Quelle:http://www.n-tv.de/592059.htmlwww.n-tv.de schrieb:Niederschmetterndes Ergebnis: Betrug mit ALG II
Die Missbrauchsquote beim Arbeitslosengeld II liegt bei mindestens zehn Prozent.
Das sagte der Vizechef des Verwaltungsrats der Bundesagentur für Arbeit, Peter Clever. In der "Passauer Neuen Presse" spricht Clever sogar von einem "unteren Rand einer seriösen Schätzung".
Der Vertreter der Arbeitgeber im Verwaltungsrat bezog sich auf die "neuesten Erkenntnisse", das "niederschmetternde Ergebnis" einer Telefonaktion bei 390.000 Arbeitslosengeld-II-Empfängern. "170.000 waren kein einziges Mal erreichbar", obwohl jeweils zehn Anrufe an unterschiedlichen Tagen und zu unterschiedlichen Zeiten gemacht worden seien. 43.000 Befragte, die erreicht wurden, hätten "die freiwillige Befragung abgelehnt".
Bei sieben Prozent der Verbliebenen "stellte sich heraus, dass sie gar nicht arbeitslos sind". Zum Teil seien sie in "betrügerischer Absicht" gemeldet gewesen, zum Teil hätten sie vergessen, eine Änderung - wie etwa den Erhalt einer Lehrstelle - zu melden. "Aber bei circa 32.000 Personen spricht man von einer Grauzone", erklärte Clever. Hier müsse "noch weiter geforscht werden - erst recht bei den 170.000, die gar nicht erreicht wurden".
Der Vizechef der Bundesagentur für Arbeit arbeitet schon mal medial vor, um der zu erwartenden CDU/CSU/SPD-Koalition weitere Verschärfungen und Kürzungen beim Arbeitslosengeld II (hervorgegangen aus der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe) zu erleichtern und "Argumente" zu liefern.
Dabei wird in einer Art und Weise Stimmung gemacht, daß einem nur schlecht werden kann. Denn der "Betrug" wird mal eben mit mindestens 10% angesetzt - aber worauf basiert diese "seriöse Schätzung"?
Nehmen wir mal die oben genannten zahlen (ob diese stimmen, weiß ohnehin nur der BAA-Vorstand):
170.000 von 390.000 waren telefonisch nicht erreichbar. Na und?
Wo steht geschrieben, daß ein Arbeitsloser zu hause neben dem telefon zu hocken hat? Auch wenn's Herr Clever vielleicht nicht fassen kann - viele dieser menschen haben Familie, Freunde, führen in dem Sinne ein leben wie andere auch - nur ohne Erwerbsarbeit und mit wenig Geld in der Tasche.
Aus der Tatsache, sie seien bei 10 Anrufen nicht erreichabr gewesen, wird aber sofort potentieller Betrug gemacht.
43.000 haben die Auskunft verweigert. Das ist absolut verständlich angesichts der massiven datenschutzrechtlichen Mißstände bei diesen Befragungen
Bleiben 390.000-170.000-43.000=177.000, die befragt und erreicht wurden. Und von denen solllen 7% "gar nicht arbeitslos sein". Das macht 12.390 Menschen.
Gemessen an 390.000, die befragt werden sollten, sind das gerade mal 3,1%. Gemessen an den 220.000 erreichten Befragten sind es 5,6%.
Diese realen Zahlenwerte von 3,1% bzw. 5,6% halten den BAA-Vize gleichwohl nicht davon ab, von "mindestens 10% Betrügern" zu faseln und damit den Eindruck des arbeitslosen Sozialschmarotzers ein mal mehr zu thematisieren und zu transportieren.
Aber dafür wird der Mann ja schließlich auch bezahlt: die Arbeitslosen sollen einfach irgendwie verschwinden, vor allem als Kostenfaktor - egal wie...
Da macht sich derlei Vorarbeit schon mal sehr gut für Hartz 5, oder wie auch Union und SPD das nächste Verschärfungspaket nennen werden. Daß es kommen wird, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Denn wenn auch um Posten derzeit noch geschachert wird - in dem Punkt besteht längst Einigkeit zwischen den "Groß-Koalitionären" - spätestens seit Hartz4 ja für jedermann sichtbar...
liebe Grüße
Stephan