Ich sags nochmal: Jeder Täter war auch mal ein Opfer. Und wenn wir es in unserer schönen doppelmoralisierenden Gesellschaft eines Tages hinbekommen, unsere Kinder zu schützen, werden aus ihnen auch keine Täter mehr.
Natürlich müssen als erstes die Kinder und Unschuldigen beschützt werden.
Aber wer rumschreit und Rache fordert, vergisst tatsächlich, dass die Täter einst auch Opfer waren.
Einige der Kinder, die heute Opfer sind, könnten später Täter sein.
Im Übrigen möchte ich mal darauf hinweisen, dass das Kind nichts davon hat, wenn die Erwachsenen so rumschreien und Rache fordern.
Es hilft den Opfern wesentlich mehr, wenn man sich mit ihnen abgibt und sie ernstnimmt.
Wer sich im Hass auf die Täter ergibt, anstatt sich um die Kinder zu kümmern, lebt dem Kind vor, dass der Täter mehr Aufmerksamkeit verdient hat. Das Kind zieht sich in ein Schneckenhaus zurück. Denn jedesmal, wenn es über seine Erlebnisse sprechen will, ergehen sich die Erwachsenen in Hasstyraden auf die Täter. Und schon wieder lernt das Kind, dass seine eigenen Wahrnehmungen und Erlebnisse nur zweitrangig sind.
Es gibt sogar Kinder, die verzweifeln fast, weil die Eltern und Erwachsenen sich in ihrem Hass auf Täter derart verlieren, dass sie dabei das Opfer, ihr Kind, nahezu vergessen.
Solcherart emotional vergessene Kinder neigen umso mehr dazu, sich selbst zu hassen und sich selbst in die Opferrolle zu fügen. Und um aus dieser Opferrolle auszubrechen, werden einige davon später zu Tätern.
Was geschehen ist, ist geschehen und kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Aber es kann abgefedert und stückweise geheilt werden. Dies funktioniert allerdings ganz sicher nicht durch Hass.
Wenn man den Opferkindern erklärt, der Täter ist böse und gehört eingesperrt oder erschossen, verstehen sie gar nichts. Sie übernehmen lediglich an der Oberfläche die Sichtweise dieser predigenden Erwachsenen. Dies aber nicht, weil es ihnen gut tut, sondern nur um die Erwartungen der Erwachsenen zu befriedigen. Ihr eigenes kindliches Bedürfnis nach Verstanden werden und Verstehen können wird gnadenlos ignoriert.
Tatsächlich heilt die Psyche der Kinder sogar besser, wen man ihnen erklärt, dass der Täter krank war und nicht in böser Absicht gehandelt hat, sondern keinerlei Kontrolle mehr über seine Taten hatte. Wenn sie verstehen, dass der Täter auch nur ein Opfer war, kommen sie selbst besser aus der Opferrolle heraus und dies ist bekanntlich der erste und wichtigste Schritt auf dem Weg zur Heilung. Diese realistische, unbeschönigte und nicht von Hass verzerrte Darstellung nimmt dem Kind etwas von seiner Ohnmacht und gibt ihm ein Stück weit die Macht über seine eigenen Gefühle zurück. (Was auch ein grosses Stück daran ist, dass aus diesem Kind später kein Täter wird.)
Es ist allerdings schwierig, das einem Kind so zu vermitteln, dass es dabei seinen eigenen Schmerz und sein Erlebniss als Opfer nicht als unterbewertet oder weniger beachtet empfindet. Das darf auf keinen Fall geschehen. An erster Stelle kommt immer das Opfer, dann erst der Täter.
Wenn ihr den Kindern helfen wollt, gibts nur eins: HÖRT IHNEN zu und nehmt IHRE Wahrnehmung der Dinge ERNST! Anstatt eure eigene Ohnmacht mittels Hass auf die Kinder zu übertragen und die Kinder damit noch weiter in die Opferrolle zu zwängen und zu sperren. Es zählt nicht, was die Erwachsenen von solchen Tätern halten. Es zählt, was das Kind erfahren hat und wie es lernt, mit den Folgen umzugehen.
Hass ist immer nur ein Zeichen von Ohnmacht und wer ihn auslebt, hat schon verloren.
Kinder die von den Erwachsenen die Unsitte übernehmen, den Täter zu hassen, vergeuden damit leider viel Zeit und emotionales Potenzial, das sie viel effizienter in ihre Verarbeitung und Heilung hätten investieren können. Hass ist kein Heilmittel. Hass konserviert Schmerzen und vervielfacht sie sogar über die Jahre.
Dies sagt euch jemand, der jahrelang selbst Opfer war, dann aus der Opferrolle ausgestiegen ist und lange erfolgreich für und mit anderen Betroffenen gearbeitet hat. Erfahrungen aus eigenem Erleben - nicht nur aus den Medien !
Greetings
Elli