Tommy
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Ich seh das so: Du glaubst an einen Schöpfergott und ich an einen pantheistischen. Du siehst in meinem Bild immer Widersprüche, die ich nicht sehe. Offensichtlich - jetzt interpretiere ich mal - findest du es schwer verdaulich, dass jemand Gott von der menschlichen Erfahrungswelt trennt (um mal diese Gut/Böse-Schiene zu verallgemeinern).
Hallo
Ja, es ist in der Tat für mich schwer verdaulich, daß jemand ein pantheistisches Gottesbild vertritt (Gott ist das Universum, das hattest du ja explizit formuliert) und gleichzeitig Gott von der menschlichen Erfahrungswelt abtrennen möchte. Sozusagen eine contradictio in adjecto. Wenn ich behaupte, Gott sei das Universum, kann ich nicht gleichzeitig behaupten, er hätte mit unserer Erfahrungswelt nichts zu tun. Das ist selbstwidersprüchlich.
Jetzt bin ich verblüfft. Ich erkläre mein Gottesbild und du fragst nur, warum ich eine allgemeine Schlussfolgerung vergessen habe? Mal ganz davon abgesehen, dass diese ja zu Punkt 2 gehört, hatte ich das als Empfehlung verstanden, nicht als Ergänzung meiner Schlussfolgerungen aus der Schlechtigkeit der Welt.
Okay, dann habe ich es als Schlußfolgerung mißverstanden.
Du hattest Schwierigkeiten, mein persönliches Gottesbild zu verstehen und ich hab versucht, es zu erklären. Du könntest ja auch einfach nachfragen, warum ich nicht an den Schöpfergott, der die Menschen mit freiem Willen ausgestattet hat, glaube, obwohl dieser auch die Schlechtigkeit der Welt erklärt. Da könnte man dann ein echtes Gespräch draus entwickeln, mit Nutzen für beide und evt. Mitleser. Aber so drängst du mich in eine Ecke, in der ich gezwungen bin, mich zu verteidigen oder das Gespräch absterben zu lassen.
Es war nicht meine Absicht, dich irgendwohin zu drängen.
Warum glaubst du nicht an einen Schöpfergott, der die Menschen mit freierm Willen ausgestattet hat?
Damit umgehst du jetzt ganz geschickt eine Auseinandersetzung mit dieser Feststellung. Deine "logische Analogie" ist eine Interpretation der historisch belegbaren Feststellung, dass es im Namen Jesus Morde gab. Wie interpretierst du das denn? Freier Wille des Menschen, wie du ja schon öfter angedeutet hast? Das wäre nämlich interessant.
Ja, so interpretiere ich das. In der anderen Lesart müßte man einen Marionettenspieler "Gott" annehmen, der hier die Fäden zieht und (vielleicht zu seiner Belustigung?) die Lehre der Nächstenliebe gleich nachdem sie formuliert wurde, von denen in Gegenteil verkehren läßt, die sie übernommen haben
Ich glaube aber, ich hab den Hauptunterschied in unseren Gottesvorstellungen ausgemacht: Ich glaube einfach, dass unser Erfahrungshorizont an die Erde gebunden ist und es noch andere Welten mit anderen Erfahrungshorizonten gibt. Du empfindest unseren Erfahrungshorizont universal.
Nein, ich glaube, da hast du nicht den Hauptunterschied ausgemacht. Denn da gehe ich mit dir d`accord. Nichts spricht dafür, daß wir die einzige intelligente Population im Universum wären, eher alles dagegen. Daher kann unser "Erfahrungshorizont" nicht universal sein, er ist ein menschlicher Erfahrungshorizont.
Was die Wahrheit ist, kann man natürlich nicht herausfinden. Trotzdem möchte ich dich fragen, warum du glaubst, dass Dinge wie Ethik universal sind? Das interessiert mich nämlich wirklich (es ist ja immerhin der Glaube von vielen, und ich verstehe ihn nicht).
"Ethik" an sich kann nicht universal sein, da es einen Haufen verschiedene Ethiken gibt, auch Ethiken, die eher dem entgegen sind, was wir in der aufklärerischen Tradition "humanitär" nennen. (z.B. die Ethik, die Machiavelli in seiner "Il Principe" niedergelegt hat). Ethik ist ja erst einmal nichts anderes, als ein System, das Kriterien für *gutes* und *schlechtes* Handeln an die Hand gibt. Es gibt aber Ethiken, die universale Bestandteile aufweisen, z.B. das Gebot der Nächstenliebe, das in allen religiösen Systemen auftaucht. Man kann Ethiken in der Tat universalistisch begründen, ohne auf die Idee Gott zurückgreifen zu müssen, wie es in der Philosophiegeschichte oft geschehen ist (z.B. Kant, Schopenhauer, Apel, Habermas usw.) Interessant ist aber, daß die Idee *Gott* stets mit ethischen Ideen verbunden ist, die einen universalistischen Kern aufweisen. Ausnahmen gibts da nicht. Das ist für mich ein erster Hinweis. Ein zweiter starker Hinweis stellt für mich tatsächlich das Gros der Gottesbegegnungen dar, in denen diese universalistischen Prinzipien tatsächlich auch formuliert wurden (ich gab den Link bereits). Aus diesen Gründen leite ich die Existenz einer universellen Ethik ab.
Warum ich das nicht glaube, kann ich nicht logisch begründen. Ich sehe nur, dass das Leben auf diesem Planeten mit einem (zu) guten Schuss Aggressivität ausgestattet ist und Leben sich schon immer gegenseitig ausgelöscht hat - da schließe ich jetzt sogar Viren (okay, die sind noch nicht mal Lebewesen) ein. Das heißt, der Mensch hat sich auf einer Grundlage von Leben entwickelt, in der Töten überlebensnotwendig ist.
Ein evolutionstheoretisches Argument. Daß sich der Mensch auf einer Grundlage entwickelt hat, "in der Töten überlebensnotwenidg" sei, ist sehr trickreich formuliert. Liegt am abstrakten Gehalt des Begriffs "töten". Du kannst aus der Evolutionstheorie nicht ableiten, warum es "überlebensnotwendig" sein sollte, daß Menschen sich gegenseitig abschlachten. Aus evolutionstheoretischer Sicht könnte man eher und durchaus plausibel ein Fundament für eine Ethik basteln, die der naturalistischen Sicht (der Stärkste setzt sich durch, Fressen und Gefressenwerden) entgegenläuft. So einen Versuch unternimmt etwa Peter Möller in seinem *Philolex* unter Rückgriff auf Cooper und Hutcheson (zwei Philosophen des 18.Jahrhunderts). Das wäre nicht meine primäre Sichtweise, ich wollte dir nur mitteilen, daß eine evolutionäre Sichtweise ein zweischneidiges Schwert ist und ebeso auch für eine Gegenargumentation herhalten kann. Bei Interesse entwickele ich dir die Position von Möller.
Wir leben hier in der prallen Polarität. Interessant finde ich auch, dass es Erlebnisse wie NTE gibt, dass man Gott in seinem Herzen spüren kann, dass man Geister sehen kann, aber dass es uns nicht möglich ist, die Hintergründe unserer Welt schwarz auf weiß zu durchschauen. Daher frage ich mich, ob es überhaupt möglich ist, Angst und Aggressivität, also alles Schlechte, zu überwinden und wenn ja, ob dann nicht tatsächlich hier "fertig hätten"??? Und kann es überhaupt darum gehen, die Schattenseiten zu unterdrücken, müssten diese nicht integriert werden?
Ob unsere Welt jetzt eine Entwicklungsstufe für unsere Seelen ist oder ob es keine Hierarchien gibt und unsere Seelen sie sich freiwillig ausgesucht haben (einfach um die Polarität hier zu erfahren) oder ob das eine universale Erfahrung ist, das kann ich nicht wissen. Aber der zweite Punkt fühlt sich für mich authentisch an.
Wir sind jetzt bereits dermaßen von OT, gemessen am Threadtitel. Vielleicht machst du einen eigenen Thread zu deiner These *Gott ohne Ethik* auf? Falls du es vertiefen möchtest. Sonst sind eigentlich die OT-Beschwerden vorprogrammiert, wenn wir dieses Thema jetzt hier weiter bereden.