Engel:
Die Rolle der Engel sollte nicht darin bestehen, ein Sendbote des göttlichen Willens zu sein – sondern ein Sendbote des Guten und meinetwegen auch der Liebe. Sind sie nicht auch der Inbegriff von Nähe, Geborgenheit und Freiheit?
Wer keinen Kontakt zu Gott aufbauen kann, dem wird auch der Kontakt zu den Engeln nicht gelingen. Ich habe da nichts einzuwenden, dass sich jene, die ein Problem mit dem sinnlichen Draht haben, sich von einem anderen helfen lassen. Mich stören dabei aber, die Begrifflichkeiten und die Praxis einer Durchsage bzw. Mediums.
Wäre es nicht klüger, diese Blinden eine Chance zu geben selbst zu sehen? Sicherlich kann man mit Trance eine ganz besondere Nähe aufbauen, aber im Prinzip reicht es schon, wenn ich mir die Zeit nehme und die Nähe eines Engels oder sonstigen transzendenten Begleiters zulasse.
Jeder sollte auch einmal darüber nachdenken, warum sich die Menschen gerne an die vielen kleinen Götter wenden und weniger an diesen Gott. Hat er etwa selbst keine Zeit für mich, weil er zu sehr mit dem Großen beschäftigt ist? Soweit ich mich erinnere, hatte Gott in den Evangelien nur einmal zu Jesus gesprochen und das war bei der Taufe:
Markus 1[11] und es ertönte eine Stimme vom Himmel: Du bist mein Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.
Das Kreuz:
Jesus bezieht sich gleich zu Beginn seiner Mission auf die Propheten, insbesonders Jesaja. Deshalb sollte man einfach zur Bibel greifen und ihn den Büchern der Propheten nachlesen, was da so geschrieben steht. Zentraler Punkt bei Jesaja ist das Leiden des Knechtes Gottes, der die Sünden der Israeliten auf sich nimmt, um die Gunst Gottes wiedererlangen zu können und sie damit aus der Knechtschaft befreit.
Die Passionsgeschichte ist vollgespickt mit Versen aus dem Alten Testament, die es für einen Knecht Gottes zu erfüllen gab. Ja, man könnte fast glauben, dass diese Kreuzigung nie stattgefunden haben könnte – währen da nicht die Ungereimtheiten. Es gibt nun die Möglichkeit, dass Jesus schon zu Beginn vorhatte, die Rolle des Knechtes Gottes zu übernehmen. Warum war er dann aber schon zu Beginn seiner Mission aus Kafarnaum geflohen:
Markus 3[6]Und die Pharisäer gingen hinaus und hielten alsbald Rat mit des Herodes Diener über ihn, wie sie ihn umbrächten. [7] Aber Jesus entwich mit seinen Jüngern ans Meer ... (das benachbarte Ufer des Sees Gennesaret, außerhalb des Machtbereichs von Herodes Antipas*).
Gut, man könnte nun sagen, Jesus hätte noch nicht genügend Israeliten zur Umkehr bewegt – aber warum dann die Eile mit seiner Mission? Man bedenke, dass das Wirken Jesus nur knapp ein Jahr gedauert hatte und sich lediglich auf die Gebiete außerhalb Judäas beschränkte. Selbst in Galiläa musste er einige herbe Niederlagen mit seinem Evangelium vom Himmelreich erfahren.
So ziemlich am Ende seines Wirkens zogen er dann von Betsaida nach Cäsarea Philippi, die auch beide außerhalb Galiläas lagen. Nach Markus offenbarte Jesus den Jüngern auf diesem Weg seine Rolle (Mk 8[27]) und damit auch die Ziele seiner Mission (Mk 9).
Von dort aus zog er dann entlang des Ostufers des Sees Gennesarets und des Jordans nach Jericho, um sich dann letztlich in die Höhle des Löwen nach Jerusalem zu wagen. Auf diesem letzten Weg von Philippi war er also immer darauf bedacht, möglichst lange außerhalb von Galiläa und Idumäa, dem Machtbereich des Antipas zu bleiben.
Auf diesem Weg durchquerte Jesus mit seinen Jüngern die sogenannte Decapolis
* (Zehn Städte), in der er auch schon zuvor viel Erfolg hatte. Eventuell lag ja nach den vorausgegangenen Misserfolgen in Magdala, Betsaida und Philippi und der Zuspruch in der Decapolis der Grund alles in eine Wagschale zu werfen und in die Hochburg des Glaubens nach Jerusalem zu gehen.
Eventuell war es also gar nicht sein Ziel dort zu sterben, sondern hier auch nur wegen der Dinge in Konflikt geriet, die ihm schon in den anderen Orten in Schwierigkeiten gebracht hatten. Man sollte sich hier an die Geschichte des Apostels Stephanus erinnern, der wegen der gleichen Gotteslästerungen gesteinigt wurde.
Anderseits kann hinter der Passionsgeschichte auch der feste Wille Jesus stehen, damit Punkt für Punkt den Leidensweg des Knechtes Gottes zu erfüllen, um damit das Himmelreich zu erzwingen. Egal welcher Richtung man folgen möchte, werden in der Passionsgeschichte viele Dinge geschrieben, die lediglich einen literarischen Aspekt haben dürften.
Als Beispiel die letzten Worte Jesus, über das man sich streiten könnte:
Markus 15[34] Und in der neunten Stunde rief er laut und sprach: „Eli, Eli lama asabtanie?“ (mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?).
Matthäus 27[46] Und zur neunten Stunde schrie Jesus laut und sprach: „Eli, Eli lama asabtanie?“
Altes Testament; Psalm 22[2] Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Lukas 23[46] Und Jesus rief laut und sprach: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände! Als er dies gesagt hatte, verschied er.
Johannes 19[28] Als Jesus wusste, dass alles vollbracht sei und sich die Schrift erfüllen würde, spricht er: Mich dürstet ... [30] Da er vom Essig genommen hatte, sprach er: „Es ist vollbracht!“, neigte das Haupt und verschied.
Ich denke, dass sein Tod weniger spektakulär war und er einfach nur erstickte. Wie sollte er da also noch etwas gesagt haben?
Merlin
* Geopolitische Übersicht der Levante zur Zeit Jesus:
@ Merlin