Geist, Aufmerksamkeit und werten

Jede Situation und jeder Mensch, dem wir begegnen wird bewertet; oft nicht mal bewusst. Ich denke, dass ist der Urinstinkt, weil nur durch Einschätzung der Person oder der Situation kann ich erkennen, ob mir Gefahr droht.

Also ein bewusstes "Nichtbewerten" ist mMn nicht möglich.
Ich finde wohin die Aufmerksamkeit geht, passiert erstmal ein bewerten.
Dadurch können zb. Emotionen, Gefühle oder Gedanken entstehen. Vielleicht sogar umgekehrt, wenn du mal überlegst wie du aus der Stille hinaus blickst und was es da mit dem bewerten auf sich hat, was darauf folgt.

Ich weiß nicht mehr wer mir folgende Geschichte erzählt hat oder ob ich sie sogar hier oder anders wo im Internet gelesen habe. Aber ich glaube das zeigt ganz gut was ich meine.

Es gab mal eine Frau die ist in der U-Bahn gefahren. Gegenüber saß ein Mann den es nicht interessierte, dass seine zwei Kinder, 6 und 9 Jahre, auf den Sitzen herumkletterten, einen heftigen Lärm machten und sich total "daneben" benahmen.

Irgendwann reichte es der Frau und sie sprach den Mann genervt an, ob er sich vielleicht mal um seine Kinder kümmern wolle.
Er antwortete: Es tut mir Leid, meine Frau ist gerade im Krankenhaus gestorben und die Kinder sind außer sich. Ich weiß gerade nicht was ich tun soll. (so in der Art)

Was ich damit meine ist, dass die Aufmerksamkeit im bewerten sehr eng ist, wenn sofort darauf angesprungen.

Die Situation bekommt gleich eine ganz andere Dimension wenn man versteht, was in dem Mann und den Kindern gerade vor sich geht.

Die Aufmerksamkeit sucht sich ein "Objekt" und zieht sofort Schlussfolgerungen. Gleichzeitig ist Bewusstsein. Wenn nun der Fokus von dem "Objekt" und Bewusstsein sich ausbreitet und die Urteile nicht vermieden aber registriert, nicht darauf eingestiegen "Absolut so ist es" sondern weiter wahrgenommen wird, könnte man dann nicht mehr erkennen was durch die Geschichte "wie man sich als Vater mit zwei Kindern in der Bahn verhält und was mich daran anpisst!", etwas bewusster macht?
 
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Ist es nicht eher so, dass gerade auch bewertet wird, um gar nicht erst von einer Situation vereinnahmt zu werden? z. B. Joggen auf einem Weg, jemand kommt einem entgegen, Bewertung der Gefährlichkeit des Gegenübers, harmlose Alte mit Stock, keine Gefahr, weiter joggen. Also keine spezielle Aufmerksamkeitsabziehung auf Zielperson, welche näherkommt. Und so passiert das doch laufend im Alltag. Eine gewisse Grundbewertung ist notwendig zum Überleben.

Eine Aufmerksamkeitsvereinnahmung wäre schon affektiv und gerade dort hilft der Stoizismus, dies auf vernünftige Weise zu kontrollieren.
Ich wollte die Gründe nicht aufzählen, warum jede einzelne Bewertung entsteht. Aber ich denke, es ist bequemer nicht weiter über die Bewertungen die destruktives für einen selbst bedeuten weiter nachzudenken, bzw. zu lernen dass sie Unsinn sind und alle Verkettungen die damit einher gehen iwie im werten hinnehmen, als zu beginnen sich darüber bewusst zu werden.

Besonders denke ich, je stärker die Gewohnheit, desto häufiger und intensiver drückt sich ein Fehlurteil, eine falsche, destruktive Bewertung aus. Ich glaube aber auch, kennt man seine Pappenheimer, erkennt man sie auch schneller.
 
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Ja das fällt mir sofort auf. Sobald mein Geist aus dem jetzt fällt beginnt er zu bewerten.
Das glaube ich dir und eine ähnliche Erfahrung mache ich auch.
Es ist bei Sonnenschein nicht so schlimm wie bei bewölkten Himmel und Schlechtwetter.
Ich handle immer sofort, da mir das aus dem Jetzt fallen und in Bewertung, oder gar schlimme Gedanken fallen sofort bewusst ist. Mein Vorteil hierbei ist, das dieses emotional unterfüllt ist und ich Gleichmut von bösen Gefühlen sofort unterscheiden kann.
 
Das glaube ich dir und eine ähnliche Erfahrung mache ich auch.

Ich finde es bemerkenswert das du eine Lanze für das tolle Buch- Handbuch Medidation brichst. Wo alles sehr genau und exakt beschrieben ist und dann gerade hier Fragen stellst. :D

Gut das ist der Alleinsein und Quatsch Modus. Aber genau das haltet dich auch dabei auf in der Medidation echte Fortschritte zu erleben. :)
 
Ich finde es bemerkenswert das du eine Lanze für das tolle Buch- Handbuch Medidation brichst. Wo alles sehr genau und exakt beschrieben ist und dann gerade hier Fragen stellst. :D

Gut das ist der Alleinsein und Quatsch Modus. Aber genau das haltet dich auch dabei auf in der Medidation echte Fortschritte zu erleben. :)
Ich lese nur Sachbücher/Wissenschaftsbücher oder sehr alte Schinken von Menschen deren Zitate etwas in mir auslösen, um ihre Denkweise kennenzulernen.

Neurologie, Psychologie, Meditation, Geschichte, Archeologie, Sozialwissenschaften, Biologie und Astronomie (nicht Astrologie, obwohl ich da vor kurzem etwas sehr interessantes über den Glauben der Aramäer gelesen habe und wie Evntl. die Astrologie daraus entstanden ist)

So fügt sich vieles für mich zusammen und wenn iwo etwas erforscht wurde, das in Widerspruch mit meinen Ansichten steht schaue ich dort genauer hin. Kann man Werten oder drüber denken was man will, ich mag den Ansatz.

Die Beiträge die mir in diesem Thread gefallen, habe ich absichtlich auch nicht mit gefällt mir "beklickt", da es mir wirklich um Austausch vieler Meinungen geht und gar nicht: Welche ist richtig und welche falsch, denn die Auseinandersetzung damit und die Möglichkeiten die so etwas im Grunde hat, finde Sinnvoll und konstruktiv.

Dafür muss halt jeder bei sich bleiben.

In dem Buch "Meditation" wird sicher auch auf das Werten eingegangen und wie man damit für die Meditation umgeht. Was sie im Alltag für ein Ausmaß hat, oban sich nun selbst, sein Leben oder andere "falsch", destruktiv wertet, ist ja eigentlich das interessante und die Erfahrung daraus, ist ganz individuell.
 
Ich finde werten, und vor allem das spontane Werten, gut und wichtig, weil es einem etwas über das eigene Wertesystem erzählt. Ohne das treibt man orientierungslos und ohne Mitte durch die Welt. Indem man Wertungen ausdrückt macht man seinen Standpunkt klar, und steht zu sich selbst. Also ganz wichtig um die eigene Integrität zu wahren.
Das heißt nicht, dass Werte in Stein gemeißelt sind. Aber erst, wenn man sie also solche erkennt, kann man die eigenen Wertungen und Werte reflektieren und eventuell anpassen. Im Alltag stoppt die eigene Reflexion erst mal dort, wo Wertung anfängt. Und das ist auch gut so, damit man handlungsfähig bleibt.
Von vornherein nicht werten zu wollen, heißt, sich selbst aufzugeben. Das mag für manche passen. Daraus einen allgemein gültigen Wert zu konstruieren, halte ich für genauso wenig gesund, wie rigide an einmal festgesetzten Werten festzuhalten.
 
Indem man Wertungen ausdrückt macht man seinen Standpunkt klar, und steht zu sich selbst. Also ganz wichtig um die eigene Integrität zu wahren.
Das gilt ebenfalls für und besonders für das "Achtsame" erkennen und registrieren der Wertung in Bewusstheit. Ich komme da gleich drauf aber erstmal möchte ich auch sagen, dass es mir nicht um tiefe, verinnerlichte Werte an sich geht. Ich sehe es ähnlich wie du, glaube nur nicht, dass es einen Menschen gibt, der keine Werte hat. Selbst zu sagen: Ich habe keine Werte und sehe darin meinen Weg, ist so gesehen ein Wert. Für mich ein ziemlich seltsamer, dennoch, wer meint das ist es, gute Reise!

Da ich davon ausgehe, dass jeder tief inhärente Werte hat, stellt sich lediglich die Frage, lebt jemand diese Werte oder glaubt er lediglich an diese Werte ohne dafür einzustehen und danach zu handeln. Werte zu haben die für das Handeln in einer Situation ausschlaggebend sind, danach zu leben, sehe auch ich als sehr sinnvoll. Sie zu haben, daran zu glauben, vielleicht damit zu prahlen, aber in gewissen Situationen nicht danach zu handeln, wäre in der Hinsicht Selbstbetrug.

Darum ging es mir aber nicht, "Geist, Aufmerksamkeit und werten" bezieht sich ausschließlich auf die innere Dimension, nicht auf Situationen im Außen und wie man Handeln soll, wonach man handelt oder wer man identifiziert an Werten selber ist.

Unwissenheit spielt darin ein große Rolle. Wie das Beispiel in #11 . Durch Bewusstsein und Information der verschiedenen Perspektiven bekommt eine Situation eine vollkommen andere Dimension, in der die anfängliche Wertung der Situation, für diese spezielle Situation, obsolet wird, da nun Unwissenheit zu einem gewissen Grad beseitigt wurde.

Ebenfalls bezieht sich das bewusst machen, wie häufig unbewusst und wie zahllos und ununterbrochen, ein Moment nach dem Anderen von Bewetungen beeinflusst ist.

Achtsamkeit bezieht sich nun darauf, aus diesen Vorstellungen zurückzuziehen und in das "Hier und Jetzt" zu kommen.
Wenn du von Integrietät durch äußere Bedinungen sprichst, die dir kontemplativ oder reflektiert zeigen wer du bist, ist dagegen das vollkommen bewusst bei sich sein, der Gipfel der integrietät, denn wenn eine Situation nicht anhand des Maßstabes von "Richtig" und "Falsch" im Vorfeld durch unwissenheit fehlinterpretiert ist, entsteht wissen, oder Wissen über Unwissenheit, ungetrübtes anwesend sein und je nach Situation eine ganzheitliche Erfahrung, in der gewisses werten (nicht tief inhärente Werte) nichts anderes zum Hier und Jetzt beiträgt, als das eigene Potenzial und die Vielfalt eines Momentes zu begrenzen.

Wenn ein Mensch sich gefunden hat und in einem Moment zutiefst "in sich weilt und aus sich blickt", was ist dagegen schon die eigene Großartigkeit und die hohen, tollen Werte die ein Mensch als Ideal vor sich herträgt als Messlatte zu imaginieren, wenn das hier und jetzt vor sich herfließt?

Von vornherein nicht werten zu wollen, heißt, sich selbst aufzugeben. Das mag für manche passen. Daraus einen allgemein gültigen Wert zu konstruieren, halte ich für genauso wenig gesund, wie rigide an einmal festgesetzten Werten festzuhalten.

Definierst du dich und alles was dir begegnet denn ausschließlich an den Bewertungen die in deinem Geist entstehen? Was wenn du dich ein mal irrst und was ist mit den unbewussten Wertungen?

Ich bin der Meinung, dass das Werten nicht mich definiert sondern meine Ansichten, mein Verständnis und meine Bewusstheit, besonders wenn gar nicht so offensichtlich ist, wie eine bestimme Situation zu stande kam und welche verschiedenen Ursachen sie hat.

Diese "Meditation" oder dieses "bewusst sein" stellt nicht die Werte an sich in Frage, leugnet sie nicht oder vernichtet sie, führt nicht dazu seine tief inhärenten Werte wegzuwerfen, sondern sie nutzt das Potenzial um etwas zu erkennen. Vielleicht gibt es manchmal auch nichts zu erkennen, wie kann man dann aber mit sicherheit sagen, dass eine Bewertung die Situation auch "richtig" erfasst hat? Was macht also diese Bewertung mit dem Hier und Jeztzt?
 
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Also erst einmal: ich muss zugeben, dass ich mit deiner Art dich auszudrücken nicht ganz zurecht komme. Ich denke du kommunizierst sehr anders als ich, und ich habe oft das Gefühl, nicht zu verstehen, worauf du hinauswillst. Deswegen ist es leicht möglich, dass wir an einander vorbeireden, wenn ich dir jetzt antworte. Aber ich versuch es mal:

Ich komme da gleich drauf aber erstmal möchte ich auch sagen, dass es mir nicht um tiefe, verinnerlichte Werte an sich geht. Ich sehe es ähnlich wie du, glaube nur nicht, dass es einen Menschen gibt, der keine Werte hat. Selbst zu sagen: Ich habe keine Werte und sehe darin meinen Weg, ist so gesehen ein Wert. Für mich ein ziemlich seltsamer, dennoch, wer meint das ist es, gute Reise!
Ich habe mich mit dem Thema werten anhand astrologischer Prinzipien auseinandergesetzt, und habe dadurch zu meiner Klarheit, ja, meiner eigenen Wertung zum Thema Werten gefunden. Werte entstehen im Stier-Prinzip (Venus), also auf Basis dessen, was sich für einen selbst gut anfühlt. Im Tierkreis dem gegenüber steht das Skorpion-Prinzip (Pluto), das zerstörerisch wirkt, alles einreißt - auch die eigenen Werte und die Werte anderer. Davon ausgehend gibt es für mich zwei Arten von Menschen: jene, die schon Werte haben, wenn sie auf diese Welt kommen (das sind die Stier-betonten), und jene, denen nichts heilig ist (das sind die Skorpionmenschen). Um in seine Mitte zu kommen und als Mensch lebensfähig zu sein, braucht man aber Werte. Manche Menschen müssen sich daher erst erarbeiten, was ihre Werte sind (vom Skorpion zum Stier gehen). Andere halten eben zu stur und rigide an ihren Werten fest, ohne sie reflektieren zu wollen, weil sie sich darin in ihrer Existenz bedroht fühlen. Die sollten, um in den Fluss zu kommen, lernen, manche ihrer Wertvorstellungen zu überdenken und loszulassen (vom Stier in den Skorpion).

Meiner Ansicht nach gibt es keinen qualitativen Unterschied zwischen tiefen, verinnerlichten Werten und den vielen kleinen Alltagswertungen, die wir treffen. Man bewegt sich da viel mehr auf einem Kontinuum. Wie schon geschrieben, ist eine Wertung, oder eben ein Wert, nichts anders als eine einmal getroffene Festlegung, weil sie sich für einen selbst angenehmer anfühlt, als ihre Alternative. Ein (zeitweiliger) Reflexionsstopp. Würde man jegliche Wertung, die man trifft, bis zu Ende reflektieren, würde nichts, kein Ich mehr übrig bleiben, weil offensichtlich wird, dass am Grunde davon nur wieder ein Festhalten an einer einmal getroffenen Vorliebe steht. Denn Objektiv betrachtet ist Alternative A so gut wie Alternative B - außer es schaltet sich ein Beobachter ein, der darüber eine Wertung trifft.

Eine Persönlichkeit setzt sich demnach also aus vielen kleinen und großen Vorlieben und den darüber getroffenen Entscheidungen zusammen, die die Basis für für eine Vielzahl an Wertungen darstellen, die wir dann im Alltag treffen. Das reicht von den großen Lebensentscheidungen, die ich auf dieser Basis treffe, bis hin zu der Frage, welches Klopapier ich benutze. Ich denke also schon, dass Werte und Wertungen einen Menschen als das definieren, was er schließlich ist.

Aber ich gehe mit dir konform, wenn du sagst, dass ein Mensch umso bewusster wird, je achtsamer er seine eigenen Wertungen wahrnimmt - die großen wie die kleinen. Den Ausgleich zwischen Stier- und Skorpionprinzip zu jonglieren bedeutet, achtsam durch die Welt gehen. Achtsam für den inneren Seismographen, der einem Wohlgefühl oder Ablehnung gegenüber einer Situation anzeigt. Es bedeutet einerseits, das, was man als für einen selbst gut und richtig erkannt hat, zu bewahren, zu achten und zu verteidigen, wenn nötig. Andererseits die eigenen Werte nicht als in Stein gemeißelt zu betrachten, sondern immer wieder mal in die Reflektion zu gehen, ob der eine oder andere einmal gefasste Wert sich nicht vielleicht doch schon überlebt hat -weil eben vielleicht neue Information dazugekommen ist, die man davor nicht berücksichtigen konnte, weil man sie nicht hatte (siehe dein Beispiel aus Beitrag 11).
 
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