Condemn schrieb:
Das Mißverständnis liegt meiner Meinung nach darin, das man von aussen oft sagt: Der läßt es sich ja gut gehen. Der ist egoistisch etc.
Da müssten wir uns zuerst einigen, was diese Aussage heisst: Heisst das nun, dass JEMAND egoistisch ist oder heisst das, dass andere sagen dass DIESER egoistisch ist - ein wohl unter Umständen elementarer Unterschied.
Das eine hat mit einer Einstellung, Lebensweise Charaktereigenschaft zu tun und das andere lediglich mit der Einschätzung/Beurteilung durch Dritte.
Condemn schrieb:
Und ich meine, das man es sich WIRKLICH gut gehen läßt, Verantwortung übernimmt, sich anschaut was man will, sich selbst annimmt wie man ist, sich anschaut was einen vielleicht unglücklich macht usw. Wie Raeubertochter schon sagte, das JEDER erst mal nach innen schaut.
Also gut, JEDER schaut mal nach innen ! Was aber ist, wenn jemand 17 Leben braucht, bis ihm das gelingt - soll er nun diese 17 Leben warten, bis er auch mal nach aussen schauen darf, wobei ihn aber das AUSSEN nicht unwesentlich beeinflusst, manchmal vielleicht sogar mehr als das INNEN !?
Alleine dieses Thema belegt ja schon eindrücklich, dass es nicht jedem gelingt und wenn er noch so viele Verrenkungen versucht.
Condemn schrieb:
Denn alle Beispiele, die man so bringen kann, wenn man mich falsch verstanden hat was ich sagen will (klar ich habe das etwas provokant formuliert und dann ist das verständlich) und das eher selbstsüchtig verstanden hat, also auf Kosten anderer gut gehen lassen, sind Beispiele für Menschen die versuchen gegen ihren Schmerz anzukämpfen.
???
Condemn schrieb:
Der Unterschied, ob jemand auf Kosten anderer versucht was auch immer zu bekommen, und am Ende ist es eben Liebe und Ansehen, ist gar nicht so groß, zu der Mutter die für alle selbstlos schuftet, sich nichts mehr wünscht als von ihrem Mann mal ein danke zu bekommen und echte Anerkennung, also insgesamt gewürdigt zu bekommen was sie tut, denn sie tut es ja "FÜR ANDERE".
Alles was wir bekommen, bekommen wir aus dieser Sichtweise von ANDEREN, ob wir nach INNEN schauen (können) oder auch nicht. Jedenfalls kann ich noch solange nachdenken und es fällt mir nichts ein, was ich nicht von anderen bekomme, sieht man von dem ab, was ich gebe, aber da brauche ich auch zuerst jemanden, welchem ich es geben kann. Ob die von Dir erwähnte Mutter nun selbstlos oder selbstsüchtig schuftet, kann ich nicht beurteilen und verstehe den Zusammenhang mit der Diskussion nicht ganz und noch weniger bei der Begründung, dass diese selbstlos oder nicht selbstlose Mutter sich nach einem Danke und einer Anerkennung sehnen mag, oder auch nicht. Ich bin keine Mutter aber Vater und wenn ich für meine Familie schufte mache ich das nicht aufgrund irgendeiner Erwartung einer Gegenleistung oder Würdigung, aber vielleicht habe ich da zuwenig in mein INNERES gehorcht ?
Condemn schrieb:
Allen gemeinsam ist, auch den Egoisten/Selbstsüchtigen ist, das sie sich in gewisser Weise vergessen. Sie tun es für sich, aber vollkommen konzentriert auf das Aussen, so das weder bei den SelbstLOSEN wie bei den Selbstsüchtigen etwas ankommt. Denn sie sind in gewisser Weise beide "selbstlos" in der Weise, das sie sich vor sich selbst verstecken.
Auf wen ist das bezogen ? Soll das verallgemeinernd heissen, dass schlichtweg alle Menschen einfach auf das Aussen konzentriert sind und darob das INNEN vernachlässigen und alle sich vor sich selbst verstecken ??
Auch wenn das auf viele zutreffen mag, Generalismen können nie richtig sein. Jeder von uns ist ein einzigartiges Individuum und alleine schon deshalb kann ein über den Kamm scheren nie stimmen. Und wir sollten vielleicht nicht die durch jenes System, in welchem wir leben (müssen) verursachten Zwänge (von aussen), also den mehr oder weniger starken "Lebenskampf" nicht völlig ausser acht lassen. Auch wenn wir hier über die persönlich erschaffene Realität in allen im Bezug stehenden Facetten zu diskutieren versuchen, ist es ja dennoch nicht gerade so, dass mit ein paar Gedanken die gebratenen Tauben ins Maul fliegen, sondern tagtäglich, wie einst bei den Neantertalern von uns Leistung(en) gefordert sind, welche das (materielle) Überleben garantieren oder sichern. Ausgenommen vielleicht eine Handvoll Yogis, welche von Gläubigen erhalten werden oder jenen wenigen, welche mit dem sprichwörtlichen goldenen Löffel geboren wurden.....
Condemn schrieb:
Und wenn man jetzt meiner Definition nach sagt, sie sollten erst einmal darauf schauen das sie glücklich bzw. zufrieden werde/sind, dann wäre in der Tat der erste Schritt sich anzunehmen wie man ist. Das betrifft auch diejenigen, die in den Augen der Allgemeinheit hochgradig unmoralisch sind. Wie gesagt, ich sage nicht: Ich oder Ihr müsst sie annehmen, man darf sie abscheulich finden, aber sie selbst müssen sich annehmen. Man könnte das jetzt falsch verstehen und denken, dann würde der Sadist sagen: Es ist super was ich mache und ich mache es weiter. Er muss zwar wirklich dahinter kommen, das er Schuld ablegt und sich frei macht, nur wird er, sollte tatsächlich Annahme stattfinden ganz anders handeln und die verzweifelten Versuche inneren Schmerz im Aussen zu lindern/betäuben/auszuleben werden schwinden und nicht mehr nötig sein.
Was heisst das sich annehmen, wie man ist? Heisst das Stagnation - so bin ich und so bleibe ich ? So müsste ich das ablehnen, da jeder Entwicklung zumindest hinderlich - auch wenn das viele so praktizieren. Wenn Du meinst, dass ich erkenne, wer ich bin, wie ich bin, was ich bin, kann das vielelicht zur einen oder anderen Erkenntnis führen und steht einer Entwicklung nicht oder weniger im Wege. Warum aber ausgerechnet der Sadist, wenn er sich annimmt, zur Erkenntnis gelangen soll, dass sein Handeln falsch ist und sich ändert, verstehe ich überhaupt nicht mehr. Warum soll er sich von etwas befreien, was ihm laufenden Lustgewinn beschert ? Das ist doch nicht so, dass er Schmerz verspürt und den durch das Quälen anderer überdeckt - nein - ein Sadist empfindet Lust am Quälen und kann die Ursache für sein Verhalten selbst ebenso nicht erkennen, wie es den meisten von uns in vielen Bereichen nicht gelingt. Wäre Deine Theorie auch nur im Ansatz richtig - hättest Du eine Therapie für so ziemlich jede den Geist betreffende Abart gefunden: Blick nach innen und schon geheilt. Wenn es so wäre, das gebe ich zu, es wäre schön und hilfreich.
Condemn schrieb:
Das Beispiel mit dem Sadisten ist hart, aber ich will es trotzdem mal nutzen um noch mal darauf hinzuweisen, das dieses Weltbild von folgendem ausgeht:
Jeder erschafft sich seine Realität
Es wird alles verwirklicht
Das heißt u.a. es existiert der Sadist der quält und vor Schuldgefühlen fast umkommt und es dennoch weiter tut. Es existiert der Sadist der mit sich so im Reinen ist, das er vielleicht erkennt, das er das nicht braucht. Es existiert der Sadist der vielleicht so krank ist, das er ziemlich zufrieden ist wie er ist.
Damit will ich sagen: Die Art der Wertung wie normale Menschen sie anlegen, ist tatsächlich unsere persönliche Sache und bestimmt wie wir ganz persönlich die eigene Realität nicht nur erleben sondern schaffen. Würden wir auf den Trichter kommen, das wirklich ALLES gut ist, wäre alles gut. Wir würden dann in einer Realität leben, die die innere Ausgeglichenheit vollkommen spiegelt. Und wenn man selbst leidet, z.B. an Schmerzen, und dann es schafft die Wertungen fallen zu lassen, sich ins Jetzt zu begeben, wird man feststellen, das die Wertung und nicht der Schmerz das Problem ist. Das weiß ich aus eigener Erfahrung.
Was mich betrifft, ich werte hier nicht. Ich habe eigentlich nur Fragen in den Raum gestellt. Wenn ein Sadist mit sich im Reinen wäre, sodass er sein Verhalten geändert hat, ist er ja kein Sadist mehr und jener Sadist, welcher Schuldgefühle durch sein Tun hat, ist eigentlich auch keiner, "leidet" eher unter einer anderen Erkrankung - ein Sadist ist jener, welcher Lust verspürt, beim Quälen, nicht Schuld.
Auch das hat mit Wertung nichts zu tun.
Was Du hier sagst, ist, wenn ich nun das Quälen anderer Lebewesen für GUT heisse, ist es auch gut. Damit hast Du recht - für jenen, der das gut heisst ist das in seiner Realität gut. Wenn Du das so sehen willst, dann ist alles gut und wenn ich alles einfach für gut heisse, habe ich auch kein Problem damit und wenn ich keine Probleme habe bin ich ausgeglichener - da kann ich Dir folgen und mit dieser einfachen Regel mag es tatsächlich möglich sein, sich eine Realität zu schaffen in welcher man glaubt, alles sei gut. Egal was es ist......
Genau das aber ist jene Realität in welcher wir sowieso leben - jedenfalls viel zu viele von uns. Einfach die Augen zu, alles schönreden und sich dadurch nicht mit "wirklichkeitsnäherer Realität" befassen müssen. Du weisst schon, wohin das führen kann ????
Condemn schrieb:
Wenn jeder für sich selbst wirklich Verantwortung übernimmt ist die Harmonie da, die sich alle so verzweifelt wünschen. Die Probleme die wir wahr nehmen existieren nicht wegen eines Mangels an Verantwortung gegenüber anderen, sondern an fehlender Verantwortung des einzelnen für sich selbst und sein Leben. Um mich zu verstehen, wie ich es meine sollte man das immer im persönlichen Bereich halten. Damit meine ich, auf sich und die eigene Realität beziehen. Z.B. der Glaube an Hilfsbedürftigkeit und der Wunsch zu helfen, ist nachvollziehbar wenn man eben das Aussen sieht, aber das Aussen ist die Folge dieses Glaubens. Der Glaube an Hilfsbedürftigkeit wird die Realität desjenigen der die das glauben (und wir glauben das alle, ist mir klar und ich nehme mich da auch nicht aus), widerspigeln und bestätigen.
Erzähle das einmal einer verhungernden Familie in einem Entwicklungsland, oder negierst Du diese in Deiner Realität - oder haben wir nur geglaubt dass die hungern und dadurch haben die wundersam Hunger bekommen und wenn wir fest nach INNEN schauen und nicht mehr glauben, dass jede paar Minuten ein Kind verhungert auf dieser so guten Welt, dann verhungert das auch nicht mehr ???
Nochmals im Detail: DA IST EIN KIND IN AFRIKA AM VERHUNGERN. Was ändere ich daran, wenn ich das negiere, nicht mehr glaube, nach innen schaue und wo spiegle ich das ??? Oder müsste das Kind nach INNEN schauen und hungert dann nicht mehr, weil es sich ja nur diese Realität selbst erschafft ?
Oder mische ich jetzt etwas in den falschen Topf ?
Den letzten Teil Deines Beitrages lasse ich (vorerst fast) unkommentiert, das schaffe ich heute Nacht nicht mehr. Mit der Aussage, dass die Menschen eher Götter sind, die sich als Mensch erfahren, hast Du selbst mich als eher 'anarchistischen Atheisten' fast aus der Bahn geworfen. Aber auch der Bettler und Kaiser, welche sich beide gleich souverän verwirklichen holt mich von den Socken, aber wirklich. Und auch hier ersuche ich Dich mit steigendem Flehen, erzähl Deine Verwirklichungstheorie bitte einem der vermehrt auftretenden Bettler um die Ecke und melde Dich dann über das Thema erneut (wenn Du noch kannst).
Entschuldige bitte, ich versuche mit jeder Faser meines Seins nicht persönlich zu werden, aber irgendwo beneide ich Dich um Deine Ignoranz - es muss wirklich schön sein, in einer solchen Realität zu leben, wenngleich ich schockiert nach INNEN blicke (zu blicken versuche) und mich über jene schreckliche Welt wundere, die ich mir da produziert haben soll.
"Konzentriere Dich auf das, was unmittelbar vor Dir liegt. Du bist weder für die Rettung der Welt noch für die Lösung all ihrer Probleme verantwortlich - aber es ist Deine Aufgabe, dich deiner eigenen, persönlichen Nische des Universums anzunehmen. Wenn jeder Mensch das tut, rettet die Welt sich selbst."
Und wenn Du hier Seth zitierst, unterstützt er (in meiner Realität) genau das, was ich versuche zu sagen. Jedenfalls gelingt es mir nicht die Aussage: "es ist Deine Aufgabe, dich deiner eigenen, persönlichen Nische des Universums anzunehmen" so zu interpretieren, dass mich alles um mich herum nichts angeht.
L.G.
Ramar