Hallo Elke,
Therapie gibt es auch über die Krankenkasse.
Bei Abendsonnes Geschichte muss sie dem Therapeuten nur etwas davon erzählen, und sagen, wie sehr ihr das alles über den Kopf wächst, und das sie das Gefühl hat, Hilfe zu brauchen. Die sie tatsächlich braucht!
Dann reicht der Therapeut das bei der Kasse ein und die zahlt die Therapie.
Also, Kosten dürften da keine entstehen!
Bei uns hier in der Gegend gibt es zwei schöne Anlaufstellen, für Leute die einen fähigen Therapeuten suchen, sich aber nicht auskennen. Einmal gibt es ein Beratungs- und Familienzentrum der evangelischen Kirche, die in großem Umfang selber gute Therapeuten haben, aber auch zu freien vermitteln, zum anderen einen eingetragenen Verein ehemaliger Alkohol- und Drogen- und Spielsüchtiger. Deren äußeres "Organ" ist das Cafe' Sprungbrett, gleichfalls ein Ort der Therapien und wo man auch gute Infos zu freien Therapeuten bekommt.
Ich bin sicher,
liebe Abendsonne, dergleichen gibt es in Deinem Umfeld auch, Du solltest Dich nur trauen und suchen!
Und DIR wirklich den
Luxus einer Gesprächtherapie gönnen, in der esmal ausnahmsweise nur um DICH geht! In der ausschließlich Du auch mal ein Stück seelisch gefüttert wirst, mit Angenommen werden und positven feetbacks!
Ich will Dich hier nicht in eine "kranke" Ecke abdrängen.
Aber manche Leute haben ein Schicksal zu schleppen, da ist es gut, wenn von außen Hilfe kommt.
Ich habe selber eine jahrelange Therapie begonnen, in der Zeit in der mein Vater starb. (1985) Ich wurde langsam depressiv und mir fielen die Haare aus, weil ich sein jahrelanges Siechtum ( Knochenkrebs) und vor allem seine Verleugnung dabei ( ich bin ja gar nicht krank, in drei Monaten gehe ich wieder mit den Enkeln in den Tierpark), kaum noch ertragen konnte.
Also, Krankheit ist ja ein Ding, das ist schon schwer genug, vor allem wenn man selber viel pflegt und nebenbei noch kleine Kinder hat, und einen Mann , der einen nicht unterstützt, aber dann auch noch mit dieser Verleugnung umzugehen, das war zuviel für mich. Also, das war so eine Zerbrechprobe, gerade auch auf dem Hintergrund meiner Kindheit, da kam ich allein nicht weiter.
Dennoch habe ich diese Therapie aus reinen Vernunftsgründen begonnen.
Irgendeine Instanz in mir sagte, das ist vernünftig, geh da hin.
Obwohl es mir objektiv absolut beschissen ging, habe ich mir noch lange eingeredet, ich könnte das doch alleine regeln.
Das ist, weil ein Mensch mit solchen Kindheitstraumata, es gar nicht mehr merkt, wenn seine Grenze erreicht und längst übererreicht ist.
So habe ich das erste halbe Jahr auch ziemlich dumm herumgesessen mit meinem Therapeuten, der immer nur mich reden lies. Anstatt mir zu sagen, was ich tun sollte! Aber der "blöde" Kerl machte das ums Verrecken nicht! *ggg* Hinterher war ich ihm gerade dafür sehr dankbar.
Denn so blieb mir nichts anderes übrig, als unter seinen vorsichtigen Anstößen, selber innere Einschätzungen und Wege aus dem Dilemma zu finden. - Und das ist sooo Klasse! Denn hätte er mir gesagt, mach das so oder so, empfinde das so oder so, ich hätte es ihm entweder eh nicht geglaubt, oder ich hätte es halbherzig umgesetzt, und hinterher wäre ich sauer auf ihn gewesen, wenn's nicht ausgekommen wär, oder ich hätte seine Ratschläge als Waffe gegenüber meiner Umgebeung gebraucht.
Nach dem Motto: "Mein Therapeut sagt, Du bist ein absoluter Narzißt, Ehemann! Du bist krank, krank, krank! Und mit Deinem Verhalten machst du
mich fertig! Genau! Das sagt mein Therapeut!"
Ja nu, der tat das aber nicht.... *lach*
Na, und von daher bin ich sehr dankbar für diese Jahre, in denen ich immer wieder hinging.
Das war dann hinterher ganz locker und ich machte nur noch einen Termin, wenn ich mal wieder ein Problem hatte. Also vielleicht viermal hintereinander einen Termin im halben Jahr, und dann wieder ein halbes Jahr gar nicht.
Insgesamt hat mir dieses Sache ungeheuer in meinem Leben weitergeholfen.
Zunächst mal das mit Zuhören und Zuwendung über Monate "gefüttert" zu werden. Das war ja sowas von wichtig für mich! Und vorher hatte ich das gar nicht gewusst. *kopfschüttel*
Na, und später dann die einsetzende Reflexion, die Beschäftigung mit den Themen .... und irgendwann ist Dein Knackpunkt klar. Glasklar.
Man tendiert zu Rückfällen in alte Verhaltens- und Denkschemen, die dann auch bald wieder zu Problemen führen. Aber dann konnte ich ja wieder Termine machen.
Und dann wird Dein Punkt noch klarer, langsam verfestigt sich auch im ständigen Alltag um was es geht.
Mein innerer Knackpunkt war z.B. der lange Krankenhausaufenthalt mit anderthalb, in dem es um mein Leben oder Tod ging. Ich hätte das nie gedacht. Ich habe gedacht, da stehe ich drüber. Erst im fünften Jahr der Therapie, nachdem ich schon lange nur noch unregelmäßig Termine machte, weil mein Leben so eigentlich ok war, kam dieses Thema auf.
Der Grund war, dass mich ein Bänker mit Kreditverpfichtungen massiv nagelte. Man hätte das sicher in einem anderen Ton machen können, nun, dieser Banker setzte mich, die Kunsthandwerkerin, massiv zynisch unter Druck.
Ich hatte eine Angst vor dem, das kann man sich gar nicht vorstellen.
Ich konnte mich nicht "normal" verhalten und normal überlegen. Ich konnte meine Rechte ihm gegenüber nicht wahrnehmen.
Warum?
In der Therapiesequenz stellte sich für mich heraus, dass ich NIE meine Rechte gegenüber anderen vertreten konnte. Es nie gewagt hatte.
Warum?
Weil ich immer drauf aus war, auch mit gegnerischen Menschen positiv zu sein.
Warum?
Weil, wenn dich Menschen mal so lange liegengelassen haben, dass du stirbst, hast du absolut verinnerlicht, auf jede Gefahr des "bös" angeschaut werdens, mit positver Hingegebenheit dem anderen gegenüber zu reagieren, dass er dich nur nicht ausliefert!
Denn wenn einer "bös" zu mir ist, mich nicht mehr anschaut, so mein Kindheitserlebnis, könnte ich sterben.
Meine Unfähigkeit dem Bänker gegenüber angemessen zu reagieren, war frühkindliche Todesangst.
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Das entwickelt sich aber nicht so sachlich in der Therapie, wie ich es jetzt geschrieben habe, sondern über enorm viel Spüren und Weinen. Und über ganz viel getröstet werden.
Mein ganzes Verhalten Menschen gegenüber hat sich durch diese Erkenntnis gewandelt. Ich bin immer noch nett und will auch liebevoll sein.
Aber ich bin einem "Bössein" anderer nicht mehr ausgeliefert. Ich kann das ertragen, ohne gleich Todesangst zu empfinden, und auch um meine Rechte kämpfen.
Aber ohne die Therapie wäre ich zu diesem Punkt des inneren Wissen und der Umsetzung dieses Wissens, nie gekommen.
Deshalb: Hin!
Liebe Grüße
Geli
