"Eine Sage erzählt, dass Buddha sich eines Tages in ein wunderschönes junges Mädchen verliebte. Er liebte das göttliche Prinzip in ihr. Doch einmal, als er sie voll Bewunderung betrachtete, wurde er von ihrer Schönheit derart verzaubert, dass er, ohne es zu merken, einschlief. Da auf das Mädchen Arbeit wartete, verließ es ihn; anders gesagt, das göttliche Prinzip in ihr entfernte sich. Zurück blieb die menschliche Natur, was man Astralfrau nennt. Diese umwand ihn einer Schlange gleich und ließ ihn nicht mehr los. Buddha besaß ein großes Wissen, jedoch in diesem Falle war das einzige Mittel sich zu befreien die Demut, nämlich die Fähigkeit, sich klein und unscheinbar zu machen. Bislang verstand er sich aufs Größerwerden und Wachsen. Um jedoch der Schlange zu entkommen, machte er kleiner, bis von ihm fast nichts mehr übrig blieb und er so der Schlange entrann ...
In der Erzählung wäre Buddha beinahe erlegen. Die Schlange lauert nämlich nicht außerhalb des Menschen, sondern in seinem Inneren. Sie ist das Symbol der Sexualkraft, die jeder Mensch in sich trägt und mit der er ringen muss. Der Drache, die Schlange, das ist die Sexualkraft, das Schloss ist der physische Körper des Menschen oder sein Astralkörper; die Prinzessin ist die Seele, welche der Ritter - das Ego des Menschen, des Schülers - befreien muss ...
Buddha liebte, so heißt es, das göttliche Prinzip in diesem Mädchen! Ja, solange er der körperlichen Anziehung ihrer Schönheit widerstehen konnte, auf der Ebene der selbstlosen Liebe blieb, wo es weder Begehrlichkeit noch Lüsternheit gibt, sondern nur andächtige Bewunderung, war er nicht in Gefahr. Aber durch die bezaubernde Schönheit des Mädchens ewachte unmerklich Buddhas niedere Natur, die selbstsüchtig und besitzergreifend ist, und darum heisst es: "Er schlief ein". Denn sobald die niedere Natur wach wird, schläft die andere Natur ein, das heißt, der Mensch vergisst alle Weisheit und guten Vorsätze und schenkt den Einflüsterungen der niederen Natur Gehör. Daraufhin ist er erstaunt, seine heiligsten Versprechen vergessen zu haben.
Da Buddha eingeschlafen war, verließ ihn das Mädchen und ging seiner Arbeit nach. Es wird damit angedeutet, dass das Göttliche aus dem Mädchen wich. Da dieses Göttliche Buddha keinen Schutz mehr bot, ih nicht mehr im strahlenden Licht bewahrte, wurder er von der Schlange umwunden. Buddha kämpfte mit ihr, aber er vermochte trotz seines Wissens und seiner reichen Kenntnisse nicht, sie loszuwerden. Schließlich kam er zu der Einsicht, dass er die Schlange nicht aus eigener Kraft besiegen könne, mit seiner Personalität, das heißt mit seiner begrenzten Natur. Statt sich nun ganz allein jener übermächtigen kosmischen Kraft entgegenzustellen, die sich seit vielen Generationen im Unterbewusstsein aufgebaut hat, statt mit eigenen Mitteln zu kämpfen, machte er sich klein, d. h. er machte sich demütig und gab dem göttlichen Prinzip in seinem Inneren die Möglichkeit, sich zu manifestieren. Also siegte die Gotteskraft, während er selbst, seine Personalität, so klein wurde, dass er entkommen konnte. Was heißt das nun? Damit ihr es besser versteht, werde ich euch dazu ein Beispiel geben.
Nehmen wir an, der Schüler errang ein paar Siege. Er ließ sich von jungen Mädchen, denen er begegnete, nicht mitreißen, ist nun stolz darauf und sagt sich: 'Wie stark ich doch bin, ich habe der Versuchung widerstanden!' Dann gerade ist für ihn die Gefahr am größten; denn im selben Moment werden ihm äußerst raffinierte Fallen gestellt, in die er zweifellos hineintappen wird, da es ihm an Demut mangelt ...
Bemerkenswert ist in dieser Geschichte, dass Buddha die Schlange mit Demut und nicht mit Gewalt besiegte. Solange man sich ihr mit menschlicher Kraft entgegenstellt, ist sie die Stärkere, denn sie hat ihre Wurzeln tief eingegraben in alle Bereiche der Natur ... wer denkt denn schon daran sich klein und unscheinbar zu machen? ...

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