Die Liebe in der Gnosis
Wie ich in #727 geschrieben habe, brachte Jesus zwei Gebote, siehe Matthäus 22,37-39:
"Er antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinem ganzen Denken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst."
Durch die Gnosis lernen wir, Gott zu lieben, weil wir seine Liebe für uns erkennen. Es ist eine sehr intensive Art der Liebe, die sich mit der erotischen und bräutlich-ehelichen Liebe vergleichen lässt.
Aus den Oden Salomos, Ode 42:
„Wie der Arm des Bräutigams auf der Braut, so ist mein Joch auf denen, die mich kennen,
und wie das Brautlager, das ausgebreitet ist im Hause des Brautpaares,
so ist meine Liebe über denen, die an mich glauben.“
Der Gedanke der Vereinigung von Gott und Mensch als Bräutigam und Braut war in gnostischen Kreisen beliebt. Liebe wird in der Gnosis als die tiefe sowohl menschliche als auch göttliche Erfahrung, dass Lieben und Geliebtwerden in eine ganzheitliche Hochstimmung versetzen kann. So gesehen, bekommt die Erlösung, für die als Abbildung die Liebe der Liebenden steht, eine neue Bedeutung, und zwar in ihrer Gegenseitigkeit und Sehnsucht nach Vereinigung. Schönstes Beispiel dafür ist die Ode 3:
Aus den Oden Salomos, Ode 3:
„Ich wüsste nicht den Herrn zu lieben,
wenn nicht er mich liebte.
Wer kann die Liebe verstehen außer dem, der geliebt wird?
Ich liebe den Geliebten, es liebt ihn meine Seele!
Wo seine Ruhe ist, da bin auch ich ...
Ich bin mit ihm vereinigt worden,
weil der Liebende den Geliebten fand".