Aber, Joey, irgendwie könnte für dich da jetzt schon sichtbar sein, daß sich die ganze Statistik-Sache auf sehr dünnem Eis bewegt. Was soll denn das Ganze (ich erinner mich grinsend an die Episode mit dem Lotusz und hoff jetzt inständig, daß du mir nicht ein weiteres Forumsleben lang nicht verzeihen wirst können, daß ich dich hier statistisch in die Mangel nehm

) dann überhaupt bringen?
Im Gegensatz zu Lotusz kenne ich mich sehr gut in statistischen Methoden aus. Mit der richtigen Führung medizinischer Studien könnte es aber bei mir zwar noch Wissenslücken geben... aber in Statistik macht mir so leicht keiner was vor.
Wir ziehen eine willkürliche Grenzlinie, damit wir die Statistik sinnvoll führen können, wie bitte?
Ich bin mir nicht sicher, wie willkürlich die Grenzlinie gezogen wurde. Es ist ja auch bekannt, wie wahrscheinlich ein Rückfall nach welchem Zeitraum ist. Und der Großteil der Rückfälle (ich weiß jetzt nicht, welcher Anteil), findet innerhalb von 5 Jahren statt. Wenn man die 5 Jahre überstanden hat, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß (ich weiß jetzt nicht auswendig wie groß), dass man Rückfallfrei bleibt.
Es ist nicht die Statistik für die Leut da, sondern die Leut sind für die Statistik da, kommt da dabei heraus. Und es muß irgendein Zwischenergebnis her, damit man irgendwas präsentieren kann, wurscht, obs der Wirklichkeit entspricht.
Man kann nunmal nicht warten, bis die Leuet alle gestorben sind und entscheiden, ob ihr Tod etwas mit dem Krebs zu tun hatte oder nicht. Damit würde man unter Umständen 30 Jahre und mehr warten müssen.
Ich bringe nocheinmal das hypothetische Beispiel:
Mit Methode A leben nach 5 Jahren noch 20% der Patienten.
Mit Methode B leben nach 5 Jahren noch 1% der Patienten.
Das ist die Datenlage; das sind die Fakten; das ist die Wahrheit. Welche Methode ist vorzuziehen?
Siehst Du für Methode B noch irgendeine Chance besser zu werden?
Und nun haben wir auch noch eine Methode, bei der es zwar vereinzelte Erfolgsmeldungen, aber auch sehr viele Berichte von Misserfolgen gibt. Und die Anhänger postulieren eine Erfolgsquote von 95%...
Wenn die Erfolgsquoten beider Methoden ähnlich sind, so ist das in der Tat ein Problem; da müssen zur Bewertung der Erfolge noch weitere Daten einbezogen werden. Aber wie groß ist die Erfolgsquote bei der NM? Kann sie mit der Chemotherapie mithalten?
Ihr tut auch gerade so, dass alle Patienten nach einer Chemotherapie grundsätzlich einen Rückfall bekommen werden und nach der NM dieser ausgeschlossen wäre. Das ist aber nicht der Fall. Es gibt einige Menschen, die noch sehr lange Rückfallfrei nach einer Chemotherapie leben. Ich habe die Zahlen nicht im Kopf... wie groß ist die Rückfallrate? Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass Dein bekannter irgendwann mal einen Rückfall bekommen wird. Wie sieht es mit bekannten Erfolgsfällen aus? Wie viele Rückfälle gabe es da unter den wenigen Erfolgen?
Weißt du, eine sehr sehr liebe Ärztin aus meinem Umkreis, die lange Zeit in einem Spital gearbeitet hat, sagte mir wortwörtlich: "Wie oft hab ich einen Patienten an die Zytostatika angschlossen und hab gewußt, das bringt nicht nur nix, sondern das wird seinen Zustand nur noch verschlechtern, weils schon zu spät ist dafür... und wenn ich das meinem Oberarzt gesagt hab, dann hab ich zur Antwort bekommen, Frau Kollegin, das weiß ich, aber der patient soll wenigstens das Gefühl haben, daß irgendwas für ihn getan wird. Soll ich dem armen Kerl sagen, gehns heim und schauns, daß noch ein friedliches Keben führn die letzten paar Wochen, weil ich kann nix mehr für Sie tun??? Des geht doch net... naja und dann hab ich halt die Infusion gegeben..." ich weiß nicht, wie ichs noch konjugieren soll, der Denkansatz geht in die falsche Richtung.
Zunächst einmal: Grundsätzlich hat diese Ärztin nicht die Zytostatika angeklagt, sondern die Tatsache, dass der Krebs in diesem Fall wohl schon resistent gegen die Behandlung war (aus welchen Gründen auch immer), und sie immernoch weiter behandelt musste. Dass ihr das widerstrebte, kann ich gut verstehen. Eine Möglichkeit, die ich da überlegen würde, wäre den Patienten vor die Wahl zu stellen, entweder nur noch palliativ weiter zu behandeln oder ihn einer Studiengruppe neuerer Methoden zukommen zu lassen.
Viele Grüße
Joey