Joey
Sehr aktives Mitglied
Reifungs- und Individuationsträume
Als Kind träumte ich einen Traum, der mir bis heute in lebhafter Erinnerung geblieben ist:
Es ist spätnachts. Ich liege schlafend in meinem Bett. Plötzlich vernehme ich ein extrem lautes Geräusch, das mich unbarmherzig aus dem Schlafe reißt. Ich blicke zum Fenster und erkenne grelle Flammen, die aus unserem Garten kommen. Panisch laufe ich zum Fenster, um genauer nachzusehen. In dem lodernden Feuer erkenne ich die Trümmer eines abgestürzten Flugzeuges. Auf einmal höre ich das klagende Schreien eines Kindes. Ich erschrecke. Zu meiner Verwunderung tritt es jedoch völlig unversehrt aus den Flammen hervor. Es ist traurig, dass seine Eltern beim Flugzeugabsturz ums Leben kamen.
Der Traum handelt von psychischer Reifung, von der Verabschiedung der wohlbehüteten Vergangenheit, der Infantilität und den Privilegien der Kinderzeit. Das Flugzeug steht für den tragenden Mutterleib, der bei der Kollision mit dem Boden zerbricht und ein autonom voranschreitendes Kind freigibt. Das Kind weint, denn die Abschiednahme von den inneren wie äußeren Elternfiguren, von dem Gewohnten, von der Verwöhnung und der narzisstischen Egozentrik generiert Trauer und tiefen Schmerz. Diese Trauer empfindet das Kind sogar ganz intensiv gegenüber den realen Eltern, die beim Flugzeugunglück verstarben.
So kann man natürlich einen Traum interpretieren. Aber woher will man wissen, dass das die richtige Deutung ist? Warum glaubst Du, dass das stimmt und nicht irgendeine andere Deutung?
Das abgestürzte Flugzeug könnte z.B. auch ein Symbol für die fallenden Aktienkurse sein (falls man spekuliert) und das weinende Kind dann das "innere Kind", was über den Verlust trauert.
Was ich sagen will: Deuten kann man viel. Was unterscheidet richtige von falschen Deutungen?
Wenn es hier um "die Wissenschaft" der Träume geht, muss es da klare und gut motivierte Kriterien geben, die sich auch in der Praxis durch gute Untersuchungen bewährt haben.