Energeia
Sehr aktives Mitglied
Hallo,
ich glaube, dass es sinnvoll ist, wenn wir die Frage nicht als universalanthropologische Aussage formulieren, da sich die Ontogenese immer schon vor dem Hintergrund einer soziokulturellen Evolution vollzieht.
Man könnte sich nun fragen, was beim Menschen der Willens- und Handlungsfreiheit entgegensteht? Die Triebe es Menschen - aber auch bei anderen Primaten – führen nicht, wie etwa ein Instinkt, zu einer automatischen, zwanghaften, präreflexiven Kopplung von Sensorik (z.B. Wahrnehmung) und Motorik(Handlung) führt, sondern gerade der Mensch ist fähig, mit Trieben und Bedürfnissen in einer reflexiv-distanzierten sowie auch spielerischen Weise umzugehen, nicht zuletzt auch vermittels soziokultureller Praktiken und Rollen. Wenn wir Tag für Tag unser Leben anhand eines relativ habitualisierten Lebensstils vollziehen, dann befriedigen wir immer schon bestimmte Triebe und Bedürfnisse, ohne dass sich diese uns aufzwängen müssen - und wir sind auch fähig, bestimmte Triebe/Bedürfnisse (Hunger, Durst, Sexualität) in einem bestimmten Ausmaße zurückzustellen.
Während also bei bestimmten Tieren das Verhalten rein nach Instinkten vollzieht, so wird das Verhalten des Menschen neben seiner biologischen und psychischen Konstitution durch soziale Rollen, Praktiken, Denkweisen, Sprache geprägt.
Dies heißt aber auch nicht, dass der Mensch nicht auch durch ein Leistungsmotiv (engl. need for achievement), ein Machtmotiv (engl. need for power) und ein Intimitätsmotiv (engl. need for intimacy) motiviert werden kann. Der Mensch ist jedoch prinzipiell – aber auch wiederum abhängig von der sozialen und ökologischen Umwelt - fähig, anhand seiner exzentrischen Positionalität sich selbst zu vergegenständlichen und sich zu problematisieren, von seiner sozialen Rolle, seiner Intention, seinem Motiv und seinem Willen Abstand zu nehmen und auf diese zu Blicken. Die erste entscheidende Frage ist dann aus meiner Sicht, WIE er auf sich selbst blicken kann? Und ich würde sagen, der Mensch ist unter bestimmten sozialen und ökologischen Bedingungen fähig, in einer vernünftigen Haltung auf sich selbst zu blicken, sein Handeln anhand einer Idee oder eines Maßstabes der Vernunft zu bewerten und hiernach vernünftig zu entscheiden und zu handeln.
Und die zweite entscheidende Frage lautet dann für mich: WANN ist er dazu fähig? Und hier gibt es dann einige verschiedene Variablen. Zunächst muss er die Ich-Stärke besitzen, von einem Bedürfnis, einem Motiv loszulassen, wenn dies der vernünftigen Entscheidung und Handlung entgegensteht. Ob er dies vermag, das ist nicht a priori zu entscheiden, sondern zeigt sich empirisch. Wenn ein Mensch z.B. eine Position vertritt und diese stellt sich im Laufe der Diskussion als falsch heraus, dann stellt sich die Frage, ob er die Ich-Stärke besitzt, sich selbst und den anderen dies einzugestehen – dies tangiert sicherlich viele Bedürfnisse (u.a. Selbstwertbedürfnis).
Aus meiner Sicht ist eine wesentliche Variable hier auch, in welchem Ausmaß er fähig ist, gelassen und entspannt zu sein. Wenn man das Verhalten von Schimpansen systematisch beobachtet, dann stellt man fest, dass diese unglaublich unruhig sind, etwa wie ein 2-3 jähriges Kind im Kindergarten, und dass sie ihre Triebe nur sehr kurzzeitig aufschieben können, meist auch schon motiviert durch die Erfüllung von Trieben, und interessanterweise auch vor allem im Kampf gegen andere Schimpansen-Gruppen und beim Jagen.
Ich glaube, dass jeder hier das Phänomen kennt, dass er sich zunächst an eine Position klammerte, sich mit dieser identifizierte und damit auch bestimmte Motive befriedigte, dass er aber dann ein wenig Abstand zur Diskussion nahm, in sich hörte, reflektierte und dann erkannte, dass er seine Position ändern sollte/könnte.
In diesem Sinne lässt sich auch argumentieren, dass ein Mensch fähig sein kann, einen Willen auszubilden, wenn dieser noch nicht vorliegt, seinen Willen zu verändern, wenn er fähig ist, diesen zu problematisieren – aus meiner Sicht vermischt der Eingangsbeitrag Willen, Motive und Intentionen. FREIHEIT zeigt sich dann „empirisch“ in der Willensstärke (Ich-Stärke) sowie in der Persönlichkeitskonstitution.
(PS: Ich hatte diesen Beitrag – in einer ähnlichen Form – in einem Philosophie-Forum verfasst, aber ich denke, dass er hier auch ganz gut passt; ich habe hier jetzt versucht, die Verweise auf Philosophen und die philosophischen Fachtermini etc. herauszunehmen. Allerdings habe ich hier jetzt meine spirituelle Position noch nicht eingearbeitet, die ich ja in vielen anderen Meditations-Threads vorgestellt habe, und spreche lediglich von Vernunft und Gelassenheit.)
Liebe Grüße,
Energeia
ich glaube, dass es sinnvoll ist, wenn wir die Frage nicht als universalanthropologische Aussage formulieren, da sich die Ontogenese immer schon vor dem Hintergrund einer soziokulturellen Evolution vollzieht.
Man könnte sich nun fragen, was beim Menschen der Willens- und Handlungsfreiheit entgegensteht? Die Triebe es Menschen - aber auch bei anderen Primaten – führen nicht, wie etwa ein Instinkt, zu einer automatischen, zwanghaften, präreflexiven Kopplung von Sensorik (z.B. Wahrnehmung) und Motorik(Handlung) führt, sondern gerade der Mensch ist fähig, mit Trieben und Bedürfnissen in einer reflexiv-distanzierten sowie auch spielerischen Weise umzugehen, nicht zuletzt auch vermittels soziokultureller Praktiken und Rollen. Wenn wir Tag für Tag unser Leben anhand eines relativ habitualisierten Lebensstils vollziehen, dann befriedigen wir immer schon bestimmte Triebe und Bedürfnisse, ohne dass sich diese uns aufzwängen müssen - und wir sind auch fähig, bestimmte Triebe/Bedürfnisse (Hunger, Durst, Sexualität) in einem bestimmten Ausmaße zurückzustellen.
Während also bei bestimmten Tieren das Verhalten rein nach Instinkten vollzieht, so wird das Verhalten des Menschen neben seiner biologischen und psychischen Konstitution durch soziale Rollen, Praktiken, Denkweisen, Sprache geprägt.
Dies heißt aber auch nicht, dass der Mensch nicht auch durch ein Leistungsmotiv (engl. need for achievement), ein Machtmotiv (engl. need for power) und ein Intimitätsmotiv (engl. need for intimacy) motiviert werden kann. Der Mensch ist jedoch prinzipiell – aber auch wiederum abhängig von der sozialen und ökologischen Umwelt - fähig, anhand seiner exzentrischen Positionalität sich selbst zu vergegenständlichen und sich zu problematisieren, von seiner sozialen Rolle, seiner Intention, seinem Motiv und seinem Willen Abstand zu nehmen und auf diese zu Blicken. Die erste entscheidende Frage ist dann aus meiner Sicht, WIE er auf sich selbst blicken kann? Und ich würde sagen, der Mensch ist unter bestimmten sozialen und ökologischen Bedingungen fähig, in einer vernünftigen Haltung auf sich selbst zu blicken, sein Handeln anhand einer Idee oder eines Maßstabes der Vernunft zu bewerten und hiernach vernünftig zu entscheiden und zu handeln.
Und die zweite entscheidende Frage lautet dann für mich: WANN ist er dazu fähig? Und hier gibt es dann einige verschiedene Variablen. Zunächst muss er die Ich-Stärke besitzen, von einem Bedürfnis, einem Motiv loszulassen, wenn dies der vernünftigen Entscheidung und Handlung entgegensteht. Ob er dies vermag, das ist nicht a priori zu entscheiden, sondern zeigt sich empirisch. Wenn ein Mensch z.B. eine Position vertritt und diese stellt sich im Laufe der Diskussion als falsch heraus, dann stellt sich die Frage, ob er die Ich-Stärke besitzt, sich selbst und den anderen dies einzugestehen – dies tangiert sicherlich viele Bedürfnisse (u.a. Selbstwertbedürfnis).
Aus meiner Sicht ist eine wesentliche Variable hier auch, in welchem Ausmaß er fähig ist, gelassen und entspannt zu sein. Wenn man das Verhalten von Schimpansen systematisch beobachtet, dann stellt man fest, dass diese unglaublich unruhig sind, etwa wie ein 2-3 jähriges Kind im Kindergarten, und dass sie ihre Triebe nur sehr kurzzeitig aufschieben können, meist auch schon motiviert durch die Erfüllung von Trieben, und interessanterweise auch vor allem im Kampf gegen andere Schimpansen-Gruppen und beim Jagen.
Ich glaube, dass jeder hier das Phänomen kennt, dass er sich zunächst an eine Position klammerte, sich mit dieser identifizierte und damit auch bestimmte Motive befriedigte, dass er aber dann ein wenig Abstand zur Diskussion nahm, in sich hörte, reflektierte und dann erkannte, dass er seine Position ändern sollte/könnte.
In diesem Sinne lässt sich auch argumentieren, dass ein Mensch fähig sein kann, einen Willen auszubilden, wenn dieser noch nicht vorliegt, seinen Willen zu verändern, wenn er fähig ist, diesen zu problematisieren – aus meiner Sicht vermischt der Eingangsbeitrag Willen, Motive und Intentionen. FREIHEIT zeigt sich dann „empirisch“ in der Willensstärke (Ich-Stärke) sowie in der Persönlichkeitskonstitution.
(PS: Ich hatte diesen Beitrag – in einer ähnlichen Form – in einem Philosophie-Forum verfasst, aber ich denke, dass er hier auch ganz gut passt; ich habe hier jetzt versucht, die Verweise auf Philosophen und die philosophischen Fachtermini etc. herauszunehmen. Allerdings habe ich hier jetzt meine spirituelle Position noch nicht eingearbeitet, die ich ja in vielen anderen Meditations-Threads vorgestellt habe, und spreche lediglich von Vernunft und Gelassenheit.)
Liebe Grüße,
Energeia