Ich nenne das "nicht-aktives-denken". Also im Gegensatz zu über-etwas-nachdenken, wobei man ja aktiv z.B. unterschiedliche Szenarien durchdenkt, geht es beim nicht-aktiven-denken eher darum die Gedanken auf Emotionen reagieren zu lassen. Du kannst das testen, indem Du z.B. zuerst mal ein Thema festlegst das Dir Sorgen oder vielleicht sogar Angst macht. Dann versetzt Du Dich bewusst in die befürchtete Situation und beobachtest wie Du denkst... was Du denkst... wie Du Dich dabei fühlst. Wichtig ist, sich möglichst bewusst zu bleiben das man der Beobachter ist. Man greift nicht ein, man analysiert auch nicht aktiv. Man nimmt den Gedankenfluss mit einer Art zugewandten Einstellung zur Kenntnis.
Ich weiss, was du sagen willst. Sobald ich mich aber auf eine situation einstelle, sei es eine, wo ich mich sorge/ängstige oder auch der jammernden freundin zuhöre, sei es auch, dass ich das vordergründig nicht analysiere, nicht bewerte, bzw. eingreife: Es ist für mich ein aktiver akt. Anders ist es, wenn ich unterwegs bin und plötzlich gedanken kommen, zu einer thematik 'an die ich nicht dachte' oder ich mit etwas beschäftigt bin, aber ganz plötzlich - vielleicht auch ausgelöst durch diese tätigkeit - gedanken ins fliessen kommen, die allenfalls auch nur sehr flüchtigen charakter haben. Meinst du dennoch das?
Vergleichbar mit einer Situation, in der Dir eine Freundin von irgendeinem Problem erzählt. Sie plappert vielleicht drauf los, vielleicht ist sie etwas durch den Wind, vielleicht tendiert sie zu einseitigen Schuldzuweisungen, vielleicht sogar zu irrationalen Gedankengängen die im Gesamtkontext nicht mal logisch sind... aber Du lässt sie erst mal reden. Sehr aufmerksam und mit großem Interesse, aber ohne sie irgendwie zu befeuern indem Du ihr widersprichst oder eigene Analysen reinbringst.
Aber bringen nicht ihr redefluss dennoch bei mir sofort gedankengänge in bewegung? Ich muss ja deshalb nicht bewerten oder ihr reinreden. Ich habe schon so fälle erlebt, wie du einen beschreibst, da war ich ziemlich desinteressiert und konnte mich im grunde nachher an nichts mehr richtig erinnern. Das meinst du aber offensichtlich nicht.
Ich finde dieses reine zuhören, wo ich mich null bewegen lasse und die grenze, wo es ins desinteressierte kippt, recht...schmal.
Ja... ich glaube, dass das Leben selbst wie ein Traum ist, metaphorisch funktioniert. Es ist einfach zu wenig zufällig was geschieht, die roten Fäden im Leben die andere so gar nicht kennen, die aber wiederum andere rote Fäden haben.
Mit "roten Fäden" meine ich gewisse Lebensthemen die immer präsent sind bzw. immer wieder eine große Rolle spielen. Ich hätte da einige gute Beispiele, inklusive mir selbst, die mich nicht mehr an Zufälle glauben lassen.
Ja, die lebensthemen, das lebensthema, seufz. Die gibts, aber seltsamerweise haben nicht alle menschen solche themen....
Ich habe auch bsp. und an zufälle in dem sinne glaube ich auch nicht mehr. Vielleicht antizipieren wir unseren 'fäden', weshalb sich 'zufälle' ereignen und diese fäden spinnen sich immer munter weiter und schaffen neue 'zufälle'. Es ist, als ob lebensthemen eine eigene dynamik entwickeln würden. In wahrheit tun wir das, weil es
lebensthemen sind,
unsere.
Aber wie kann man das über jemand anders wirklich wissen? Hatte derjenige denn nie harte Zeiten, Probleme in Beziehungen oder irgendeine destruktive Tendenz?
Ich bin mit ihm verheiratet, ich kenne ihn sehr lange und gut. Nein, hatte er alles nie. Ich gehe jetzt nicht davon aus, dass du mit 'harten zeiten' verpatzte grössere prüfungen o.ä. meinst, sondern wirklich schmerzliche herausforderungen. Ueber andere kann man das natürlich nicht wissen, richtig. Ich glaube allerdings, dass es viele menschen gibt, die mit sich im reinen sind, selten zweifeln und dennoch nicht überheblich oder eingebildet sind.
Mir sagte mal einer, durch leiden werde man reif. Ich halte das im grunde für ...nicht richtig, obwohl es noch nicht so lange her war, dass ich auch so dachte. Nur ein kleiner prozentsatz zieht wirklich reifung aus solchen prozessen, i.s. von verständnis und mitgefühl für andere oder der einen oder anderen erkenntnis für sich selber (für mich denke ich, dass wenn vorher reife da ist, einem diese eben eher bewusst wird). Die meisten werden einfach nur zermürbt oder mutlos oder ziehen sich zurück oder was auch immer. I.ü. kann man auch reif sein, bzw. werden ohne zu leiden. Oder etwas überspitzt: Reif war man schon immer - oder eben nicht. Der umgang mit bestimmten lebenssituationen oder ereignissen zeigt
das dann im laufe des lebens auf.
Ich bin jetzt nicht ganz sicher, ob das stimmt, was ich schreibe, denn: Das würde eigentlich bedeuten, entwicklung findet nicht als fortschreitender prozess statt, sondern nur als eine feststellung, dass es so ist. Also kein weg, keine strecke.

Du darfst mich ruhig korrigieren...
Ja... aber man kann irgendwie nicht willentlich aufgeben. Irgendwelche Automatismen halten dagegen, selbst wenn man vielleicht wollen würde. Zumindest gehts mir so.
Vielleicht beschreibt es das wort 'hingeben' besser, ohne dass ich hier meine, dass einen der mut verlässt oder einem nichts anderes mehr übrig bleibt. Eine art einsicht..
Ich denke, es ist paradox oder scheint zumindest paradox zu sein. Sobald dieses Bewusstsein denkt, nimmt es den Gedanken wahr und stellt damit den Anschein der Trennung her. Denn "dieser Gedanke" ist sofort von seinem Gegenteil getrennt und auch vom Beobachter. Gleichzeitig beinhaltet der eine Gedanke möglicherweise alles... wohl das Gegenteil als auch den Beobachter.
Ja, schön gesagt.
Ich habe dafür eine Metapher... eine Art "Lichtwesen" (zur Verbildlichung) das vor einem Spiegel steht. Der Spiegel zeigt jedoch immer nur das was es zu sein denkt. Würde es denken: Ich bin nen Monster würde der Spiegel ein Monster zeigen und bestätigend wirken. Würde es denken "Ich bin nen Engel" würde der Spiegel das zeigen. Sich selbst vollkommen denken kann es aber vielleicht gar nicht... nur sein. Vielleicht zeigt der Spiegel dann die Wahrheit, aber vielleicht nicht mal dann. Vermutlich wäre das aber unnötig.
Weil wahrnehmung beschränkt ist und sein umfassend? Da fallen mir auch deine worte zum verstand ein und seiner funktion als feedbackgeber.
Mir fallen gerade nebenher auch die bücher von Erich Fromm ein:
'Haben und sein' und 'vom haben zum Sein' - empfehlungen aus dem muf.
Einerseits sehe ich das auch so. Aber sich einer Interpretation zu enthalten löst einen nicht, zumindest nicht wenn Du damit etwas trennendes meinst. Das sehe ich sogar umgekehrt. Etwas wahrzunehmen aber nicht gleich einzuordnen kann m.A.n. sogar Trennung überwinden. Ich denke, dass Du damit richtig liegst, dass wir grundlegend Verbindung suchen. Aber wir tun das schon auf der Basis eines Gefühls der Trennung und Verwundbarkeit. Wir fühlen uns angreifbar. Interpretation ist m.A.n. eine Art Schutzfunktion.
Jetzt hab ich's gerade begriffen, ja!

Ich glaube aber, dass es uns oft gar nicht bewusst ist, dass
sein-lassen, trennung überwindet und es gar nicht darum geht, immer einen standpunkt einnehmen zu müssen. Mit interpretation ordnen wir ein und damit schützen wir uns, ja, bringen uns auch in einem sicheren hafen, ev.
Wir wollen zu jeder Zeit wissen ob uns in irgendeiner Weise Gefahr droht (nicht zwingend physisch gemeint) und unter Umständen wollen wir auch wissen: Hilft uns "das" (was wir wahrnehmen) einen Mangel zu beseitigen.... ist "das" eher gut oder eher schlecht für uns (individuell... "mich")? Interpretation, Deutung, Bedeutung erfüllt m.A.n. eine Funktion die unnötig wäre, wenn wir uns nicht getrennt fühlen würden.
.....und wir wüssten, dass wir gar nicht nicht zugehörig sein können.
Ich frage mich, ob wir je gleichstand schaffen.
