigenen darüber hinaus vergisst oder verschiebt.

Eines meiner Problem zum Beispiel ist nicht meine uralte Sozialphobie, wegen der ich eventuell sogar in Frührente gehen könnte. Ich finde, es ist nicht abnormal, eine Sozialphobie zu haben. Mein Problem ist vielmehr, dass ich seit meiner Volksschulzeit trainiert habe, diese Sozialphobie zu überspielen und später mit Akohol zu unterdrücken. Beim Gespräch mit dem Psychiater komme ich daher meist recht selbstbewusst und eloquent rüber und wirke daher insgesamt nicht glaubwürdig, was meine Sozialphobie angeht. Doch die ist echt und wenn ich die Praxis verlasse, weiß ich wieder, dass ich allein bin, mit meinem Problem.

Gott sei dank, denn was wäre meine Leben ohne Problem außer inhaltslos und leer. Was nützte mir alles Geld der Welt, wenn ich keine Probleme hätte?

Danke, dass ich mich mal wieder ein wenig aussprechen durfte. :)
 
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Vielen Dank für die schlüssige Erläuterung über das Wesen von Problemen.
Du hast es schon auf den Punkt getroffen. Dieses Verhalten kann man besonders bei alten Menschen oftmals beobachten - die können sich nämlich nicht mehr so verstellen und bringen so zum Vorschein, wie sie immer schon gedacht haben - eben problembelastend - aber eben meistens selbstgemachte Probleme. Wäre ja auch wirklich nicht auszudenken, wenn ein Tag mal ganz glatt laufen würde - da gäbe es dann ja nichts zu wälzen.....
Ich glaube schon, daß Du z.B. beim Psychiater anders rüber kommst als es in Dir aussieht - hast ja viele Jahre geübt, diese Soziophobie zu überdecken....
Dazu noch zu bemerken. wenn man sich mal so umsieht, kann ich diese Phobie so manches Mal richtig gut nachvollziehen. LG
 
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