Puuuh ... ja. So scheint es.
Hatte kürzlich wieder Kontakt mit einer, die Asthma hat, bei der im Mai Covid-19 nachgewiesen wurde.
Sie ist End-Dreißigerin. Sie fühlt sich erschöpft und muss sich immer noch schonen und ihre Herzbeutelentzündung vollends ausheilen lassen.
Ein anderer End-Dreißiger, Sohn einer Bekannten meiner Tante, ist Arzt und hat sich im April infiziert. Er hat's offenbar gut überstanden, merkte es an Erkältungssymptomen und an einem metallischen Geschmack, dass er erkrankt war.
Aber - wie kürzlich schon erwähnt - einer aus meiner Nachbarschaft war Mitt-Vierziger und ist Ende April bewusstlos aus unserem Haus getragen worden und starb wenige Tage später an Covid-19.
Von älteren Erkrankten habe ich in meinem Umfeld nichts mitbekommen.
Ich hätte Schwierigkeiten, es zu erkennen, da ich allergiebedingt quasi rund ums Jahr Atemwegsbeschwerden habe und zudem aufgrund meines Jobs praktisch jeden Erreger abbekomme, der die Runde macht. Hinzu kommen diffuse Symptome in allen möglichen Bereichen, die stressbedingt sind, sowie eine krankhafte Angst vor Krankheiten. Wenn man sich alle paar Wochen selbst eine neue tödliche Krankheit diagnostiziert, hat man auch etwas weniger Sinn für die Bedrohung, die Corona darstellt - und es ist komisch, wenn es plötzlich genau eine bedrohliche Krankheit gibt, die die Öffentlichkeit ähnlich stark fürchtet wie man selbst alle anderen.
Paradoxerweise könnte ich mich gerade deshalb mit Covid-19 anstecken und in Schwierigkeiten kommen, weil ich damit ausgelastet bin, Angst vor etwas anderem zu haben. Soll ich die Bauchschmerzen ernst nehmen, den zuckenden Muskel oder das Kratzen im Hals? Alles miteinander geht nicht.
Zudem wurde mir immer wieder gepredigt, ich dürfe mich nicht in gesundheitliche Bedrohungen hineinsteigern (bis hin zu Aussagen wie: "Ist unwahrscheinlich, dass , weshalb ich in der Rhetorik der Verharmloser so manchen ärztlichen Rat wiedererkenne, den Hypochonder regelmäßig hören. Wodarg und andere wurden für diese Art Rhetorik am Anfang der Krise noch vom Mainstream gefeiert. Damals hieß es, Nazis wollten Panik vor einem relativ harmlosen Virus verbreiten, um die Grenzen schließen zu können. Schwere Verläufe hervorzuheben, wäre damals als perfider Versuch bezeichnet worden, ein wenig bedenkliches Gesamtbild zu verzerren. Dann drehte sich der Wind und die Meinungsmacher vertraten plötzlich voller Überzeugung das Gegenteil des bisher Vertretenen - auch die "alternativen Medien". Die Experten, die gestern als Stimmen der Vernunft galten, sind heute Hetzer mit Aluhut, obwohl man bereits am Anfang wusste, dass das Virus gefährlich werden könnte.
Es ist alles nicht so einfach, denn - wie meinesgleichen immer wieder am eigenen Leib erfährt - der Intellekt spielt nur eine untergeordnete Rolle, was die Frage angeht, wo und wie wir Bedrohungen wahrnehmen.
Insgesamt finde ich es gut, dass hierzulande jeder bekannte Fall nachverfolgt wird. Zum ersten Mal überhaupt kann ich die Regierung loben. Aber die Debatten sind zu phrasenhaft, zu wetterabhängig und zu manichäisch. Es muss immer polarisiert werden, sogar wenn man genau die Sichtweise, für die man den anderen verteufelt, vor wenigen Monaten selbst noch hatte.