So, nachdem ich den ganzen Thread aufmerksam und interessiert las, habe ich allgemein eher den Eindruck von einem Atheismus, der dafür, dass er sich als Atheismus outet, erstaunlich viel "glaubt". Ich wusste nicht, dass Buddhisten sich als Atheisten sehen. Bisher zählte ich den Buddhismus zu den Religionen. Wenn ich meine bisherigen Diskussionen mit Atheisten anschaue, würden diese buddhistische Atheisten dann immer noch als Religiöse sehen.
Wenn ich bedenke, mit wie vielen unterschiedlichen Religionen ich bisher in Kontakt kam, eine sehr spannende Sache, diese Gespräche, dann denke ich mir am Ende immer, dass trotz der unterschiedlichen Begrifflichkeiten und Definitionen es im Grunde um gemeinsame Axiome einer dahinterliegenden Metaebene geht, für die eben unterschiedliche Beschreibungssysteme gefunden wurden. Und wenn ich dabei noch an jeden Einzelnen mit wieder eigenen Definitionen denke, dann führt es mich auf die subjektive Sicht des Einzelnen zurück, der eben diese dahinterliegenden Axiome auf individuelle Weise für sich zu beschreiben sucht, so wie das Kind in seinem Sprachraum in elterlicher Fürsorge heranwächst und seine Muttersprache lernt und auf erstaunliche Weise in kurzer Zeit das Sprechen und Gehen entwickelt. Auf die gleiche Weise entwickelt sich seine intuitive Wahrnehmung, beeinflusst von seinen psychologisch vorgeprägten Mustern. Ein besonders gefühlsbetonter Mensch in der Gestik der erlebten Sprache wird sich anders zu seiner Spiritualität und Transzendenz äußern als jemand mit sachlich-intellektuellen Erklärungsbedürfnissen. Dann kommt das soziale, kulturelle und religiöse Umfeld als Faktor dazu. Trotz der Unterschiede gibt es ähnliche Grundstrukturen in den Modellen, deshalb glaube ich persönlich, dass das alles schon im Menschen angelegt ist.
Prediger 3,11 fasst es meiner Ansicht nach gut zusammen (man kann hier Gott als unbekannten Faktor sehen): "Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch die Ewigkeit hat er in ihr Herz gelegt, da sonst der Mensch das Werk, welches Gott getan hat, nicht von Anfang bis zu Ende herausfinden könnte." (Schlachter Bibel 1951)
Dazu möchte ich noch die Geschichte vom Unbekannten Gott in Apostelgeschichte 17,22-29 zitieren, wo Paulus dieses in jedem vorhandene intuitive Grundempfinden gut auf den Punkt brachte (wobei die unterschiedlichen Religionen als die unterschiedlichen Wahrnehmungen dieser dahinterliegenden Axiome bzw. Grundstrukturen verstanden werden können), auch wenn er dann wieder seine Sicht als die einzig Richtige darstellte im Anschluss (auch das scheint selbst wiederum typisch strukturbedingt in der menschlichen Psyche angelegt zu sein, das Eigene als das einzig Richtige definieren zu müssen):
"Da stellte sich Paulus mitten auf den Areopag und sprach: Ihr Männer von Athen, ich sehe an allem, daß ihr sehr religiöse Leute seid! Denn als ich umherging und eure Heiligtümer besichtigte, fand ich auch einen Altar, an welchem geschrieben stand: «Dem unbekannten Gott.» Was ihr nun verehret, ohne es zu kennen, das verkündige ich euch. Der Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darin ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln von Händen gemacht; ihm wird auch nicht von Menschenhänden gedient, als ob er etwas bedürfte, da er ja selbst allen Leben und Odem und alles gibt. Und er hat aus einem Blut das ganze Menschengeschlecht gemacht, daß es auf dem ganzen Erdboden wohne, und hat im voraus die Zeiten und die Grenzen ihres Wohnens bestimmt, daß sie den Herrn suchen sollten, ob sie ihn wohl spüren und finden möchten, da er ja nicht ferne ist von einem jeglichen unter uns; denn in ihm leben, weben und sind wir, wie auch einige von euren Dichtern gesagt haben: «Wir sind auch seines Geschlechts.» Da wir nun göttlichen Geschlechts sind, sollen wir nicht meinen, die Gottheit sei dem Golde oder Silber oder Stein, einem Gebilde menschlicher Kunst und Erfindung gleich.(Schlachter Bibel 1951)