Ramakrishna lag im Sterben. Kurz vor seinem Tod, als der Arzt sagte: „Jetzt ist es vorbei!“, brach Ramakrishnas Frau Sharda in Tränen aus. Hier seine letzten Worte, er sagte: „Weine nicht, denn ich werde nicht sterben. Was die Ärzte sagen, betrifft nur meine Kleider.“ Er starb an Krebs, und Ramakrishna schloss: “ Soviel ich weiß, ist kein Krebs in mir. Der Krebs betrifft nur meine Kleider. Vergiss das bitte nicht! Wenn die Ärzte behaupten, ich sei tot: Glaub ihnen nicht. Glaub mir – ich lebe.
Und Sharda war die einzige Witwe in Indien, ja in der ganzen indischen Geschichte, die sich weigerte, Witwe zu werden. Denn indische Witwen müssen ihre Lebensweise, sobald ihre Gatten tot sind, völlig umstellen. Sie dürfen keine bunten Kleider mehr tragen, denn ihr Leben ist farblos geworden. Sie dürfen keinen Schmuck mehr tragen – für wen auch? Sharda aber lebte einfach so weiter wie vorher, als Ramakrishna noch lebte. Und alle dachten, sie wäre verrückt geworden, und sie lagen ihr in den Ohren: „Wirf jetzt deinen Schmuck weg, vor allem die bangles, deine Armbänder. Zerbrich sie! Du bist jetzt Witwe!“ Sie jedoch lachte nur und sagte: „Wem soll ich glauben – euch oder Ramakrishna? Denn er hat gesagt: ‚Jetzt sterben nur meine Kleider, nicht ich.‘ Und ich war mit ihm verheiratet, nicht mit seinen Kleidern. Soll ich also auf euch hören – oder auf ihn?“
Sie hörte auf Ramakrishna und sie blieb bis zum letzten Atemzug mit ihm verheiratet. Und genau das versetzte sie in eine ungeheure Ekstase – genau das führte zu ihrer Transformation. Ihr wurde bewusst, dass der Körper nicht das Wirkliche ist. Sie lebte einfach so weiter wie früher – so verrückt das auch wirken mochte. Denn in dieser Welt voller Verrückter, die die Kleider für wirklich halten, muss einfach jeder, der so aus der Reihe tanzt, verrückt wirken. Sie machte abends immer erst Ramakrishnas Bett, ging dann in sein Zimmer und sagte: „Paramahansadev, komm jetzt, es ist Zeit schlafen zu gehen.“ –Dabei war niemand da! Und wenn sie Ramakrishnas Mahlzeiten zubereitete, sang sie fröhlich wie eh und je und rief dann: „Komm, Paramahansadev, dein Essen ist fertig!“ Ihr musste ein Licht aufgegangen sein. Und dabei blieb es – nicht nur ein paar Tage, sondern jahrelang. Diese wenigen einfachen letzten Worte Ramakrishnas – „Nur meine Kleider werden sterben, nicht ich!“ – hatten genügt, um sie zu einer Heiligen zu machen, zu einer Erleuchteten.
aus: Osho, „Weder leicht noch schwer“