Meine Schwester ist obdachlos

Liebe abendsonne,
dieses ist ein wunderbarer Ort geworden. So viele bewegende Erinnerungen, Analysen, Gedankengänge, Emotionen...
Bin grade vollkommen gerührt, da ich mich in so vielem wiedergefunden und auch verstanden gefühlt habe und mich total verwandt empfinde...
Mir scheints, als wäre hier grade ein Türchen aufgegangen zum kollektiven Bewusstsein. Wissen, das für alle anzapfbar ist und uns eint.

Ich kann hier auch ganz viel mit- und entnehmen, was mir aus noch verbliebenen Steinen auf meinem Weg allmählich einen immer besser, mit Kieselsteinchen BEFESTIGTEN Pfad entstehen lässt.
Ja, wundersam. Die störenden Steine wandelten sich inzwischen zu wichtigem Material, was mir auch Halt gibt... :)
 
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Hallo ihr Lieben. Liebe Michi, liebe Nordluchs, liebe ChrisTina, liebe Abendsonne, ihr anderen alle Lieben! :)

Ich freue mich, wenn mein Beitrag Euer Herz berührt hat und es gut weiterwächst! Ich drücke Euch fest!

Liebe Grüße,
Geli

Hier, nur zum Anschauen, mal eine Zeichung, die ich mit 18 gemacht habe, aus einer Zeit, als ich mein inneres Kind noch nicht kannte, als es noch ganz klein war, und wie es da aussah.

Wie zerbrechlich war das wenige was ich hatte, doch damals...

http://img235.*************/img235/6366/kindhb6.jpg
 
Liebe Geli,

kann im Moment leider nicht so schreiben wie ich gerne möchte daher heute nur ein kurzer Gruß

:kuss1:
liebe Grüße
Michi
 
Liebe Angelika-Marie!

Hier, nur zum Anschauen, mal eine Zeichung, die ich mit 18 gemacht habe, aus einer Zeit, als ich mein inneres Kind noch nicht kannte, als es noch ganz klein war, und wie es da aussah.

Wie zerbrechlich war das wenige was ich hatte, doch damals...

http://img235.*************/img235/6366/kindhb6.jpg

Wow... das Bild hast du gemacht? Da steckt so wahnsinnig viel drin in dem Bild. Es berührt mich tief im Herzen. Genau so, habe ich mich früher gefühlt. Einsam, verlassen, verletzt...

Man kann sehr deutlich sehen, wie du dich damals gefühlt haben musst.

Fühl dich ganz fest von mir gedrückt und geknuddelt. :liebe1:

Liebe Grüße
Nordluchs
 
Zitat:
Zitat von Reinfriede
Liebe Nordluchs!

Nachdem ich die Tränen meiner Eltern geweint hatte, war kein Grund mehr vorhanden, traurig zu sein. Das Thema war erlöst.
wenn das thema "erlöst" ist:
wird dadurch das gefühl den eltern gegenüber dann nicht irgendwo gleichgültig und man fühlt sich dann da auch nicht mehr hingezogen??? also, bei mir war es jedenfalls so, als ich dem vater "verziehen" hatte, war die veranlassung weg, überhaupt noch hinzufahren. ich brauchte nichts mehr zu bereinigen, ich ließ es so stehen wie es war.... . und päng, das war auch wieder schlimm.
es war ein arges gefühl, dass man dermaßen auf seinen vater verzichten kann.

so hab ich anscheinend jetzt versucht, wieder IRGENDWELCHE gefühle aufzubauen, und wenn sie negativ sind, um mich wieder veranlasst zu fühlen, in erscheinung zu treten :clown:


soweit

lg

Liebe Abendsonne!

Ich hab generell so ein Problem mit dem Wort "verzeihen" - ich kann meinen Eltern nichts "verzeihen" - Verzeihen heisst für mich, gnädig auf Rache zu verzichten (aber insgeheim "im Recht" zu sein) - das Wort trifft da einfach nicht zu, weil es ein Opfer-Täter-Gefälle aufzeigt.

Wenn ich meine, ich hätte die Tränen meiner Eltern geweint, ich möchte dazu ein Beispiel bringen (irgendwie möchte ich zwar nicht zuviel Privates erzählen, aber anders gehts wahrscheinlich nicht):

Wir wurden zuhause ziemlich extrem erzogen, Mädchen waren unbeachtet, Jungen waren die Stars. Unser Kühlschrank war z.B. geteilt: Oben der Schinken, die Butter und der Käse für die Männer, unten die billige Margarine oder oft gar nichts für die Mädchen.

Da liefen viele Dinge in dieser Richtung ab, aber ich möchte sie nicht alle erzählen, es war auf alle Fälle extrem... Es war mit ein Grund, warum ich in der Pubertät so gegen jede Norm gekämpft hatte: Ich wollte genausoviel "wert" sein wie ein Junge.... Meine Mutter hatte bei meiner Geburt soviel geweint, weil ich ein Mädchen geworden war....war lange Zeit ein unheimliches Problem für mich.

Und das ging nicht von meinem Vater aus, sondern von meiner Mutter. Ich verstand das nie, war sie doch selbst eine Frau....

Bis mir eines Tages eine Begebenheit einfiel, ein Satz, den meine Mutter einmal erwähnt hatte und über den ich damals "gestolpert" bin, weil er mir so aberwitzig und irreal vorgekommen war.

Die Eltern meiner Mutter starben, als sie noch ein Kind war, zuerst ihre Mutter und ein Jahr später ihr Vater. Ihren Vater musste sie zum Schluss füttern wie ein kleines Kind und war selbst noch ein Schulkind.

Und sie erzählte mir (was extrem selten vorkam, sie sprach nicht gerne über ihre Kindheit) von dieser Situation mit folgenden Worten, die mir so seltsam vorkamen:

"Das schlimmste für mich war damals, meinen Vater zu füttern. Er - der stolze, autoritäre Mann musste sich von mir füttern lassen. Und das schlimmste waren seine Augen, ich spüre heute noch diesen Ausdruck in seinen Augen, wie erniedrigt er sich gefühlt haben muss".

Und damals bei dieser Schilderung dachte ich mir, wie komisch das klang.

Ich hätte an alles gedacht, z.B. wie schlimm es sein muss, seine kleinen Kinder (ihre Geschwister waren noch kleiner als sie) in einem fremden Land eltern- und schutzlos zurückzulassen - oder wie wütend man gegen dieses Schicksal sein müsste - oder Angst vor dem Sterben - jedes Gefühl in seinen Augen hätte ich nachvollziehen können, nur das nicht.

Und plötzlich wurde es klar, was eigentlich das Problem meiner Mutter war: Sie fühlte sich schuldig. Diese Situation hatte sich eingebrannt bei ihr, es war ihre letzte Erinnerung an ihren Vater. Sie fühlte sich in Wahrheit schuldig daran, dass sie ihren Vater "erniedrigt" hatte - wahrscheinlich auch schuldig daran, dass er trotz des Fütterns nicht geschafft hatte. Kinder beziehen alles auf sich, genau das tat sie....und den letzten Eindruck, den sie von ihm hatte, war der der Erniedrigung...

Und dieses übertriebene "Erhöhen" jedes Mannes, dieses unterwürfige, "fütternde" Verhalten Männern gegenüber war nichts anderes als ihr Versuch, dieses "Schuldgefühl" zu kompensieren, ihren Vater wieder "zu ehren"....

Und die vermeintliche "Erniedrigung" von mir war gar keine - sondern nur der Versuch, ihr eigenes Problem zu lösen.

Meine Mutter war unheimlich arm. Die Belastung für eine 12-jährige, zuerst die Mutter, dann den Vater sterben zu sehen, sich teilweise daran schuld zu fühlen.....keine Verwandten da, keine Vertrauenspersonen, mit denen man reden könnte.....

Nun frage ich Dich, Abendsonne - WAS sollte ich nun "verzeihen"?

Hm, ich hoffe, es kommt rüber, wie ich das meine, vielleicht klingt es ja ein wenig wirr....

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Liebe Geli!

Ja, auch von mir ein Danke für dieses Bild....es drückt das sehr gut aus, wie einsam und in sich gezogen ein Kind sich fühlen kann, finde ich....:liebe1:

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Nun frage ich Dich, Abendsonne - WAS sollte ich nun "verzeihen"?

Liebe Reinfriede,
auch wenn du Abendsonne gefragt hast, vielleicht darf ich auch meine Gedanken zum Verzeihen schreiben.

Deine Geschichte hat mich sehr aufgewühlt und ich kann mich gut in deine Gefühle reindenken und -fühlen.
Dabei zu verzeihen, fällt sicher unheimlich schwer.
Da du aber die Ursache für das Fehlverhalten deiner Mutter kennst, könntest du da nicht anfangen, umzudenken?

Meine Eltern haben auch ansich unverzeihliche Dinge mit uns Kindern gemacht. Ich bin aber an die Stelle gekommen, wo ich Ursache und Wirkung im Zusammenhang als so vehement erkennen konnte, dass ich förmlich auch die Vergangenheit der Eltern als einen Film ablaufen sah, der mir absolute Empathie ermöglichte und mir auch ganz viel Trauer über ihr Schicksal rüberschickte.
Die Eltern gehören einer anderen Generation an, wo nicht so offen und tiefgründig an der Vergangenheitsbewältigung gearbeitet wird. Ich erwarte das mittlerweile auch nicht mehr.

Ich kann seit einiger Zeit ihr Verhalten entschuldigen mit dem Wissen, was war und dem tiefen Gefühl, dass sie heute noch unter dem leiden, wie sie sind. Leider kann ich ihnen nicht dabei helfen... So sind sie vom Leben schon genug gestraft, dass sie sich nicht mehr ändern können.

Daher kann ich die Situation, in der ich als Kind war, nun so nehmen und einzeln betrachten, so dass sich durch mein Verständnis für sie mein ablehnendes Gefühl ihnen gegenüber gewandelt hat. Das waren mehrere Stufen, wo wir nun bei wirklicher Eltern-Kind-Liebe angekommen sind, was ich vor Jahren NIE für möglich gehalten hätte!!! Ein wenig tun sie mir auch leid, weil sie sich nie so frei fühlen können, wie ich es endlich kann nach all der Aufarbeitung der Kindheit.

Ich habe mich verändert. Sie behandeln mich, nachdem ich reinen Tisch mit ihnen gemacht habe, nicht mehr wie ein unmündiges Kind. Im Gegenteil, ich bin jetzt zu einer für sie ernstzunehmenden Person geworden, die sogar zuweilen um Rat gefragt wird, weil sie die heutige Welt nicht mehr ganz begreifen können...

Kannst du mit diesen Gedanken vielleicht einen Ansatz für dich finden, wie das Verzeihen funktionieren kann?

Ganz liebe Grüße von Romaschka - auch für alle anderen. Angelika-Marie's Zeichnung hat mich auch sehr sehr berührt, da sie auch bei mir den wunden Kindheitspunkt traf... :liebe1:
 
Liebe Reinfriede,
auch wenn du Abendsonne gefragt hast, vielleicht darf ich auch meine Gedanken zum Verzeihen schreiben.

Deine Geschichte hat mich sehr aufgewühlt und ich kann mich gut in deine Gefühle reindenken und -fühlen.
Dabei zu verzeihen, fällt sicher unheimlich schwer.
Da du aber die Ursache für das Fehlverhalten deiner Mutter kennst, könntest du da nicht anfangen, umzudenken?

Ohje, das ist jetzt völlig falsch rübergekommen.....Ich kann meinen Eltern nichts verzeihen, weil es nichts zu verzeihen gibt - höchstens zu verstehen. So meinte ich das.....Ich bin ihnen überhaupt nicht böse, ganz im Gegenteil.

Und mein Beispiel sollte darlegen, dass es für jedes Verhalten eine Ursache gibt.

Lg
Reinfriede
 
liebe reinfriede,

danke, absoluten dank für deine geschichte. sie hat mich berührt, betroffen gemacht. besonders die szene mit dem vater:
,"Das schlimmste für mich war damals, meinen Vater zu füttern. Er - der stolze, autoritäre Mann musste sich von mir füttern lassen. Und das schlimmste waren seine Augen, ich spüre heute noch diesen Ausdruck in seinen Augen, wie erniedrigt er sich gefühlt haben muss".
.... genau DAS hat mich auch besonders berührt, absolut,
es hat richtiggehend gefühlsmäßig sehr viel bewegt.
denn es könnte sich in unserer geschichte irgendwann genauso verhalten. dass das absolut-gefühlserlebnis irgendwann fast am totenbett kommt......, dass einem dann alles irrsinnig leid tut (unter "das alles" meine ich, dass man das gefühl hat, nicht befähigt gewesen zu sein, es GUT für den anderen zu machen), und dass man dann ein leben lang diese drückenden schuldgefühle mit sich trägt bzw. sie zu kompensieren versucht (wie in deiner geschichte beschrieben).

zitat reinfriede:
Und plötzlich wurde es klar, was eigentlich das Problem meiner Mutter war: Sie fühlte sich schuldig. Diese Situation hatte sich eingebrannt bei ihr, es war ihre letzte Erinnerung an ihren Vater. Sie fühlte sich in Wahrheit schuldig daran, dass sie ihren Vater "erniedrigt" hatte - wahrscheinlich auch schuldig daran, dass er trotz des Fütterns nicht geschafft hatte. Kinder beziehen alles auf sich, genau das tat sie....und den letzten Eindruck, den sie von ihm hatte, war der der Erniedrigung...

Und dieses übertriebene "Erhöhen" jedes Mannes, dieses unterwürfige, "fütternde" Verhalten Männern gegenüber war nichts anderes als ihr Versuch, dieses "Schuldgefühl" zu kompensieren, ihren Vater wieder "zu ehren"....

ihr kinder wart die leidtragenden dieses kompensierens, es muss sehr, sehr prägend gewesen sein, - kinder können soetwas ja auch noch nicht aus der höheren perspektive betrachten (ja, sie fühlen sich wahrscheinlich auch noch selber für sich wieder "schuldig"). ja, und wenn man dann erwachsen wird, dann macht sich der eine die mühe, zu ERGRÜNDEN (oder die erkenntnis kommt blitzartig durch ein schlüsselerlebnis), das handeln der eigenen eltern zu verstehen, und der andere tut es eben nicht. ich denke, die meisten tun es nicht. tun entweder so, als wäre nichts gewesen, übertragen unbewusst auf andere, oder

sie halten sich fern von den eltern, klagen lediglich an, dies und jenes und ende.

ich freue mich jedenfalls für alle eltern, die kinder haben, die sich wie reinfriede die MÜHE machen, die elterliche geschichte aus der ursprungsperspektive zu betrachten.

damit befreit man seine eigenen eltern von dieser last, sich "schuldig" zu fühlen, und ich denke, man fühlt sich selber auch besser, weil es keinen anlass mehr gibt für "groll", der sich ja letztlich auch gegen einen selber richtet. "

ja, das funktioniert dann, wenn man im erwachsenenleben eine beziehung hat zu seinen eltern, die zumindest DA in ordnung ist.

was aber, wenn nicht????
und die frage steht noch immer unbeantwortet da.

ich habe die "verzeih"-frage auch hinter mir, wie gesagt.

heute auf den tag genau ist es vier jahre her, dass wir die todesnachricht hatten von meinem neffen, mit dem der vater (=sein großvater) ja gar nichts am hut hatte. absolut KEINE gefühlsregung, kein hinschauen vorher, = ein vorbeirennen, wie er es bei den eigenen kindern gemacht hatte.

und dann eben diese tränen, von denen ich berichtete ,beim begräbnis.
die haben mich betroffen gemacht. ja. weil ich dachte ja bis dorthin, der vater wäre einfach ein eiskalter, verhärteter mensch.
damit konnte ich viel besser leben. es war einfach so. punkt. ich fühlte mich nicht "verpflichtet".

ich konnte nicht mehr gut leben, nachdem ich sah, dass auch mein vater gefühle hat und ev. erwartungen auch an MICH hat, die ich nicht erfüllen konnte.
dann plötzlich war ich mitten drinnen, denn ich fragte mich, warum ich denn - falls er erwartungen an mich hat - ich diese nicht erfüllen kann. ich schaute nicht genau hin. ich schaute nicht auf mich. ich war sofort bei IHM.

damit begann ich dann dieses "aufrollen", dieses rückblicken ("was hat der tod denn verändert") in den lebensfragen.

ja, ich sah mir den vater dann eben an, er der kleine bub, was der alles mitgemacht hatte.... . der bruder, den sie tot im bach gefunden haben, die mutter, die wegging bzw. verjagt wurde, die prügel, von denen heute noch narben sichtbar sind, die härte im elternhaus, die stiefmutter, die nicht hinter den kindern stand und jede kleinigkeit verraten hatte, die mangelsituation nach dem krieg etc.

ja, und somit konnte auch ich alles verstehen: es gibt nichts anzuklagen aus diesem gesichtspunkt, somit nichts mehr zu verzeihen. deshalb "verzeihen" von mir unter anführungszeichen.

ich hatte den vater sogar plötzlich mit mitgefühl betrachten können.

heute muss ich sagen, es ist alles viel zu schnell gegangen, ich sah MICH selber nicht mehr, ich sah nicht, dass auch mein inneres kind betrachtet gehört.

das wurde mir zum verhängnis. davor warne ich jeden, der versucht, nachdem alles im vorfeld verdrängt wurde, es absolut mit der mitgefühl-methode zu versuchen!!!!!

ich weiß genau, wie sich das dann anfühlt. nicht gut. du untermauerst alles von dir, und sollst dann plötzlich die leibevolle tochter/das liebevolle kind sein. geht nicht!!!

ich hatte ja jahrelang verdrängt (war alles kein problem, weil ich abgelenkt war von den vaterproblemen durch die eigenen freigewählten lebenskatastrophen). und dann war ich vom einem zum anderen mal im mitgefühl. es ging viel, viel zu schnell. ich selber habe mich übersehen. bin eh so stark, und erwachsen ........ :clown: :clown: :clown:

nach dem aufarbeiten das böse erwachen. es schien nur ein, zwei monate gut zu sein. da fuhr ich hin zum vater,und er konnte mir nicht mehr weh tun.

es fühlte sich jedenfalls plötzlich nachher nicht mehr ehrlich an, wenn ich ankam, wenn ich zu ihm fuhr,.... es war, als würde ich mich selber verraten und viel zu viel von mir selber fordern...... für mich hat die tatsache schon gereicht, dass ich ihm "verzeihen" konnte, es hat mich irgendwie sogar ein wenig stolz gemacht, dass ich es nicht notwendig habe, auf rache zu sinnen.

aber das hat dann auch nicht funktioniert. einen vater kann man nicht so einfach aus dem leben streichen. das geht vielleicht aber dann, wenn man eine notwendige, hilfreiche wut aufbaut. das hab ich in diesem thread versucht.

hat nicht geklappt. ich fühle mich noch immer nicht gut in dieser beziehung. ich könnte höchstens verdrängen. nicht hinschauen.

zum vatertag hätte ich ein büchlein gekauft gehabt, ein "dankeschön"büchlein. ich hätte mich dort bedankt dafür, dass er immer großzügig war.

ich konnte ihm das aber nicht bringen, ich hatte das empfinden, dass ich mich selber verrate.

denn all das, was NICHT in ordnung ist, würde unerwähnt bleiben. ihm das zu sagen, was für MICH nicht in ordnung ist/war, würde nichts bringen, denn er ist sich ja dessen nicht bewusst bzw. es ist ja nichts mehr, was ich anklagen möchte. bzw. er würde sich nicht die mühe machen, mit verstehen zu wollen "ich lasse mir keine vorschriften machen".

das büchlein liegt noch immer da, ich bin nicht hingefahren.

so läuft es also weiter wie bisher, mit dem unterschied, dass ich mehr und mehr keinen kontakt mehr mit ihm möchte.



die angst ist aber riesig, dass die erkenntnis, es nicht geschafft zu haben, mir am totenbett sehr sehr leid tut..... .

als reinfriede die geschichte ihrer mutter mit deren vater beschrieb, war es, als würde ich meinen vater vor meinem geistigen auge sehen.
dieser stolze mann, der sich dann erniedrigt fühlt. dann und ´DA war plötzlich wieder sehr, sehr viel. mitgefühl mit diesem eigentlich armen mann, der seine verletzungen niemals zeigen würde aus angst davor, sein gesicht zu verlieren.

ich mag dieses mitgefühl nicht sehr, ich fühle mich hin und hergerissen.
bis in ein paar tage.


lg abendsonne

(ps.: meine persönliche lage ist nicht besser.
ich fühlte mich die letzten wochen absolut gezwungen, meine seele fast zu verkaufen, um hier in unserem kleinen ort endlich zu einer wohnung zu kommen. mir wurde dann erst bewusst, was ich da mache. damit kann ich mir und den kindern mehr schaden, als es nutzen würde)
 
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Liebe Abendsonne!

Ich habe lange nachgedacht. irgendwie komm ich nicht ganz drauf, warum das bei Dir völlig anders verlaufen ist als bei mir. Ich denke nun, hier ist der Unterschied:

ich hatte den vater sogar plötzlich mit mitgefühl betrachten können.

das wurde mir zum verhängnis. davor warne ich jeden, der versucht, nachdem alles im vorfeld verdrängt wurde, es absolut mit der mitgefühl-methode zu versuchen!!!!!

ich weiß genau, wie sich das dann anfühlt. nicht gut. du untermauerst alles von dir, und sollst dann plötzlich die leibevolle tochter/das liebevolle kind sein. geht nicht!!!

Ich konnte meine Eltern auch mit Mitgefühl betrachten - aber es wurde mir dabei klar, dass ICH NICHT WICHTIG WAR.

Diese auf den ersten Blick negativ wirkende Aussage ist in Wahrheit eine Erlösung gewesen. Ich schrieb schon mal, ich erkannte, dass wäre ich nicht als Reinfriede, sondern als Helga, Christa oder Huberta auf die Welt gekommen, wäre diesem Kind in meiner Rolle genau dasselbe widerfahren.

Und das ist der springende Punkt - Mir als Mensch wollten meine Eltern nichts antun - es war meine Rolle, meine Position, die das erlebte. Alle Aktionen, die ich (was Kinder ja machen) auf mich bezog, waren in Prinzip Versuche meiner Eltern, ihre eigenen Probleme zu bearbeiten - ICH als Person wäre da völlig austauschbar gewesen!

Und die Konsequenz aus dieser Erkenntnis ist die, dass ich völlig in Ordnung bin. Ich bin nicht "schuld" - das war das Gefühl, dass ich vorher immer hatte. Es wäre völlig egal gewesen, WER ich gewesen wäre, WIE ich mich verhalten hätte, meine Eltern hätten einfach immer so reagiert...

Es ging in Wahrheit NICHT um MICH! Und wenn es nicht um mich ging, dann brauche ich mich nicht zu kränken.

Ein Beispiel: Wenn Du morgens zum Bäcker gehst und die Verkäuferin schnauzt Dich an, hast Du unter anderem noch zwei Möglichkeiten:

a) Du beziehst das auf Dich und kränkst Dich...
b) Du denkst, sie hat ein Problem zuhause und es geht nicht gegen Dich....

Und als Kind denkst Du IMMER an Möglichkeit a).

Und wenn Du Deine Eltern irgendwann verstehst, dann ist auf einmal die Möglichkeit b) da.

Und die Möglichkeit b) eröffnet völlig neue Perspektiven.

es fühlte sich jedenfalls plötzlich nachher nicht mehr ehrlich an, wenn ich ankam, wenn ich zu ihm fuhr,.... es war, als würde ich mich selber verraten und viel zu viel von mir selber fordern...... für mich hat die tatsache schon gereicht, dass ich ihm "verzeihen" konnte, es hat mich irgendwie sogar ein wenig stolz gemacht, dass ich es nicht notwendig habe, auf rache zu sinnen.
Wenn Du SO denkst, meinst Du, Du hättest Möglichkeit b) wahrgenommen? Bist Du da nicht noch immer in Möglichkeit a) drin?

Liebe Grüße
Reinfriede
 
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