Mahabharata

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Mahabharata 1. Buch
Chaitraratha Parva Parva Kapitel
179


Vasishta erfährt von seinem Enkelsohn
...

Auf seinem Heimweg durch viele Länder und über so manchen Berg, da bemerkte Vasishta kurz vor dem Ziel jemandem, der ihm folgte. Es war seine Schwiegertochter Adhrishyanti. Als sie sich ihm näherte, hörte der Rishi, wie jemand die Veden auf höchst kluge Weise und mit den sechs Juwelen der Redekunst aufsagte. Da fragte der Rishi: „Wer folgt mir?“ Seine Schwiegertochter antwortete ihm: „Ich bin Adhrishyanti, die Gattin von Shaktri. Ich bin ohne Schutz, obwohl ich mich der Askese verschrieben habe.“ Da fragte Vasishta:

„Oh Tochter, wessen Stimme ist das, welche die Veden nebst den Angas aufsagt, und mich an die Stimme von Shaktri erinnert?“ Adhrishyanti sprach: „Ich trage ein Kind in mir von deinem Sohn Shaktri, schon für volle zwölf Jahre. Es ist seine Stimme, die du die Veden aufsagen hörst.“ Da freute sich der ruhmreiche Vasishta sehr und sprach: „Oh, es gibt ein Kind!“, und nahm davon Abstand, sich selbst auszulöschen. So kehrte der Sündenlose mit seiner Schwiegertochter in seine Einsiedelei zurück.

Vasishta vertreibt den Rakshasa aus Kalmashapada

Eines Tages erblickte der Rishi Vasishta den König Kalmashapada in den einsamen Wäldern. Als der vom gräßlichen Rakshasa besessene König den Rishi bemerkte, erhob er sich jähzornig und wollte auch den Rishi verschlingen. Als Adhrishyanti den Rakshasa der grausamen Taten sah, wurde sie sehr ängstlich und sprach furchtsam zu Vasishta: „Oh Ruhmreicher, der grausame Rakshasa kommt dem Tode gleich mit einer hölzernen Keule auf uns zu. Es gibt niemanden auf Erden außer dir, oh du Ruhmreicher und Bester der Vedenkenner, der ihn hier und jetzt zurückhalten könnte...!“

Vasishta beruhigte sie: „Fürchte dich nicht, oh Tochter, hab keine Angst vor irgendeinem Rakshasa, auch nicht vor dieser scheinbar drohenden Gefahr. Das ist König Kalmashapada, der große Energie hat und dafür auf Erden gefeiert wird. Der Furchterregende lebt hier in den Wäldern.“ Dann hielt er den Heranstürmenden mit der Silbe Hum auf, besprenkelte ihn mit Mantra geheiligtem Wasser und befreite den Monarchen von seinem furchtbaren Fluch. Für zwölf Jahre war der Monarch durch die überwältigende Kraft von Vasishtas Sohn befangen gewesen, wie die Sonne von Rahu zur Zeit einer Finsternis überwältigt wird.

Vom Rakshasa befreit erleuchtete der Monarch mit seinem Glanz den großen Wald, wie die Sonne die Wolken am abendlichen Himmel erleuchtet. Die Vernunft kam ihm zurück, er verbeugte sich vor dem besten Rishi mit gefalteten Händen und sprach zu ihm: „Oh Ruhmreicher, ich bin der Sohn von Sudasa und werde jetzt dein Schüler sein, oh Muni. Sag mir, was du begehrst und ich für dich tun soll.“ Vasishta erwiderte: „Mein Wunsch ist damit bereits erfüllt, wie es die Zeit forderte. Kehre nun in dein Königreich zurück und regiere deine Untertanen.

Und, oh du Anführer der Menschen, beleidige niemals mehr einen Brahmanen.“ Der Monarch versprach: „Oh Ruhmreicher, niemals mehr werde ich einen Brahmanen zurückweisen. Ich werde deiner Führung folgen und sie allseits verehren. Doch ich bitte dich, gewähre mir etwas, was mich von meiner Schuld gegenüber meinem Geschlecht befreit. Gib mir, du Bester der Menschen, die mit den Veden vertraut sind, einen wünschenswerten Sohn mit Schönheit, Geschick und gutem Betragen, damit auch mein Geschlecht der Ikshvakus fortbestehen kann, du Bester der Brahmanen.“ Und der wahrhafte Vasishta antwortete dem mächtigen Bogenkämpfer: „Ich werde geben.“

Kurze Zeit danach gingen Vasishta und der Monarch gemeinsam in die auf Erden weitberühmte Stadt Ayodhya. Die Bürger kamen in großer Freude heraus, um die Sündenlosen und Ruhmreichen wie die aufgehende Sonne zu begrüßen, so wie die Bewohner des Himmels zusammenströmen, um ihren Anführer willkommen zu heißen. ... Nachdem der königliche Weise in seine Stadt zurückgekehrt war, begab sich die Königin auf Geheiß ihres Königs zu Vasishta. Dann vereinbarte der große Rishi mit ihr die Vereinigung gemäß der höchsten Ordnung.

Als die Königin schon bald empfangen hatte, empfing der Beste der Rishis die verehrenden Grüße des Königs und kehrte in seine Einsiedelei zurück. Die Königin trug das Kind für so lange Zeit, daß sie nicht mehr an eine Geburt glaubte. So öffnete sie ihren Leib gewaltsam mit einem Stück Stein, und nach zwölf Jahren kam Asmaka zur Welt, der königliche Weise, welcher später die Stadt Paudanya gründete.
 
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Chaitraratha Parva Parva Kapitel
180

Geburt und Zorn von Parasara

Der Gandharva sprach:
Auch Adhrishyanti brachte in der Einsiedelei des Vasishta einen Sohn zur Welt, der Shaktris Linie fortführte und in allen Dingen ein zweiter Shaktri war. ... Und weil Vasishta davon abließ, seinem Leben ein Ende zu bereiten, als er von diesem Enkelsohn erfuhr, wurde er Parasara genannt (das Tote belebt). Vom Tage seiner Geburt meinte der tugendhafte Parasara, daß Vasishta sein Vater wäre und benahm sich ihm gegenüber so. Und eines Tages nannte das Kind in Anwesenheit seiner Mutter den Ersten der Brahmanen, Vasishta, auch „Vater“. Als seine Mutter das liebe Wort von ihrem Sohn vernahm, da sprach sie mit tränenfeuchten Augen zu ihm: „Ach Kind, sag doch nicht Vater zu deinem Großvater.

Dein Vater, mein Sohn, wurde fern ab von hier von einem Rakshasa verschlungen. ... “ Da wurde ihr Sohn, ... zuerst sehr traurig und flammte dann entschlossen auf, um die ganze Schöpfung zu vernichten. Da wandte sich der ruhmreiche und große Asket Vasishta, Sohn des Mitra Varuna, ... an seinen Enkelsohn, der sein Herz daran gesetzt hatte, die Welt zu zerstören. Höre, oh Arjuna, mit welchen Argumenten es Vasishta schaffte, den zerstörerischen Entschluß aus dem Geist seines Enkels zu vertreiben.

Die Geschichte von Kritaviryas Söhnen

Vasishta sprach:
Einst lebte ein gefeierter König namens Kritavirya. .. ein Schüler der vedenkundigen Bhrigus. Und nach Durchführung des Soma Opfers, erfreute dieser König die Brahmanen mit vielen reichen Gaben und Reis. Nachdem der Monarch in den Himmel aufgestiegen war, begehrten seine Nachfahren mit der Zeit immer mehr Reichtum. Und weil sie wußten, daß die Bhrigus reich waren, gingen sie als Bettler zu diesen Besten der Brahmanen. Doch einige Bhrigus verbargen ihren unzerstörbaren Reichtum, und andere gaben ihn an andere Brahmanen weiter, zum Schutz vor den Kshatriyas (Krieger). Darüber hinaus gaben sie den Kshatriyas, was immer diese begehrten. Es geschah nun, daß einige Kshatriyas am Haus eines gewissen Bhargava gruben und dort einen großen Schatz fanden. Dies zeigten sie allen anderen anwesenden Kshatriyas, die über das vermeintlich betrügerische Verhalten dieses Bhrigu sehr zornig wurden und ihn beschimpften.

Obwohl sie um Gnade angefleht wurden, töteten sie alle Bhrigus mit ihren spitzen Pfeilen. Doch nicht genug mit dem Gemetzel. Die wütenden Bogenkämpfer wanderten über die Erde und mordeten alles und jeden im Geschlecht der Bhrigus, sogar die Nichtgeborenen in den Leibern der Mütter. Während solcherart das Geschlecht der Bhrigus ausgelöscht wurde, flohen die Frauen voller Angst in die unzugänglichen Berge des Himavat. Eine unter ihnen versteckte ihr energetisches Neugeborenes in einem ihrer runden Schenkeln, um die Linie ihres Ehemanns fortzuführen. Doch eine andere Brahmanen-gattin erfuhr davon, und aus Angst vor den Kshatriyas erzählte sie den Kriegern davon. Diese machten sich auf den Weg, den Embryo zu töten.

Dort angekommen, sahen sie die werdende Mutter im Glanz ihrer angeborenen Energie. Dann wurden sie Zeugen, wie das Kind den Oberschenkel seiner Mutter aufriß, herauskam und die Augen der Kshatriyas blendete, wie die Mittagssonne. Ohne ihr Augenlicht irrten nun die Kshatriyas durch die steilen Bergesschluchten. Die Prinzen litten sehr unter ihrer Blindheit und beschlossen, zu dieser makellosen Dame zurückzukehren und bei ihr Zuflucht zu suchen. Mit furchtsamen Herzen und voller Kummer, wie ausgelöschte Feuer, sprachen sie zur ruhmreichen Dame: „Wir bitten um deine Gnade, oh Dame, wir möchten wieder sehen können. Wir werden sofort in unsere Häuser zurückkehren und für immer von unseren sündhaften Taten Abstand nehmen. Oh du Schöne, gewähre uns mit deinem Kind deine Gunst. Bitte sei wohlwollend zu uns Königen und gib uns unser Augenlicht wieder.“
 
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181


Die Ahnen sprechen zu Aurva

Die Brahmanendame antwortete:
Weder habe ich euch das Augenlicht genommen, noch bin ich zornig auf euch. Doch dieses Kind aus dem Geschlecht der Bhrigus war wütend über euch. Es gibt keinen Zweifel, daß dieses ruhmreiche Kind euch geblendet hat, weil ihr mit dem Gemetzel an seiner Familie seinen Zorn erregt habt. Ach ihr Kinder, während ihr sogar die Ungeborenen der Bhrigus gemordet habt, hielt ich dieses Kind für hundert Jahre in meinem Oberschenkel verborgen.

Und damit das Wohlergehen der Bhrigu Linie erhalten bleibt, kamen alle Veden nebst ihren sechs Zweigen auf dieses Kind, als es noch im Mutterleib war. Es ist verständlich, daß dieser Nachfahre der Bhrigus euch besiegen möchte, denn ihr seid die Mörder seiner Väter. Durch seine göttliche Energie wurden eure Augen geblendet. Daher, Kinder, betet zu meinem hervorragenden Kind, welches aus meinem Schenkel geboren wurde. Von eurer Verehrung besänftigt, mag er euch eure Sicht wiedergeben.

Vasishta fuhr fort:
So wandten sich die Prinzen an das Schenkel-geborene Kind namens Aurva (schenkelgeboren). Mit dem Wunsch „Sei uns gnädig!“, erflehten sie sich die Gunst des Kindes und erhielten sofort ihr Augenlicht wieder. Dann kehrten sie - wie versprochen - heim.

Doch wegen der Vernichtung der Brighu Rasse neigte sich das Herz des hochbeseelten Rishi Aurva zur Zerstörung aller Kreaturen der Welt. Auf diese Weise wollte der Nachfahre der Bhrigus seine gemordeten Ahnen ehren, und er begann dafür mit der härtesten Buße. Es war sein Ziel, seine Vorfahren zufriedenzustellen, doch mit seiner strengen Enthaltsamkeit quälte der Rishi die drei Welten mit allen Sura- und Asura-Göttern und Menschen. Da verließen die Ahnen, welche um die Absicht ihres Nachfahren wußten, ihre Bereiche und sprachen zu ihm. Die Ahnen sagten:

Oh Aurva, Sohn, du bist furchtbar in deiner Askese. Wir haben deine Macht gesehen. Nun sei den drei Welten gnädig, und beherrsche deinen Zorn. Oh Kind, nicht aus Unvermögen ließen die Bhrigus mit den kontrollierten Seelen ihre Zerstörung durch die Hand der gewalttätigen Kshatriyas zu. Oh Kind, wir wurden der langen, uns zugewiesenen Lebenszyklen müde, und sehnten uns deshalb nach Untergang. Die Schätze, welche die Bhrigus unter jenem Haus vergruben, wurden nur dort versteckt, damit sie auf die Begierde der Kshatriyas treffen und der Kampf beginnen sollte.

Oh bester Brahmane, wir sehnten uns nach dem Himmel und hatten keine Verwendung für irdische Reichtümer. Denn der Schatzmeister des Himmels bewahrt einen viel größeren Schatz für uns. Als wir herausfanden, daß uns der Tod auf keine Weise nahe treten wollte, oh Kind, da erachteten wir diesen Weg als den besten. Denn wer Selbstmord begeht, gelangt niemals in gesegnete Bereiche. Daher sahen wir von der Zerstörung durch eigene Hand ab. Und daher sind wir auch mit deiner Absicht nicht einverstanden. Ziehe deinen Geist von den sündigen Gedanken der Zerstörung der Welt zurück. Oh Kind, vernichte weder die Kshatriyas noch die sieben Welten. Vernichte den Zorn, der deine asketische Macht befleckt.
 
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Chaitraratha Parva Parva Kapitel
182


Gäbe es einen Scharfrichter für jedes Unrecht in der Welt,
niemand würde es wagen, ein Verbrechen zu begehen.


Wenn Sünde keine Strafe findet, dann wird sie immer größer.

Doch Aurva entgegnete den Ahnen:
Das Gelübde, welches ich aus Zorn beschloß, darf nicht vergebens sein. Ich kann nicht zustimmen, einer von denen zu sein, dessen Zorn und Eide fruchtlos sind. Dieser Zorn wird mich sicher verschlingen, wie Feuer trockenes Holz verzehrt, wenn ich meinem Eid zur Vernichtung der Welten nicht folge. Der Mensch, der trotz eines gerechten Grundes seinen Zorn unterdrückt, kann niemals die drei Ziele im Leben erreichen (Tugend, Wohlstand, Vergnügen). Der Zorn, den Könige zeigen, welche alle Welten erobern möchten, ist nie ohne Nutzen. Denn er dient zur Bestrafung der Unwissenden und dem Schutz der Wissenden.

Während ich ungeboren im Oberschenkel meiner Mutter verweilte, hörte ich die traurigen Schreie aller Frauen, als das Bhrigu Geschlecht mitsamt allem ungeborenen Leben von den Kshatriyas ausgelöscht wurde. Ihr Ahnen, das war die Zeit, als sich meine Seele mit Zorn füllte. Mein Vater, meine Mutter und all die anderen, schwangeren Frauen fanden in ihrem panischen Schrecken keinen einzigen Beschützer in der ganzen Welt! Und weil es keinen Beschützer gab, hielt mich meine gute Mutter in ihrem Schenkel verborgen.

Gäbe es einen Scharfrichter für jedes Unrecht in der Welt, niemand würde es wagen, ein Verbrechen zu begehen. Wenn Sünde keine Strafe findet, dann wird sie groß.

Wenn ein Mann die Macht hat, eine Sünde zu verhindern oder zu bestrafen,
und dies nicht tut, obwohl er weiß, daß eine Schandtat begangen wurde,
wird er von eben dieser Sünde befleckt.

Da die mächtigen Könige meine Väter nicht beschützten, obwohl sie dazu in der Lage waren, und ihre Pflicht lieber für ein Vergnügen aufschoben, habe ich allen Grund, mit ihnen zornig zu sein. Ich bin es selbst, der Herr der Schöpfung, der fähig ist, ihre Ungerechtigkeiten zu bestrafen. So fühle ich mich nicht in der Lage, euren Befehl zu befolgen. Denn ich habe die Kraft dieses Verbrechen zu bestrafen. Wenn ich es nicht tue, werden die Menschen wieder und wieder ähnliche Verfolgungen erleiden. Das Feuer meines Zorns, mit dem ich bereit bin, die Welten zu zerstören, wird mit seiner Energie ganz sicher mich selbst verbrennen, wenn es unterdrückt wird. Ihr Meister, ich weiß, daß ihr allseits um das Wohl der Welten bemüht seid. So sagt mir, was für die Welten und mich gut und nützlich ist.

Die Ahnen antworteten:
Wirf das Feuer, welches dein Zorn gebar und die Welten vernichten will, zurück ins Wasser. Das wird dir gut tun. Denn die Welten hängen alle vom Wasser ab. Jede Substanz enthält Wasser. Das ganze Universum wurde aus dem Wasser (der Ozean der Ursachen - Karana Jala bzw. Der Ozean des Gebären - Ghabo-Dhaka) geschaffen. So wirf das Feuer deines Zorns wieder ins Wasser, oh bester Brahmane. Und wenn du es wünschst, dann laß dein Feuer im großen Ozean (im Ozean des Gebären) leben und dessen Wasser verschlingen. Auf diese Weise, du Sündenloser, wird sich dein Wort erfüllen, und die Welten mit den Göttern werden nicht zerstört.

Vasishta fuhr fort.
So warf Aurva das Feuer seines Zorns ins Reich Varunas. Dort wurde es zu einem großen Pferdekopf, der aus seinem Maul Feuer speit und die Wasser des gewaltigen Ozeans verschlingt. Die Vedenkundigen nennen es Vadava-mukha. Sei gesegnet! Es ist nicht deine Aufgabe, die Welten zu vernichten, oh Parasara, denn du bist vertraut mit den höheren Bereichen, du weisester der Menschen.
 
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183


Das Rakshasa Opfer des Parasara

Der Gandharva sprach:
Nach diesen Worten des ruhmreichen Vasishta beherrschte der brahmanische Weise Parasara seinen zerstörerischen Zorn. Doch dieser höchst energetische Sohn von Shaktri führte ein großes Rakshasa Opfer durch. In Erinnerung an den Mord an seinem Vater begann der große Muni in diesem Opfer alle Arten von Rakshasas, jung und alt, zu verbrennen. Vasishta hielt ihn von diesem Schlachten nicht zurück, denn er wollte den zweiten Eid seines Enkelsohnes nicht verhindern. Der große Muni Parasara saß vor drei lodernden Opferfeuern, und er selbst glich in diesem Opfer einem vierten. Er erleuchtete in diesem makellosen Opfer das ganze Firmament, wie die Sonne die Wolken erhellt, und goß viel geklärte Butter ins Feuer. Vasishta und die anderen Munis betrachteten den in seiner eigenen Energie Strahlenden wie eine zweite Sonne. Dann kam der große Rishi Atri mit der großmütigen Seele zum Opferplatz, denn er wollte dieses, für andere schwer durchführbare Opfer beenden. Auch Pulastya, Pulaha und Kratu (die ersten Söhne Brahmaas) kamen, diese Vollbringer von großen Opfern, und wünschten sehr, die Rakshasas zu retten. Als Pulastya erkannte, wie viele Rakshasas schon vernichtet waren, da sprach er zum Bezwinger aller Feinde, zu Parasara folgende Worte.

Pulastya sprach:
Nun, mein Sohn, ich hoffe, es gibt keine Störungen in deinem Opferritual. Erfreust du dich an der Vernichtung all dieser unschuldigen Rakshasas, die nichts vom Tod deines Vaters wissen? Es steht dir nicht zu, meine Wesen so zu zerstören. Denn dies ist nicht die Aufgabe von asketischen Brahmanen, mein Kind. Frieden ist die höchste Tugend. So übe Frieden, oh Parasara. Wie konntest du Hoher dich in solch eine sündige Tat verstricken? Du solltest nicht gegen Shaktri selbst handeln, der mit allen Geboten der Tugend wohl vertraut war. Und du solltest nicht meine Wesen vernichten. Oh Nachfahre des Vasishta, was deinem Vater geschah, war die Folge seines eigenen Fluchs.

Es war Shaktris eigene Schuld, daß er von hier in den Himmel ging. Oh Rishi, kein Rakshasa wäre in der Lage gewesen, Shaktri zu verschlingen. Er selbst führte seinen eigenen Tod herbei. Und, oh Parasara,
Vishvamitra war nur ein schicksalhaftes Werkzeug in dieser Sache.
Sowohl Shaktri als auch König Kalmashapada sind nun in den Himmel aufgestiegen und erfreuen sich großer Glückseligkeit. Auch die anderen Söhne Vasishtas vergnügen sich mit den Himmlischen. Und auch du, Enkel von Vasishta, bist in diesem Opfer nur ein Instrument zur Vernichtung unschuldiger Rakshasas. Gesegnet seist du! Und gib dein Opfer auf. Laß es enden.

Der Gandharva fuhr fort:
Auch Vasishta stimmte den Worten von Pulastya zu und der mächtige Muni, der Sohn des Shaktri, beendete sein Opfer. Der Rishi warf sein Feuer, welches er für das Rakshasa Opfer entzündet hatte, in die tiefen Wälder des nördlichen Himavat. Bis heute kann man dieses Feuer sehen, wie es von Zeit zu Zeit Rakshasas, Bäume und Steine verschlingt.
 
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Chaitraratha Parva Parva Kapitel
184


Warum Vasishta mit König Kalmashapadas Frau einen Sohn zeugte

Arjuna fragte:
Aus welchem Grund, oh Gandharva, befahl König Kalmashapada seiner Königin zu seinem Lehrer Vasishta zu gehen, diesem Besten unter allen Vedenkennern? Und warum ging der ruhmreiche und große Rishi Vasishta höchstselbst zu einer Frau, die er nicht hätte berühren dürfen, wo er doch alle Gebote der Tugend kannte? Oh Freund, war dies eine sündige Tat von Vasishta? Bitte zerstreue meine Zweifel in der Sache, die ich dir zur Lösung übergebe.

Der Gandharva erzählte:
Oh unbezwingbarer Dhananjaya, höre, und ich werde dir deine Fragen zu Vasishta und König Kalmashapada beantworten. Nun, du Bester der Bharatas, ich habe dir schon alles darüber erzählt, wie König Kalmashapada von Shaktri, dem ruhmreichen Sohn Vasishtas, verflucht wurde. Unter dem Einfluß des Fluchs verließ der König mit wütend rollenden Augen die Stadt, während ihn seine Gattin begleitete. Die beiden begaben sich in einsame Wälder und wanderten umher. Eines Tages kam der verfluchte König in einen Wald, in dem viele Hirsche und andere Tiere des Waldes lebten, eine reiche Vielfalt an Pflanzen, Bäumen, Büschen, Kletterpflanzen wuchsen, und viele laute Rufe von Vögeln erschallten.

Der Hunger plagte ihn sehr und so suchte der Monarch nach Nahrung. Rasend vor Hunger sah er endlich in einem einsamen Teil des Waldes einen Brahmanen, der gerade mit seiner Frau schlief. Erschrocken rannte das Paar beim Anblick des Monarchen davon, beide mit unbefriedigtem Begehren. Der König verfolgte das Paar und ergriff gewaltsam den Brahmanen. Da bat die Gattin des Brahmanen: „Höre mich an, oh Monarch der vorzüglichen Gelübde! Es ist in der ganzen Welt bekannt, daß du in der Sonnen-Dynastie geboren wurdest, und daß du immer achtsam der Moral verpflichtet warst und dich dem Dienst an Höherem widmest.

Oh du Unbezwingbarer, du darfst keine Sünde begehen, auch wenn du deines Verstandes beraubt wurdest. Ich bin in meiner fruchtbaren Phase, und sehnsüchtig vereinte ich mich mit meinem Ehemann. Doch ich wurde noch nicht befriedigt. Sei uns gnädig, oh bester König. Gib meinen Gatten frei.“ Doch der Monarch hörte nicht auf ihr Flehen und verschlang ihren Ehemann wie ein Tiger seine Beute. Als sie dies mit ansehen mußte, vergoß die Frau vor Zorn heiße Tränen, welche sich vor ihr in ein loderndes Feuer verwandelten. Voller Kummer über das Elend ihres Gatten, verfluchte die Brahmanin zornig den königlichen Weisen Kalmashapada:

„Weil du heute vor meinen Augen meinen geliebten und ruhmreichen Ehemann verschlungen hast, bevor unser Begehren gestillt war, wirst auch du durch meinen Fluch in jenem Moment den Tod finden, in dem du dich mit deiner Frau in ihrer fruchtbaren Phase vereinst. Deine Gattin soll nur einen Sohn gebären, wenn sie sich mit Vasishta vereinigt, dessen Söhne du verschlungen hast. Und nur dieser Sohn, du Schlimmster aller Könige, wird der Fortführer deiner Linie sein.“ Nach diesem Fluch ging die Dame mit allen besonderen Zeichen vor den Augen des Monarchen in das lodernde Feuer ein.

Durch seine asketische Macht und spirituelle innere Sicht wußte der ruhmreiche und hohe Vasishta sofort alles, was geschehen war. Lange Zeit später, als der König vom Fluch befreit war, ging Kalmashapada zu seiner Gattin Madayanti, als sie bereit war. Unter dem Einfluß der Lust hatte er den Fluch vergessen. Doch Madayanti hielt ihn sanft von seinem Vorhaben ab, und dem Besten der Könige kam nun die schreckliche Erinnerung wieder. Bitterlich bereute er, was er getan hatte. Und aus diesem Grund, oh Bester der Männer, bat der mit dem Fluch der Brahmanin beladene Monarch Vasishta um einen Sohn mit seiner Königin.
 
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Chaitraratha Parva Parva Kapitel
185


Die Pandavas ernennen Dhaumya zu ihrem Priester

Arjuna fragte: Oh Gandharva, du weißt alles! Sag uns also, welcher vedenkundige Brahmane würdig ist, als unser Priester ernannt zu werden.
Der Gandharva antwortete: In diesem Wald gibt es einen heiligen Ort namens Utkochaka. Dort findet ihr Dhaumya, den jüngeren Bruder von Devala, in asketische Enthaltsamkeit versunken. Wenn ihr wollt, nehmt ihn zum Priester.

Vaisampayana fuhr fort: Da übergab Arjuna höchst zufrieden mit allem, was geschehen war, dem Gandharva seine Feuerwaffe mit den angemessenen Riten. Dann sprach er zu ihm: „Oh bester Gandharva, laß die Pferde, die du uns übergeben willst, noch bei dir weilen. Zur rechten Gelegenheit werden wir sie von dir holen. Sei gesegnet!“ Dann grüßten sich die Pandavas und der Gandharva voller Respekt, verließen das malerische Ufer der Bhagirathi und gingen ihrer Wege. Die Pandavas begaben sich zum heiligen Asyl Utkochaka und ernannten Dhaumya zu ihrem Priester. Der vedenkundige Dhaumya bewirtete sie mit wilden Früchten und Wurzeln und war einverstanden, ihr Priester zu werden. So erhielten die Pandavas mit ihrer Mutter als sechste im Bunde diesen Brahmanen als Priester, betrachteten ihre Herrschaft und das Königreich als wiedergewonnen und auch die Tochter des Königs von Panchala in der Gattenwahl als bereits errungen.

Mit Dhaumya als ihrem Priester fühlten sich diese Bullen des Bharata Geschlechts unter die Obhut eines mächtigen Beschützers gestellt. Der hochbeseelte Dhaumya war mit den wahren Bedeutungen der Veden und allen Geboten der Tugend wohl vertraut und wurde zum spirituellen Lehrer der tugendhaften Pandavas. Die Helden wurden seine Yajamanas (spirituellen Schüler). Und Dhaumya bemerkte ihre himmlische Klugheit, Stärke und Ausdauer, und auch er war sich sicher, daß sie aufgrund ihrer eigenen Fähigkeiten sich sowohl Königreich als auch Herrschaft gewinnen würden. Mit dem Segen des Brahmanen begaben sich die Pandavas in seiner Begleitung zur Gattenwahl der Prinzessin von Panchala.
 
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Swayamvara Parva 186

Auf dem Weg nach Panchala

Vaisampayana erzählte:
So machten sich die Pandavas auf den Weg nach Panchala, um sich das Land, Draupadi und die Festlichkeiten anzusehen. Auf dem Weg trafen die Alleinreisenden Tiger unter den Männern mit ihrer Mutter auf viele Brahmanen, die in großen Gruppen gemeinsam wanderten. Als die Brahmacharis die Pandavas bemerkten, sprachen sie zu ihnen: „Wohin geht ihr? Und woher kommt ihr?“ Yudhishthira antwortete ihnen: „Ihr Bullen unter den Brahmanen, wisset, wir sind Brüder und wandern mit unserer Mutter. Wir kommen gerade von Ekachakra.“

Da sprachen die Brahmanen:
Geht doch zum Palast von Drupada in Panchala. Dort findet bald eine große Gattenwahl (Swayamvara) statt, bei der viel Reichtum verteilt wird. Wir gehen auch dorthin. Laßt uns gemeinsam wandern. Es wird ein hervorragendes, göttliches Fest geben. Der ruhmreiche Drupada hat eine Tochter, die sich mitten aus dem Opferaltar erhob. Sie hat Augen wie Lotusblätter, ihre Züge sind makellos, sie ist jung und klug und sehr, sehr schön. Die schlankhüftige Draupadi mit der wunderbaren Figur duftet weithin wie der blaue Lotus. Sie ist die liebliche Schwester des starkarmigen und majestätischen Dhrishtadyumna, der in Zukunft Drona vernichten wird. Er wurde mit einer natürlichen Rüstung, Schwert, Bogen und Pfeilen aus dem lodernden Feuer geboren und gleicht einem zweiten Feuer.

Die Tochter von Drupada wird sich einen Ehemann unter den eingeladenen Prinzen erwählen. Wir gehen hin, um sie zu sehen und mitzufeiern. Zur Gattenwahl werden viele Könige und Prinzen aus verschiedenen Ländern erwartet, die große Opfer vollführt und die Brahmanen reich beschenkt haben, die dem Studium zugetan, heilig, ruhmreich und von strengen Gelübden sind. Sie alle sind jung und schön, mächtige Wagenkämpfer und geschickte Krieger. Um die Maid zu gewinnen, werden sie alle viel Reichtum, Kühe, Nahrung und andere wünschenswerte Dinge verschenken.

Wir werden annehmen, was sie geben, die Gattenwahl und alle Feste besuchen und dann weiterwandern. Es werden auch viele Schauspieler, Heralde, mächtige Athleten und Tänzer aus fernen Ländern kommen. Die Barden singen die Loblieder der Könige, und die Erzähler rezitieren die Puranas. Seht euch all das Schöne an, nehmt von den Geschenken, ihr Ruhmreichen, und dann könnt ihr mit uns zurückkehren. Ihr seid alle gut aussehend wie die Himmlischen. Wenn sie euch sieht, wird Draupadi vielleicht einen von euch erwählen. Oder vielleicht gewinnt dein hübscher Bruder hier, der mit den starken Armen, in sportlichen Wettkämpfen viel Reichtum.

Nach diesen Worten der Brahmanen erwiderte Yudhishthira: „Ja, wir werden mit euch gehen, um die Gattenwahl des Mädchens und alle Feste anzuschauen.“
 
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Swayamvara Parva 187

Die Draupadis (Krishnaas) Gattenwahl beginnt

Vaisampayana fuhr fort:
Auf ihrer Reise ins südliche Panchala zu König Drupada trafen die heldenhaften Pandavas den ruhmreichen Vyasa Dwaipayana (welche das Schreiben der Vedischen Schriften am Anfang dieses Zeitalter vor etwa 5200 Jahren angeordnet hat), diesen Muni mit der reinen Seele und vollkommen ohne Sünde. Sie grüßten ihn und wurden wieder gegrüßt, unterhielten sich mit ihm und reisten weiter zu ihrem Ziel, von ihm noch einmal bekräftigt. Diese mächtigen Wagenkrieger wanderten langsam Etappe für Etappe, und pausierten hin und wieder in einem bezaubernden Wäldchen oder an einem klaren Teich am Wege. Ihren Studien treu, rein in ihren Handlungen, freundlich und mit liebevoller Rede begabt kamen sie endlich in Drupadas Stadt an. Sie besahen sich die Stadt und auch das Fort und nahmen Quartier im Hause eines Töpfers. Sie verhielten sich wie Brahmanen und lebten von Almosen. Und kein Mensch erkannte die Helden während dieser Zeit.

Drupada hatte schon immer den Wunsch in seinem Herzen gehegt, seine Tochter an Arjuna, den Sohn des Pandu, zu übergeben. Doch er sprach niemals von diesem Wunsch zu irgend jemandem. Doch mit seinen Gedanken bei Arjuna ließ der König von Panchala einen sehr straffen Bogen bauen, den wohl nur Arjuna spannen konnte. Dann ließ er einen hohen Turm errichten, an dessen Spitze hoch im Himmel ein Ziel hing. Dann sprach Drupada: „Wer diesen Bogen spannen kann, und mit diesen schön verzierten Pfeilen das Ziel über dem Turm trifft, der soll meine Tochter erhalten.“

Mit diesen Worten verkündete König Drupada die Gattenwahl. Und viele Könige erfuhren davon und kamen in seine Hauptstadt nebst vielen ruhmreichen Rishis, welche die Gattenwahl anschauen wollten. Auch Duryodhana und die Kurus kamen, von Karna begleitet. Alle hohen Gäste wurden ehrfürchtig vom ruhmreichen Drupada empfangen. Auch die Bürger der Stadt wollten das Spektakel erleben, und füllten mit lautem Getöse die Ränge im großen Amphitheater. ... Die Fenster der Häuser ringsum waren mit goldenen Schnitzereien geziert und ihre Wände mit Diamanten und kostbaren Steinen besetzt.

... Es gab kostbare Sitze und Teppiche, alles war mit schönen Metallen verziert, ... In diesen siebenstöckigen Häusern saßen die von Drupada eingeladenen Könige und Prinzen, die selbst alle mit den schönsten Ornamenten geschmückt waren und sich gegenseitig übertreffen wollten. ...

Auch die Pandavas betraten das Amphitheater, setzten sich zu den Brahmanen und betrachteten den unvergleichlichen Wohlstand des Königs von Panchala. Das ganze Publikum, Prinzen, Brahmanen und Bürger, freuten sich an den Vorstellungen der Schauspieler und Tänzer. Im Laufe der Zeit wurden mehr und mehr Geschenke aller Arten von schönen Dingen gemacht, und die Menge wurde immer größer. So vergingen einige Tage. Dann, am sechzehnten Tag, betrat die gereinigte Tochter Drupadas die Arena, reich geschmückt mit allen Ornamenten. In ihrer Hand hielt sie ein goldenes Gefäß zum Opfern und eine Blumengirlande.

Der Priester der Mond-Dynastie, ein geheiligter Brahmane gelehrt in allen Mantras, entzündete das heilige Feuer und nährte es mit geklärter Butter und den rechten Riten. Als Agni (das Feuergott) zufriedengestellt war und alle Brahmanen die glücksverheißenden Formeln gemurmelt hatten, hörten die Musiker auf zu spielen. Im ganzen, weiten Rund wurde es vollkommen still. Dhrishtadyumna ergriff die Hand seiner Schwester, stand in der Mitte der Arena und verkündete mit tiefer und donnernder Stimme folgende zauberhafte und bedeutende Worte:

„Hört, ihr versammelten Könige. Dies ist der Bogen, dort das Ziel, und hier die Pfeile. Schießt fünf spitze Pfeile durch die Öffnung im Turm. Und ich verspreche euch wahrhaftig: Wer von edler Abstammung, schön und stark ist und die große Tat vollbringt, wird meine Schwester Draupadi zur Gattin erhalten.“ Danach wandte sich der Sohn Drupadas an seine Schwester und zählte ihr die Namen, Abstammungen und großen Taten der versammelten Könige auf.
 
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