Ist Bescheidenheit sinnvoll?

Aphrodite, dem widerspricht ja niemand. Aber ich sagte explizit, dass wir hier NICHT von Angebern und Überheblichen sprechen. Es geht nur darum, dass der Selbstwert von einigen es offenbar nicht gut verkraften kann, wenn andere etwas besser wissen oder können oder auf einem Gebiet mehr Erfahrung haben.
 
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ist es nicht auch oft so, daß der recht bekommt, der am lautesten schreit? zumindest für die masse ...
wenn jemand wirklich wissen hat, wird er es dann und wann auch mitteilen, aber weshalb sollte er auf seinem standpunkt beharren? es bringt ihn ja weiter, seinen horizont um jede neue meinung zu erweitern.
ein dummer tut dies nicht. er beharrt rechthaberisch auf seiner meinung ;)
das ist für mich der einzige unterschied zwischen dumm und schlau, einen anderen sehe ich nicht.
 
Soll man Wissen zurückhalten, geringere Erfahrung vortäuschen und sich dümmer geben, um Rücksicht auf andere zu nehmen, die sonst evtl. den Mut verlieren könnten, weil sie noch mehr am Anfang stehen?

ich sehe das etwa so:
in einer Runde, in der bestimmte (meine z.B. :) ) Interessen und deren Vertretung zu einem bestimmten Ergebnis führen sollen, werde ich meine Kompetenzen möglichst optimal einsetzen, heißt: was ich weiß und gut kann geht jeden an. Damit habe ich größtenteils gute Erfahrungen gemacht. Und die Runden, in denen das auf verängstigte Gesichter stieß erwiesen sich schnell als zu inkompetent, um ein mir sinnvoll erscheinendes Ergebnis erzielen zu können ...

In einer privaten Runde, in der ich mich und nicht meine Interessen vertrete, finde ich understatement manchmal ganz spaßig, gerade, wenn denn auch noch andere "Schlaue" zugegen sind, mit denen auf einer meta-Ebene ein prima Austausch ganz nebenbei läuft auf diese Art. Und eigentlich sehe ich da auch keinen Anlass, meine Kompetenzen an die große Glocke zu hängen, finde ich eher lästig, auch wenn ich das bei anderen beobachten muss. Aber vielleicht bin ich auch nur ein lausiger Privat-Profilierer... ;)
 
...

Also zurück zu meiner Frage.


Gemeint ist folgendes:

Die Rede ist von einer erfahrenen Person mit gutem Selbstwertgefühl. Und es geht nur um Theorie und Diskussion.

Wenn jemand auf seinem Gebiet gut ist (Bäcker, Magier, Mechaniker, Friseuse, Physiker, Philosoph, etc.) ist es innerhalb einer Diskussion sinnvoll, sein Wissen und Können zurückzuhalten, damit sich andere – noch weniger Informierte, Ausgebildete oder Erfahrene – nicht verletzt oder zurückgesetzt fühlen?

Soll man Wissen zurückhalten, geringere Erfahrung vortäuschen und sich dümmer geben, um Rücksicht auf andere zu nehmen, die sonst evtl. den Mut verlieren könnten, weil sie noch mehr am Anfang stehen?

Soll ein Weiser sich blöd stellen, ein Gescheiter dumm, ein Könner unbedarft, um noch weniger entwickelte Selbstwerte anderer zu schonen? Um niemanden einzuschüchtern?

Wäre eine solche Form von "Bescheidenheit" nicht eher eine Lüge und diente lediglich der Egozentrik anderer?

Soll der Starke sich grundsätzlich schwächer geben, weil Schwächere sich sonst eingeschüchtert fühlen könnten?

Also bitte, was meint ihr?

Grüessli
Elli
:zauberer1

Hi Elli :)

Prinzipiell würde ich sagen Nein.

Wobei es darauf ankommt, welches Ziel Du verfolgst bzw. welchen Zweck deine Bescheidenheit hat.

Wenn in einer Diskussion behauptet wird, dass zwei plus zwei fünf sei, dann kannst Du sagen "Falsch, das ist vier".

Du kannst aber auch vier Äpfel beischleppen, so tun als ob Du die Lösung auch nicht kennst und deinen Gesprächspartner selbst die Lösung finden lassen und ihm damit vermitteln, dass er das kleine Einmaleins auch irgendwann verstehen wird.

Sinnvoll wäre, so sehe ich das, dein Wissen zu vermitteln ohne das der Andere dabei eingeschüchtert wird.

Trotzdem würde ich nicht, des lieben Friedens willen, etwas unvollständig oder falsch stehen lassen, wenn ich es tatsächlich besser weiß.

Besser, wenn der Andere selbst darauf kommt, aber im Zweifelsfalle ist es sicher fairer, zu sagen, was man weiß und sein Wissen nicht zurückzuhalten.

"Man sollte dem Anderen die Wahrheit wie einen Mantel hinhalten, damit er hineinschlüpfen kann, und nicht wie ein nasses Tuch um den Kopf schlagen."
( Max Frisch )

Liebe Grüße

Bonobo
 
"Man sollte dem Anderen die Wahrheit wie einen Mantel hinhalten, damit er hineinschlüpfen kann, und nicht wie ein nasses Tuch um den Kopf schlagen."
( Max Frisch )
Wunderbar :D Vielen Dank Bonobo.

Bisher stimm ich allem zu, was in diesem Thread gesagt wurde :) Sehr interessant das Ganze :)
Auch unser grüner Buddha hat noch einen wichtigen Aspekt erwähnt.

Grüesslis
:zauberer1
 
Schöner Thread.

Vorneweg: Dumme/Schlaue, Wissende/Unwissende, Gewinner/Verlierer - pöhse Dualität :)

Bescheidenheit halte ich auf alle Fälle für sinnvoll, vor allem bei gefestigten Charakteren. Man besteht ja hoffentlich nicht nur aus seinem Ego. Anerkennung sollte dann wohl auch kein Thema sein, wozu sonst schreiben? Wenns wo zwickt, sollte man sich fragen warum ;)

Wenn "Basics" in Theorie und/oder Praxis nicht erkennbar sind, die Person noch dazu verunsichert ist, nutzt es keinem drüberzufahren. Gesten helfen allen Beteiligten und sorgen für angenehmes Klima, im schlimmsten Fall ist man höflich - wenn mans nicht übertreibt. Ne gute Übung isses allemal, und niemandem fällt ein Zacken aus der Krone ;)

In der Esoterik gibts ja auch mindestens soviele Meinungen, Ausdrucks- und Herangehensweisen wie Themengebiete. Verschiedene Erfahrungen auf verschiedenen Gebieten, qualitativ und quantitativ. Wer mag die alle haben? Hinzu kommt, daß natürlich im Internet der Ton manchmal nicht wirklich rüberkommt und zuweilen misinterpretiert wird. (Wie ist das jetzt gemeint? Apropos gefestigter Charakter oder Übung :))

Re: Sichtweisen... wie oft diskutiert man stundenlang, nur um herauszufinden, daß man eigentlich dasselbe meint... Diskussion als Vokabelaustausch, sich kennen lernen.

Den Horizont erweitern.
 
...

Soll ein Weiser sich blöd stellen, ein Gescheiter dumm, ein Könner unbedarft, um noch weniger entwickelte Selbstwerte anderer zu schonen? Um niemanden einzuschüchtern?

Wäre eine solche Form von "Bescheidenheit" nicht eher eine Lüge und diente lediglich der Egozentrik anderer?

Noch etwas Schönes zum Thema.

Manchmal kann es auch besser sein, wenn es nicht soo wichtig ist, die Wahrheit für sich zu behalten, denn...

"Es ist fast unmöglich, die Fackel der Wahrheit durch ein Gedränge zu tragen, ohne jemandem den Bart zu sengen."
:clown:
( Georg Christoph Lichtenberg )
 
...netter Spruch, ja, Bonobo,
aber ich gehe auch dann, wenn ich meine Kompetenzen ausbreite, nicht davon aus, dass ich "die Wahrheit" vertrete, bestenfalls eine Sichtweise, die meinen Erfahrungen entspricht. Und die sind selbst auf Gebieten, über die ich viel weiß, begrenzt (was noch nichts über ihren Umfang aussagt ;) ).

Trotzdem muss ich mir den Schuh anziehen, den Du da hinstellst :)
Denn ich habe schon häufig erlebt, dass ich genau diese Selbstrelativierung nur ungenügend in dem transportiere, was ich vertrete. Das wirkt dann einschüchternd, und zwar unnötigerweise.
 
Trotzdem muss ich mir den Schuh anziehen, den Du da hinstellst :)
Denn ich habe schon häufig erlebt, dass ich genau diese Selbstrelativierung nur ungenügend in dem transportiere, was ich vertrete. Das wirkt dann einschüchternd, und zwar unnötigerweise.
Das dürfte der Knackpunkt sein.
In dem Fall müsste man seine Ausdrucksformen überarbeiten.
 
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Aber an Bonobos Lichtenberg-Spruch ist auch was. Muss ja nicht grad "Wahrheit" sein.

Es stellt sich mal wieder die uralte Frage: Ist es überhaupt möglich, es jedem Recht zu machen? Irgendwer wird doch immer irgendwas auszusetzen finden. Oder? Wo ist die Grenze der Rücksichtnahme?
 
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