Jürgen B. schrieb:
Ich habe mal eine Zeit lang Tai Chi und Aikido praktiziert.
Speziell im Aikido kam ich irgendwann an einen Punkt, an dem es von selbst begann zu laufen. In diesem Moment war ICH nur noch Beobachter und ICH staunte über das, was möglich wird, wenn ICH etwas anderem Platz macht, was scheinbar viel einfacher funktionierte. Ich war in diesen Momenten nur noch eine Energie, die fließt. Kein Gedanke, kein Bewerten, einfach nur geschehen lassen, was ist.
Erst jetzt sehe ich, daß dies sich eigentlich mit dieser Erfahrung beim reden oder schreiben deckt. Es ist das gleiche Prinzip. Es ist die Hingabe an sich Selbst. Ein zur Seite treten, um etwas größerem den Vortritt zu lassen.
In Liebe
Jürgen
Jaja, exakt. Es ist die Frage, aus welcher Quelle man seine Worte wählt. Es gibt Worte mit viel weichem Chi und Worte mit hartem Chi. Weiches Chi gibt ja nirgendwo eine spürbare Erschütterung im herkömmlichen Sinne, das entsteht ja auch aus eine natürlichen Bewegung, ganz ohne unser Zutun. Im TaiChi ist es ja auch so, daß wir die Form nur solange praktizieren müssen, bis sich der Körper energetisch befreit hat. dann macht ja die Natur und die Zeit die Bewegung beim Üben. Im Kampf ist das nun wieder etwas anders, aber ja auch nur etwas, weil der Gegner als Kraftquelle hinzu kommt.
Beim Schreiben wäre analog der Gegner der Denkende, der nach Worten sucht. Hartes Chi wären Worte, die in ablehnender, überzeugender oder korrigierender Haltung gesprochen werden (in einem Dialog mit sich selber oder anderen zum Beispiel). Das weichste Chi hätte jeweils das Wort, das im Moment entsteht, ohne Wortwahl. Also der Wortenergie folgend.
Die Idee dahinter ist, daß sich aus unserem inneren Wort ja unser Leben formt. Die Lebensgeschichte, die nach unserem Tod über uns erzählt wird, ist ja maßgeblich abhängig vom Inhalt unseres Denkens und unserer Haltung diesem Gegenüber. Lehnt man ständig ab, dann ist das Denken auch ablehnend und der Mensch ist nur eingeschränkt angenehm. Viele, viele Menschen treiben ihren natürlichen Lebensweg, ihr natürliches inneres Wort so häufig ab, weil uns das ja heute schon ganz früh beigebracht wird, die eigenen Worte herunter zu schlucken. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel. Wenn jeder seine natur "sprechen" würde, dann würden sich die Themen auch um Natur drehen und nicht um Reformen unnatürlicher Dinge ;-) Und ganz natürlich würden sehr viele Menschen zuhören, die sich von Reformen heute auch nichts mehr versprechen. Ich weiß gar nicht, inwieweit das eigentlich auch Österreich und die Schweiz betrifft, aber in Deutschland geht das Land im Moment echt unter. Da bin ich echt froh, daß ich da nicht mehr wohne. Ich hab das alles nämlich so kommen sehen- wie wir wohl alle, die da die letzten Jahre nach der Wiedervereinigung so den Menschen zugesehen haben. Immer mehr Haß, Grell, Hoffnungslosigkeit und krumme Menschen und graue Gesichter. Wenn ich durch die Stadt gehe, dann hat sich z.B: das Bild bei den BettlerInnen sehr gewandelt: Früher waren es Junkies, die haben sie aus de Stadt weitestgehend vertrieben, keine Ahnung, wo die jetzt abhängen. Stattdessen sitzen da jetzt jede Menge 65-80-Jährige...
Das ist wirklich ein Katastrophe, hier ist die Hölle auf Erden, Leute. Und das kann man den Menschen ruhig sagen, weil die das ja mittlerweile auch so erkennen. Nur haben sie eben keine Lösungsansätze.
Liebe Grüße, Christian