Fremd gehen - Wieso Weshalb Warum?

Ja, das wird uns so beigebracht. Es darf nur Einen geben.

In Hollywood, in der Bibel, in Liebesschmonzetten. :D

Bei mir ist es so, dass ich manchmal glaube platzen zu müssen, weil so viel Liebe doch gar nicht sein kann. Das fließt einfach, so von Herz zu Herz. Wie ein großer Ozean, der so viele verschiedene Seelen beherbergen kann, so viele verschiedene Lebensräume bereithält, obwohl er auch nur aus Wasser besteht. Früher dachte ich, das darf so nicht sein, das ist verkehrt (ich wusste nicht, dass es das gibt, weil ich niemanden kannte, der das so lebte), da habe ich dann heimlich gefühlt und das niemandem gesagt. Und ich muste mich dann immer entscheiden, wenn jemand in mein Leben kam, ob ich nun Schluss mache oder nicht. Voll anstrengend. Für mich ist die grausigste Idee, mich zwischen zwei Menschen, die ich liebe, entscheiden zu müssen.

Kann sein, dann bist Du vielleicht wirklich liebesfähiger als ich. Oder liebst anders. Meine Liebe kann sehr brutal sein, d. h. ich bin nicht immer nett, das aber mit viel Liebe. Gerade erst sagte ich meiner kleinen, geliebten Nichte, dass sie nun hart rangenommen wird, weil sie zu faul ist, ihre Schulaufgaben zu machen. Am gleichen Tag maulte ich sie an, weil sie so extrem quängelte, als ich auf der Toilette war für nur 3 Min.

Also eigentlich hat Liebe für mich sehr wenig mit einem Bauchgefühl zu tun, sondern eher damit, wie sich das in Taten äußert: Treue, Dasein, ungeteilte Zuwendung. Also mir wär ein cholerischer Klotz von Mann lieber, wenn ich ihn dafür ganz für mich hätte, weil er alle anderen Frauen in die Flucht schlägt, mich jedoch innig liebt, seine Augen leuchtend. So war mein Vater. Ja sogar ein Choleriker würde ich in Kauf nehmen, wenn er mich wirklich so eindeutig und treu lieben würde, nur mich. Ich bin eben verwöhnt, will Exklusiv-Rechte! :)

Ich hab viel gutzumachen an meinem Vater. Früher verurteilte ich ihn für seinen Jähzorn, aber er war ein Mann der alten Sorte, treuherzig, aufrichtig, oft brutal ehrlich. Wenn eine fremde Frau sich an ihn schmiss, hat er es sofort zuhause erzählt. Er war ein Schönling, der sich hässlich fühlte. Ich wusste nicht, wie hoch seine Qualitäten heute im Kurs sind, weil sie heutzutage einfach nicht mehr in der Form selbstverständlich sind.
 
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@Anevay
Du hast die Bibel erwähnt. Solche Dinge spielen natürlich auch eine Rolle, die Art, wie jemand Liebe erlebt hat, die Religion und Normen, die man gelernt hat von Kind an. Die Familie, wie man dadurch geprägt wurde. Das kann man nicht einfach so abwerfen, muss man auch nicht. Ich glaube nicht, dass jemand, der eine unkomplizierte monogame oder wie Du sagst monoamore Liebe für sich definiert und in einer Beziehung leben möchte, unbedingt rückständig ist. Es ist eben eine andere Lebenshaltung. Für mich war es immer wichtig, als einzigartiges Individuum wahrgenommen zu werden, nicht austauschbar zu sein, gerade weil ich in einer kinderreichen Familie aufwuchs. Ich kenne das Kollektive, weil ich im Kollektiv war. Meine Mutter hat uns Kinder im Kollektiv aufgezogen, ich musste mir zuerst eine persönliche Beziehung zu ihr aufbauen. Deshalb möchte ich jetzt wenigstens in einer Mann-Frau-Beziehung die Exklusiv-Rechte des nie gewesenen Einzelkindes, gerade weil ich früh parentifiziert nie selbst das Kind im Mittelpunkt war. Meine Mutter hatte früher viel zu wenig Zeit für mich, weil zu viel Arbeit. Ich fühlte mich damals zu wenig gesehen. Das hat mich geprägt. Später war es anders, doch war das ein langwieriger Prozess der Annäherung, wo meine Mutter lernen musste, dass ich nicht einfach ihr verlängerter Arm bin, sondern eine eigene Person mit Bedürfnissen, die sie mir als Kind nicht zustand,, weil sie selbst das auch nicht gehabt hat (sie pflegte als Kind ihre kranke Mutter, hatte also auch nie eine Kindheit). Meine Eltern wuchsen ebenfalls in einer kollektiv wilden Kindheit auf, äußerlich versorgt, doch eben nur einer von vielen Kindern. Deshalb war es ihnen später auch wichtig, in einer Beziehung das Einzigartige zu finden. Mein Vater nahm es seiner ersten Frau sehr übel, als sie ihn betrog. In meiner Mutter fand er dann die Seelenverwandte.
 
wie Du sagst monoamore Liebe für sich definiert und in einer Beziehung leben möchte, unbedingt rückständig ist
Das glaube ich auch nicht. Ich gewichte polyamor nicht höher als monoamor, auch wenn es vielleicht manchmal so klingt, weil viele Menschen glauben, wenn etwas mehr ist, muss es automatisch besser sein. Es ist anders, aber anders ist nicht falsch.

Es ist sehr spannend, was Du schreibst, denn ich bin als Einzelkind aufgewachsen. In meinen polyamoren Beziehungen kann ich die Gabe, sehr gut alleine sein zu können und anderen ihres gönnen zu können gut einbringen. Ich musste nie um die letzte Tafel Schokolade kämpfen oder mit Geschwistern um Aufmerksamkeit der Eltern werben.

Als Kind war mir dieser Kampf gegeneinander um etwas immer zuwider und mich durchsetzen musste ich erst lernen. Sprich ich musste das tun, was ich verabscheute, um dann zu lernen, wie ich das Gleichgewicht herstellen kann zwischen Geben und Gönnen vs. Nehmen und Ansprüche durchzusetzen.

Scheint mir, unser Thema ist so unähnlich nicht, nur der Weg ist anders. Vereinnahmt zu werden mag ich nämlich auch nicht. Du magst deine Freiheit behalten, die dein Partner dir zugesteht, wenn du einen hast, ich gestehe anderen ihre Freiheit zu und erhalte so automatisch meine. Aber das nicht als bewusste Strategie, sondern etwas, dass sich automatisch ergibt.

In monogamen Beziehungen habe ich mich immer gefühlt wie eingesperrt in einem Regelwerk, was ich an Gefühlen haben darf und was nicht. Was ich tun darf und was nicht. Dadurch, dass ich einen Mann gefunden habe, dem es genauso geht, habe ich das große Glück das so zu leben.

Du findest bestimmt auch jemanden, wo es für dich passt und dich in deinem Sosein fördert. :)
 
@LynnCarme .... damals habe ich mich dann von ihm getrennt, denn sicher gab es auch Gründe meinerseits, ihn zu verlassen.

Es folgten schlimme und schwere Jahre für uns beide.

Das Resultat war, dass ich, als ich 2013 erkrankte in ein tiefes Loch fiel und quasi schon depressiv war. Dann folgte der Entschluss, mich selbst jetzt aufzuräumen. Etwa zu dieser Zeit beschloss auch er, seinen größten Dämonen anzugehen.

Und als ich damals so tief in mich ging, stellte ich fest, ich liebe ihn, ihn ich liebe ihn immer noch so sehr und ich liebe ihn auf eine Art und Weise, wie ich nie zuvor geliebt habe und es vielleicht auch nie wieder jemand anderen lieben werde.

Und ihm ging es ja nicht anders. Also versuchten wir einen Neuanfang. Das war wahnsinnig schwer und es war sehr lange schwer. Wäre da nicht diese Verbundenheit, die ich so nicht kenne, wäre ich schon zwanzigmal davon gelaufen. Aber es wurde irgendwann leichter, freier, tiefer. Und es ist Wahnsinn, dadurch, dass ich etwas in mir transformieren konnte, habe ich nicht mehr das Gefühl, wenn es mal kriselt, die Beine in die Hand nehmen zu müssen und mich woanders hinzuflüchten.

Weil ich in solchen Zeiten auf mich zählen kann. Ich bin mir Freundin und Gefährtin, und ich habe mich als wertvoll schätzen gelernt.

All dies ist eine spannende Reise für uns. Es tun sich neue Wege und andere Welten auf, wenn man nicht mehr flüchtet und davonläuft.
Hallo Damour
Alles gute zum Geburtstag :geburtsta
lg
 
Zuletzt bearbeitet:
In monogamen Beziehungen habe ich mich immer gefühlt wie eingesperrt in einem Regelwerk, was ich an Gefühlen haben darf und was nicht.

Ich würde mich auch eingesperrt fühlen, wenn es nicht stimmig ist. Man muss ja nicht gleich heiraten und kann sich trennen, wenn es nicht stimmt oder die Liebe anderswohin fällt. Man kann die Gefühle nicht zwingen, klar. Aber ich habe noch nie zwei Männer auf einmal geliebt. Wenn schon, dann nacheinander. Es ist sogar so, dass die Liebe wirklich komplett bei mir verschwindet, wenn ich mich dem Neuen zuwende. Das ist wie ein Schalter, der umkippt.
 
Das Wort Abhängigkeit wird immer schnell als Keule hergenommen. Das passiert - besonders in einem Esoforum - ziemlich häufig.
Nur weil jemand etwas gerne tut und es auch öfter tut oder einen Zustand mag und den so hält muss es sich nicht gleich um Abhängigkeit handeln.

Und wenn doch, dann ist diese Abhängigkeit ziemlich egal. Solang sie glücklich und nicht krank macht ist jede Abhängigkeit erlaubt, ja sogar willkommen!

:o
Zippe

Ganz genau, das ist der Punkt. Ein gesunder Umgang mit seinen echten Bedürfnisses, ohne das, wäre es ein Weg der Selbstzerstörung.

Und da gehört viel Selbstreflexion und Ehrlichkeit dazu, um auch differenzieren zu können.
 
@Anevay
Du hast die Bibel erwähnt. Solche Dinge spielen natürlich auch eine Rolle, die Art, wie jemand Liebe erlebt hat, die Religion und Normen, die man gelernt hat von Kind an. Die Familie, wie man dadurch geprägt wurde. Das kann man nicht einfach so abwerfen, muss man auch nicht. Ich glaube nicht, dass jemand, der eine unkomplizierte monogame oder wie Du sagst monoamore Liebe für sich definiert und in einer Beziehung leben möchte, unbedingt rückständig ist. Es ist eben eine andere Lebenshaltung. Für mich war es immer wichtig, als einzigartiges Individuum wahrgenommen zu werden, nicht austauschbar zu sein, gerade weil ich in einer kinderreichen Familie aufwuchs. Ich kenne das Kollektive, weil ich im Kollektiv war. Meine Mutter hat uns Kinder im Kollektiv aufgezogen, ich musste mir zuerst eine persönliche Beziehung zu ihr aufbauen. Deshalb möchte ich jetzt wenigstens in einer Mann-Frau-Beziehung die Exklusiv-Rechte des nie gewesenen Einzelkindes, gerade weil ich früh parentifiziert nie selbst das Kind im Mittelpunkt war. Meine Mutter hatte früher viel zu wenig Zeit für mich, weil zu viel Arbeit. Ich fühlte mich damals zu wenig gesehen. Das hat mich geprägt. Später war es anders, doch war das ein langwieriger Prozess der Annäherung, wo meine Mutter lernen musste, dass ich nicht einfach ihr verlängerter Arm bin, sondern eine eigene Person mit Bedürfnissen, die sie mir als Kind nicht zustand,, weil sie selbst das auch nicht gehabt hat (sie pflegte als Kind ihre kranke Mutter, hatte also auch nie eine Kindheit). Meine Eltern wuchsen ebenfalls in einer kollektiv wilden Kindheit auf, äußerlich versorgt, doch eben nur einer von vielen Kindern. Deshalb war es ihnen später auch wichtig, in einer Beziehung das Einzigartige zu finden. Mein Vater nahm es seiner ersten Frau sehr übel, als sie ihn betrog. In meiner Mutter fand er dann die Seelenverwandte.

Ein Partner wird niemals das Fehlende einer Herkunftsfamilie kompensieren können, ohne sich selbst dadurch aufzugeben. Der Druck, der da bereits von Anfang an, an den Partner gerichtet wird, ist m.E. bereits von Anfang an zum Scheitern verurteilt, insofern wirkliches Interesse an einer "echten" Bindung (Partnerschaft) besteht. Andernfalls wäre es eine Kompensations-Beziehung, wo zwei bis mehrere erlernte Muster zu einem System sich finden und gegenseitig bestätigen. Inwiefern die beiden Menschen sich da nun wirklich selbst leben können und frei sind, ist wohl fraglich. Sie leben maximal in ihrer eigenen geschaffenen Wirklichkeit, inwiefern diese mit der Realität zu tun hat, ist jedoch auch wieder eine andere Frage.

Und das Gruselige daran ist, dass es oft gar nicht bemerkt wird und wenn doch, dann herrscht die Angst vor Verlust...etc...vor und es wird ein Weg des geringsten Widerstandes gegangen. (Beispiel Fremdgehen)

Und zum Thema Einzigartig. Meiner Ansicht nach, ist jede Begegnung und auch Bindung in sich sehr einzigartig und individuell. Und ein polyamor lebender Mensch ist sich dessen sehr bewusst und lebt genau das in der Einzigartigkeit aus.
 
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Das kann sein. Ich kann es sogar nachvollziehen, wenn ein Mann oder eine Frau spezielle Wünsche hat und davon ausgeht, dass der Beziehungspartner nicht offen dafür ist und kein JA dazu finden mag. Aber warum beendet er dann nicht die Beziehung und sucht sich jemanden, der ähnlich tickt? Ich finde es ehrlicher. Warum eine Lebenslüge leben und sich für einen Beziehungspartner so verstellen? Das ist eine ungesunde Abhängigkeit und auch nicht ehrlich und korrekt, weil auch der Beziehungspartner die Möglichkeit haben sollte, sich weiterzuentwickeln in einer anderen Beziehung. Auch wenn´s zuerst weh tut, kann eine Trennung etwas sehr Positives sein. Befreiung.

Ich kann nicht nachvollziehen, weshalb mit einem Menschen, mit dem ein gemeinsamer Weg gegangen wurde, sich liebt, wertschätzt, ein ehrlicher Umgang gepflegt wurde, etc....mit diesem Menschen nun "Schluss gemacht wird", nur weil ein Bedürfnis nicht erfüllt wird. Das ist m.E. ein Austauschen und nicht weil ich mich für meinen Partner und seine Bedürfnisse öffne, ihn diese zugestehe, unabhängig davon, ob ich diese/seine nun stille oder nicht, sie ihm gönne und er sie ausleben kann, aufgrund dessen BEI MIR dann das Gefühl von "ich bin austauschbar" entsteht, ist das schlicht MEINES und wäre dann ganz alleine in meiner Verantwortung. Und genau an diesem Punkt gibt es ein riesen Entwicklungspotenzial bei sich selbst, weshalb solch ein Gefühl eben bei einem auftaucht. Und ich kann von keinem anderen erwarten, dass er aufgrund meines Gefühles, auf sich selbst und seines verzichtet, nur damit ich mich dadurch besser fühle. Mich somit nicht MIT MIR da auseinandersetzen muss. Mich nicht konfrontieren brauch....

Es gibt da eben ganz klar zu differenzieren, das Gefühl sich ausgetauscht zu fühlen, bedeutet nicht gleich, das wirklich ausgetauscht wird. Es ist nicht ganz dasselbe.
 
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