Lotusz schrieb:
Sex und Drogen haben den gleichen Charakter. Beide entwickeln Suchtverhalten. Schon die kleinste Dosis reicht aus und Du bist abhängig.
Ob Sex der "spirituellen Entwicklung" dienlich sein soll oder nicht, das sei mal dahingestellt. Dass es aber Suchtverhalten entwickeln soll, das ist wohl reinster Quatsch, dafür gibt es alleine schon biologische Gründe:
Suchtverhalten ist ein Verhalten, das zerstörerisch auf das Individuum wirkt, es aber sein Verhalten nicht ohne weitere mehr ändern kann und es seine "Gelüste" dauernd befriedigen muss (so würde ich das mal definieren). Sex ist folglich definitiv nicht zerstörerisch. Wäre dem so, so würde sich ein Individuum durch Sex selbst zerstören. Eine Spezies, welche evolutionsbedingt sich durch Sex fortpflanzen müsste, würde sich auf diese Weise selbst zerstören, bzw. deren Individuen würden sich durch den Akt der Fortpflanzung gleich selbst zerstören, womit die Spezies über kurz oder lang in Konsequenz aussterben würde. Sex kann - unter der Annahme der "Richtigkeit" meiner Definition des Zerstörungsgehaltes von Suchtverhalten - folglich kein Suchtverhalten entwickeln.
Das nur so eine Anmerkung. Und es ist übrigens nicht so, dass zu jeder Zeit und in jeder Kultur so viel von Sex gequatscht wurde und die Leute im Endeffekt so wenig davon hatten. Tatsächlich hatte Sex an gewissen Orten und zu gewissen Zeiten etwas mit gegenseitiger Zuneigung zu tun, mit Wohlfühlen, damit, dass man gerne im eigenen Körper steckte. Sex war einmal - sogar bei uns - Ausdruck von Liebe zum Nächsten. Heute und bei uns ist Sex alles mögliche (zum Beispiel ein Machtinstrument), bloss hat es mit Liebe und Zuneigung kaum etwas mehr zu tun.
Es ist schon merkwürdig. In unseren Kulturkreisen fragt sich eigentlich nie jemand: "Hast
du genügend Sex?" Sondern es wird immer nur die Frage gestellt, warum man selbst so wenig davon hat. So wird sogar Sex noch Opfer der Pervertiertheit unseres Egozentrismus'. Wobei mit Sex eigentlich alles in Ordnung wäre, bloss unsere Einstellung verhindert, dass wir mit diesem "Instrument" auch gewinnbringend umgehen können.
Trotzdem hat Lotusz natürlich nicht ganz unrecht. Wenn man, wie das bei uns absolut verbreitet und erschreckend "normal" ist, dermassen unfähig ist, mit der eigenen Sexualität umzugehen, dann wird diese Unfähigkeit natürlich auch auf die eigenen Kinder vererbt. Wie sollen die Kinder auch lernen, eine gesunde Sexualität zu leben, wenn die eigenen Eltern nicht in der Lage sind, weil sie selbst schon nicht damit umzugehen gelernt hatten? Genau dadurch entstehen dann Zwänge, entsteht Zwangsmoral, entsteht Sexsucht. Die Leute sind dann besessen davon, was sie NICHT haben. Hätten sie gelernt, wie schön, normal, und bisweilen auch langweilig Sex eigentlich sein kann (was auf JEDE Beschäftigung und Bedürfnisdeckung des Menschen zutrifft), dann müssten sie gar nie eine derart pervertierte Einstellung dazu entwickeln. Das Thema Sex wäre spätestens mit dem zwanzigsten Lebensjahr bei den meisten Menschen abgehandelt und wäre ungefähr noch so wichtig, wie Mittagessen oder Wäsche waschen. Man könnte dann ganz normal miteinander umgehen. Manche Menschen hätten mehr davon, andere hätten weniger davon, und endlich wäre man wirklich frei, um sich beispielsweise irgendwelchen transformativen oder spirituellen oder von mir aus auch esoterischen Praktiken zu widmen, welche wahrscheinlich VIEL Interessanteres zu bieten hätten als Sex.
Das musste mal gesagt sein. Und nein, es ist nicht so, dass ich mit meiner eigenen Sexualität überhaupt keine Probleme hätte. Auf der andern Seite ist's auch nicht das allerwichtigste Thema in meinem Leben.
Aber eben. Hier geht's ja eigentlich um Osho. Und mir gefällt einfach, wie Osho mit Pausbacken das Leben umarmt, statt sich asketisch, hungernd und leidend in den siebten Himmel heraufzuschwingen, wo er dann prompt auch mit Normalsterblichen nix mehr zu tun hätte.