Hallo, um wieder zum Thema zurück zu kommen, hier was Khalil Gibran im "Propheten" dazu sagt.
Von Gut und Böse.
Und einer der Stadtältesten sagte : Sprich zu uns von Gut Und Böse.
Und er antwortete :
Von dem Guten in euch kann ich sprechen, aber nicht von dem Bösen.
Denn was ist das Böse anderes als das Gute, das von seinem eigenen Hunger und Durst gequält wird?
Wahrhaftig, wenn das Gute hungrig ist, sucht es Nahrung selbst in dunklen Höhlen, und wenn es dürstet, trinkt es sogar von fauligem Wasser.
Gut seid ihr, wenn ihr eins mit euch selbst seid. Doch wenn ihr nicht eins seid mit euch selbst, seid ihr dennoch nicht böse.
Denn ein geteiltes Haus ist noch keine Räuberhöhle, sondern einfach nur ein geteiltes Haus. Und ein Schiff ohne Ruder mag ziellos zwischen gefährlichen Inseln herumirren und doch nicht auf den Meeresgrund sinken.
Ihr seid gut, wenn ihr danach strebt, von euch zu geben, doch seid ihr nicht böse, wenn ihr nach Gewinn für euch selbst strebt. Denn wenn ihr nach Gewinn strebt, seid ihr nur wie eine Wurzel, die sich an die Erde klammert und sich an ihrem Busen nährt.
Gewiss kann die Frucht nicht zu der Wurzel sagen: Sei wie ich, reif und voll und immer bereit, von deinem Überfluss zu geben. Denn der Frucht ist das Geben ein Bedürfnis, so wie der Wurzel das Empfangen.
Ihr seid gut, wenn ihr in eurer Rede vollständig wach seid, dennoch seid ihr nicht böse, wenn ihr schlaft und eure Zunge ziellos stammelt. Und selbst holpriges Reden mag eine schwache Zunge kräftigen.
Ihr seid gut, wenn ihr festen und kühnen Schrittes auf euer Ziel zugeht. Aber ihr seid nicht böse, wenn ihr dorthin hinkt. Selbst der Hinkende schreitet nicht zurück.
Doch ihr, die ihr stark und schnell seid, seht zu, dass ihr nicht vor den Lahmen hinkt und dies für Freundlichkeit haltet.
Auf unzählige Weisen seid ihr gut, und wenn ihr nicht gut seid, dann seid ihr noch lange nicht böse. Ihr seid nur faul und träge. Ein Jammer, dass der Hirsch die Schildkröte keine Schnelligkeit lehren kann.
In eurem Sehnen nach eurem übermenschlichen Selbst liegt euer Gutsein und dieses Sehnen wohnt in allen von euch.
Aber in manchen von euch ist dieses Sehnen ein Sturzbach, der mit Macht zum Meer rauscht und die Geheimnisse der Hügel und die Lieder des Waldes mit sich trägt.
Und in anderen ist es ein flacher Strom, der sich in Kurven und Windungen verliert und lange verweilt, bis er die Küste erreicht. Dennoch soll der, welcher viel ersehnt, nicht zu dem sagen, der wenig begehrt: Warum gehst du langsam und zögerst? Denn der wahrhaft Gute fragt auch nicht den Nackten: Wo ist dein Gewand? noch den Obdachlosen: Was ist aus deinem Haus geworden?
lg WKM07